Coronakrise: Die Einheit bröckelt (schon wieder)

Angesichts des Versagens der EU in der Coronakrise bröckelt die Einheit. Deutschland plant Reisebeschränkungen im Alleingang; auch ein nationaler “Impfgipfel” ist im Gespräch. Wiederholt sich das Drama vom Vorjahr?

Auf den ersten Blick haben die Meldungen nichts miteinander zu tun. Innenminister Seehofer will nicht länger auf die EU warten und nationale Reisebeschränkungen erlassen, um die Ausbreitung der britischen Corona-Variante auszubremsen.

Derweil erklärt Gesundheitsminister Spahn, dass er der Idee eines nationalen “Impfgipfels” aufgeschlossen gegenüber stehe. Das Land Berlin kündigt zudem an, dass man bereit sei, eine eigene Produktion von Corona-Impfstoff aufzubauen.

Doch diese Meldungen haben einen gemeinsamen Nenner: Deutschland kehrt der EU den Rücken und sucht keine “europäische Lösung” der dringenden Probleme mehr. Offenbar ist man es leid, auf Brüssel und die anderen EU-Länder zu warten.

Auch Belgien ist schon vorgeprescht – seit Mittwoch gilt dort ein Verbot von “nicht essentiellen” Auslandsreisen. Die EU-Kommission hat zwar versprochen, sich um eine EU-weite Koordinierung zu bemühen – doch davon ist nichts zu sehen.

Wiederholt sich nun das Drama vom Vorjahr? Zu Beginn der Corona-Pandemie hat jedes Mitgliedsland gemacht, was es wollte, vor allem Deutschland ist dabei unangenehm aufgefallen. Im April 2020 wäre die EU deshalb fast auseinander gebrochen.

Dieses Szenario droht auch nun wieder – wenn sich die EU nicht schnell zusammenrauft und die Fehler der letzten Tage und Wochen ausräumt. Nötig ist vor allem ein Neustart der Impfstrategie. Brüssel muß schnell handeln, bevor es zu spät ist…

Siehe auch “Hilflos gegen Big Pharma” und “Reynders rechtfertigt Reiseverbote”

P.S. Spahn will zu seinem Impfgipfel auch die EU-Kommission einladen. Es gebe zwischen den Ländern, dem Bund und der Europäischen Kommission “offensichtlich Abstimmungsbedarf”. Insofern wäre es gut, wenn auch Vertreter aus Brüssel mit am Tisch säßen, heißt es in Berlin. – Deutschland koordiniert die EU – das wäre unter deutschem EU-Vorsitz besser gewesen. Doch damals hat Spahn geschlafen…