Der Feind steht im Internet – Jetzt redet Sonneborn
Die EU hat es auf das Internet abgesehen. Diesen Eindruck vermitteln zwei Initiativen, die im Europaparlament in Straßburg angekündigt wurden. Und dabei geht es noch nicht einmal um die umstrittene Copyright-Reform.
Nein – die ist das Geschrei nicht wert, denn die eigentlichen Verhandlungen beginnen ja jetzt erst. In Straßburg gab es nur das Mandat für Gespräche mit EU-Kommission und Ministerrat, danach sieht man weiter.
Mit Sorge verfolge ich vor allem die Bemühungen der Kommission und von Teilen des Parlaments, die Überwachung im Netz auszubauen. Angeblich geht es um den Kampf gegen Terrorismus und Wahlbeeinflussung.
Doch allein schon, dass man beides in einen Topf wirft, wie dies Kommissionschef Juncker in seiner letzten “SOTEU”-Rede tat, ist bedenklich. Als wenn der Islamische Staat und russische Trolls zusammenarbeiten würden…
Noch bedenklicher sind erste Ideen, die in Straßburg durchsickerten. So will Juncker die großen Portale wie Facebook (FB) zwingen, Terrorpropaganda binnen einer Stunde zu löschen – sonst soll es saftige Strafen setzen.
Wird FB jetzt zum FBI ausgebaut? Oder will die EU-Kommission selbst eine neue Überwachungsbehörde schaffen? Diese und andere Fragen wollen die EU-Kommissare Jourová, King und Gabriel am Donnerstag beantworten.
Derweil denken Grüne und Liberale schon weiter – und fordern ein europäisches Pendant zum amerikanischen Sonderermittler Mueller. Vor allem Liberalen-Chef Verhofstadt tut sich dabei hervor:
In the US, Robert Mueller is Special Counsel to investigate Russian interference in elections. Europe needs to catch up by establishing its own special prosecutor to investigate & stop all disinformation campaigns, including Russian & other attacks on our democracy #SOTEU #EP2019
— Guy Verhofstadt (@guyverhofstadt) September 12, 2018
Ja, hat Verhofstadt denn nicht mitbekommen, dass Mueller sein Mandat immer mehr dehnt – und statt vermuteter russischer Einmischung in den US-Wahlkampf direkt auf US-Präsident Trump zielt?
Wollen wir das wirklich auch in Europa? Soll der neue europäische Staatsanwalt demnächst gegen jeden ermitteln, der im Verdacht steht, mit Russland in Kontakt zu sein? Liberal wäre das nicht, Herr Verhofstadt…
WATCHLIST:
- Am Donnerstag stellt EU-Kommissar Avramopoulos die neuen Pläne für eine europäische Grenzpolizei vor. Sie soll Brüssel unterstehen und ggf. auch gegen die Mitgliedstaaten durchgreifen. Wird Frontex zur nächsten Super-Behörde?
WAS FEHLT:
- Weltpolitik-Fähigkeit. So nannte Juncker das, was die EU angesichts von Trump Co. brauche. Neu ist die Idee allerdings nicht, Juncker hat sie schon bei der Sicherheitskonferenz München vorgetragen. Seither ist nicht viel passiert…
- Die Rede von M. Sonneborn. Da der Satiriker, obwohl Europaabgeordneter, keine Redezeit bekam, hat er seine Reaktion auf den Juncker-Vortrag kurzerhand ins Internet gestellt. Die III. Rede zum “State of da Union” steht hier.
Georg Soltau
16. September 2018 @ 12:12
Vielen Dank für die Hilfe. Jetzt habe auch ich es auch begriffen warum es nicht Linksstaat sondern Rechtsstaat heißt.
Georg Soltau
13. September 2018 @ 14:27
Damit der islamische Staat und die angeblich russischen Trolle unsere Freiheit nicht mehr bedrohen können sollten wir nichts unversucht lassen diese Freiheit mit möglicht vielen Gesetzen und Einschränkungen abzuschaffen.
Peter Nemschak
16. September 2018 @ 10:50
Ich würde den investigativen Journalismus stärken und besser schützen.
Georg Soltau
16. September 2018 @ 12:07
Mal ein guter Vorschlag und der/das sollte auch für whistleblower gelten.
Peter Nemschak
13. September 2018 @ 09:42
Was der islamische Staat und russische Trolls gemeinsam haben ist die Bedrohung der Freiheit durch beide. Liberalität hat dort ihre Grenzen, wo sie tatenlos zusieht, wenn es Kräfte gibt, deren Ziel es ist sie zu zerstören. Rechts- und Linksextremismus gehören jedenfalls zu diesen Kräften. Trump bedroht die verfassungsmäßigen Einrichtungen der USA (Verdacht auf Behinderung der Justiz). Warum soll er geschont werden? Was gegen Nixon recht war, sollte gegen Trump billig sein. Eine fundamentale Aufgabe des Rechtsstaates ist es, die Freiheit der Bürger gegen demokratische Willkür zu schützen. Ob die bestehenden Gesetze dafür ausreichen oder überzogen sind, wird immer Gegenstand politischen Streits sein. Die Diskussion um die Reform der Polizeigesetze ist ein jüngstes Beispiel dafür.
Georg Soltau
13. September 2018 @ 14:41
Hallo Peter Nemschak was bitte ist unter „demokratischer Willkür“ zu verstehen ?
Peter Nemschak
14. September 2018 @ 09:17
Die Priorität der Demokratie über den Rechtsstaat, der die Bürger nicht nur vor staatlicher sondern auch der Willkür der Mehrheit schützt. Dafür gibt es die Verfassung, welche Freiheit der Person und ihres Vermögens schützt. Liberale Demokratie und Rechtsstaat bedingen einander.
Georg Soltau
14. September 2018 @ 20:25
@ Nemschak, sorry “Vorrang (Priorität) der Demokratie über den Rechtsstaat…”, begreife ich nicht, da bin ich wohl zu blöd. Meine Frage war, was an der Willkür demokratisch sein soll ? Gibt es vielleicht eine Erklärung die auch jemanden ohne Matura verstehen kann, ich wäre dankbar.
Dixie Chique
14. September 2018 @ 12:32
“Eine fundamentale Aufgabe des Rechten Staates ist, die willkürliche Gesetzlosigkeit der besitzenden Schichten vor der Demokratie zu schützen.”
Hab’s für Sie repariert. Gern geschehen.