Trotz Scholz-Versprechen: EU-Spitzenkandidat landet im Aus
Es hat sich lange abgezeichnet: Der Spitzenkandidat der Sozialdemokraten für die Europawahl, N. Schmit, wird von Luxemburg nicht wieder für Brüssel aufgestellt – und landet im Aus.
Der christdemokratische Premierminister Luxemburgs Luc Frieden hat seinen Parteifreund Christophe Hansen für die nächste EU-Kommission nominiert. Er begründete die Entscheidung mit Hansens Hintergrund und „extensiver Erfahrung“ in EU-Angelegenheiten.
Damit hat Frieden dem bisherigen Luxemburger EU-Kommissar Nicolas Schmit eine Absage erteilt. Der Sozialdemokrat Schmit war Spitzenkandidat der S&D bei der Europawahl. Kanzler Olaf Scholz hatte versprochen, sich für ihn in Luxemburg einzusetzen.
Doch das war wohl nichts. Nachdem Schmit die Europawahl gegen die deutsche CDU-Politikerin Ursula von der Leyen verloren hat (für die sich Scholz ebenfalls ausgesprochen hatte), geht er nun leer aus. Dem ehemaligen EU-Sozialkommisar droht das Aus.
Die SPD sucht nun die Schuld bei Frieden. „Luxemburg bricht mit dem Spitzenkandidatenprinzip“, klagt SPD-Gruppenchef René Repasi. Dieses Prinzip sieht allerdings nicht vor, dass Wahlverlierer einen Sitz in der EU-Kommission erhalten.
Und Schmit war – bei allen Leistungen als EU-Sozialkommissar – ein ausgesprochen schwacher Spitzenkandidat. Die SPD hat ihn in Deutschland nicht einmal plakatiert. Aus gutem Grund: Gegen von der Leyen hatte er von vornherein keine Chance…
Kleopatra
23. August 2024 @ 11:57
Üblicherweise gilt es als Angelegenheit der Regierung des jeweiligen Mitgliedstaates, welchen Kandidaten sie für die Kommission nominiert. Wenn Scholz in Luxemburg zugunsten Schmit antichambriert haben sollte, wäre das eine ziemlich freche Übergriffigkeit. Konsequent durchgeführt, müssten auch die „Spitzenkandidaten“ aller anderen Fraktionen dieses Recht in Anspruch nehmen können (was auch den Nationalisten einen Anspruch auf einen Kommissar bescheren würde), und ein großer Teil der Kommission würde letztlich ohne Einfluss der Mitgliedstaaten durch die europäischen Parteiorganisationen bestellt. Dies widerspräche eindeutig den Verträgen, die eben bewusst die Nominierung durch die mitgliedstaatlichen Regierungen vorsehen.
Schmit dürfte seine Nominierung als Spitzenkandidat dem Umstand verdanken, dass er deutsch und französisch sprechen kann, also die beiden meistgesprochenen Sprachen der Union (das Experiment eines Kandidaten ohne Französischkenntnisse – Weber – war ein grandioser Fehlschlag); dass Kommissionsmitglieder kaum marktplatzfähige Charaktere sind (jedenfalls außerhalb ihres Heimatstaates), liegt in der Natur ihrer großenteils juristisch-bürokratischen und recht abstrakten Aufgabe. Nur der Kommissionspräsident hat da eine Chance, sich mit politischen Schlagworten („Green Deal“ etc.) hervorzutun. Dass die Sozialdemokraten keine Chance hatten, die Christdemokraten zu überholen, stand von vornherein fest und hat mit dem konkreten Spitzenkandidaten nichts zu tun.
Arthur Dent
23. August 2024 @ 13:10
Und? Muss er sich nun arbeitslos melden, droht ihm die Altersarmut? Ich denke, er „fällt weich“. Als Doktor der Wirtschaftswissenschaft hat er sicherlich Möglichkeiten, wenn er will. Immerhin ist er 71 Jahre alt.
Karrieren gibts
23. August 2024 @ 16:17
Pff, 45 Jahre in Spitzenjobs in der öffentlichen Verwaltung, angefangen beim Büro des Lux. Premiers und abgeschlossen als MdEP/Kommissar, dem seine Pension würde ich gerne mal sehen. Hat Luxemburg zufällig bessere Transparenzgesetze als DE in dieser Hinsicht?
Und 4 Kinder….wenn das mal nicht der Anfang einer Dynastie ist.