CSU stimmt gegen Ungarn-Verfahren
“EU-Parlament stimmt für Strafverfahren gegen Ungarn”, meldet SPON. Das ganze EU-Parlament? Nein! Die AfD-Leute und einige CSU-Abgeordnete halten unbeirrt zu Premier Orban – und stellen sich damit gegen ihren eigenen Spitzenkandidaten.
Dies geht aus einer Aufstellung der Grünen im Europaparlament hervor. Sie wird per Twitter verbreitet:
Here is the list of members of @Europarl_EN voted against #RuleOfLaw and #Democracy and did not support #Hungary report. Some German @EPPGroup as @MarkusFerber or @ANiebler as well … pic.twitter.com/V4TX2211WN
— Ruth Reichstein (@RuthReichstein) September 12, 2018
Wenn diese Liste stimmt, so hätte EVP-Fraktionschef Weber, der als Spitzenkandidat in die Europawahl ziehen will, ein Problem. Nicht einmal seine eigenen Parteifreunde aus Bayern folgen seiner Linie.
Irgendwie kann man es sogar verstehen. Denn Weber hat ja jahrelang selbst zu Orban gestanden. Erst in letzter Minute – am Dienstabend vor der Abstimmung am Mittwoch – änderte er seine Meinung.
Angeblich bekam er einen Anruf aus dem Kanzleramt… das zuvor schon seine Kandidatur für die Europawahl abgesegnet hatte. Deutet sich da eine Fernsteuerung aus Berlin an, liebe Frau Merkel?
Und was soll aus der CSU in München werden? Wird sie sich noch öfter gegen “ihren” Spitzenkandidaten stellen?
Kleopatra
18. September 2018 @ 07:49
Das Europäische Parlament besteht nicht nur aus deutschen Abgeordneten. Der Fokus dieses Artikels auf den deutschen Abgeordneten zeigt unabsichtlich, dass auch hier EU-Politik nur als Erweiterung der deutschen Innenpolitik gesehen wird.
Weber war immer stellvertretender CSU-Vorsitzender und ist nie parteipolitisch in Erscheinung getreten. Dass alle anderen CSU-Abgeordneten gegen die Resolution getimmt haben, liegt natürlich daran, dass diese keine Notwendigkeit sehen, sich bei Merkel lieb Kind zu machen. Allerdings würde Webers hier demonstrierte Bereitschaft, sich aus dem deutschen Kanzleramt fernsteuern zu lassen, an sich bereits genügen, ihn für das Amt des Kommissionspräsidenten zu disqualifizieren (außer man vertritt die Meinung, dass der Kommissionspräsident ohnehin nur ein deutscher Statthalter ist).
Die Ergebnisse der namentlichen Abstimmungen braucht man sich nicht per Twitter servieren zu lassen, sie sind auf den Webseiten des Parlaments öffentlich zugänglich. Übrigens haben die genannten Abgeordneten nicht gegen das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit oder gar gegen die Demokratie gestimmt, sondern gegen das Artikel-7-Verfahren, was nicht ganz dasselbe ist.
Peter Nemschak
12. September 2018 @ 18:14
Die CSU befindet sich in einem Wettrennen mit der AfD, die ihr den rechtskonservativen Rand der Bevölkerung streitig macht. Vermutlich wird die AfD bei der bayerischen Landtagswahl das Rennen für sich entscheiden. Die Menschen ziehen das Original der Kopie vor.
Georg Soltau
13. September 2018 @ 14:18
Wo Sie recht haben, haben Sie recht!