Fehlende Legitimität: Der EUropäische Makel

Kommissionschefin von der Leyen soll die EU aus der Dauer-Krise holen. Dabei hat sie sie selbst mit verursacht. Was taugt ihr Programm für die zweite Amtszeit? – Teil zehn und Schluß unserer Serie. Heute: Die neue Legitimationskrise.

Aus Sicht der Berufseuropäer in Brüssel ist die EU gut für die neue Legislatur aufgestellt. Trotz des Rechtsrucks bei der Europawahl “hält die Mitte” im Parlament. Kommissionschefin von der Leyen wurde mit einer passablen Mehrheit im Amt bestätigt, nun kann sie ihre neue Kommission bilden und an die Arbeit gehen.

Doch über all dem lastet ein schwerer Makel: Von der Leyen und ihr Team verfügen nur über eingeschränkte Legitimität. Auf eine aktive Zustimmung einer Mehrheit der Bürger können sie sich nicht berufen. Die neue EU-Spitze muß von Anfang an mit Misstrauen, wenn nicht sogar offener Ablehnung kämpfen.

Bei von der Leyen ist dies offensichtlich. Die 2019 von den Staats- und Regierungschefs ernannte EU-Politikerin stand erneut auf keinem Wahlzettel. Sie war nur eine “Fake-Spitzenkandidatin” und wurde von einer “Oligarchie” nominiert – von einem selbst ernannten “Direktorium” von sechs EU-Chefs.

Nie war die Kluft größer

Im Parlament verfügt sie – trotz der breiten “Plattform” von drei Parteien (EVP, S&D und Renew) – nicht über eine eigene Mehrheit. Vielmehr ist VDL auf Leihstimmen der Grünen angewiesen. Damit stützt sich die CDU-Frau auf eine linkslastige “Ampel”-Koalition – obwohl die EU nach rechts gerückt ist.

“Das haben wir nicht gewählt”, sagen viele – nie war die Kluft zwischen dem Wählervotum und dem Personal größer. Die laufenden Ermittlungen und Klagen gegen von der Leyen wegen der intransparenten, womöglich korrupten Impfstoff-Beschaffung machen die Sache nicht besser, es macht sie angreifbar.

Doch nicht nur das Personal, auch die Politik ist schwach legitimiert. Die Wähler hatten nichts zu melden. Alle wichtigen Entscheidungen wurden schon im Herbst 2023 getroffen – von den Staats- und Regierungschefs. Anders als die USA hatte EUropa keine echte Wahl; das “Demokratie-Defizit” ist eklatant.

Politik gegen den Wählerwillen

Ob Ukraine, China, Klima oder Migration – alles wurde lange vor der Europawahl festgeklopft. Doch die beteiligten Staats- und Regierungschefs verfügen selbst nicht mehr über das Vertrauen der Bürger; ihre Politik wurde mehrfach abgestraft. Besonders drastisch in Berlin und Paris.

Scholz hat bei der Europawahl das schlechteste Ergebnis aller Zeiten eingefahren. Macron wurde von den Wählern gleich dreimal abgestraft – bei der Europawahl und dann noch zweimal bei der vorgezogenen Parlamentswahl. Dennoch wollen sie an ihrem EU-Kurs nichts ändern, im Gegenteil.

Die Politik wird noch rücksichtsloser durchgezogen – zur Not auch gegen von der Leyen, die auf Gedeih und Verderb von ihren Herren im Rat abhängig ist. Im Ergebnis dürfte sich die Legitimationskrise der EU weiter zuspitzen. Der Rechtsruck ist nur ein Symptom, die Ursachen liegen tiefer…

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