Buhrufe für Barroso
Nach dem Flüchtlingsdrama vor Lampedusa wollte EU-Kommissionschef Barroso ein bisschen Mitgefühl zeigen. Doch bei seiner Ankunft auf der Mittelmeerinsel wurde er mit Buhrufen empfangen.
Menschenrechts-Aktivisten und Einwohner Lampedusa riefen “Schande!” und “Mörder!” und schwenkten Fotos von Flüchtlingen. Offenbar machen sie Barroso für das Drama mit verantwortlich.
Fest steht, dass der Portugiese aktiv am Ausbau der Festung Europas beteiligt war. Allerdings würde er nun gern etwas für die Flüchtlinge tun. Dummerweise steht Deutschland auf der Bremse – wie fast immer, wenn es ernst wird.
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Andres Müller
10. Oktober 2013 @ 23:57
Lieber ebo, die Flüchtlinge von Lampedusa kommen in ein Europa, das ungeachtet politischer Äusserungen von der grössten humanitären Katastrophe seit 60 Jahren getroffen ist. Dummerweise hat Deutschland nicht nur die Flüchtlings -Drama aus Afrika nicht begriffen, auch die europäische Katastrophe geht an Nordeuropas ethischem Nachdenken und Mitgefühl kalt vorbei.
Wer sagt dass das “schlimmste überstanden ist”, der verhöhnt Millionen! hungernde EU-Bürger und stellt das Schicksal der Finanz-Märkte über Millionen von arbeitswilligen Menschen.
43 Millionen EU -Bürger sind aber auf Nahrungsmittel von Hilfswerken angewiesen. Seit 2009 mussten die Hilfen um 75% angehoben werden. Im soeben publizierten Bericht des roten Kreuzes spricht man von einem ökonomischen Kollaps (Impact).
http://www.ifrc.org/PageFiles/134339/1260300-Economic%20crisis%20Report_EN_LR.pdf
Als Schweizer Bürger bin ich auch empört, wie wenig die Presse in meinem Land über die katastrophale Lage in der EU berichtet, zumal wir angeblich Homeland des roten Kreuzes seien. Ich muss vermuten, dass das Ausblenden des Niedergangs ganzer Landstriche politisch gewollt ist,nicht nur in Deutschland. Solche Dinge wie der Friedensobelpreis für EU Politiker irritieren stark. Ich muss sagen, diesen Preis hätte ich für Frieden nicht erwartet, 120 Millionen Menschen Armutsgefährdet, 43 Millionen ohne die Möglichkeit zur Selbstversorgung.
Die EU ist zum billig käuflichen Statthalter der Finanzindustrie geworden, es scheint keine anderen Themen in Brüssel mehr zu geben. Dass Barroso nun dennoch nach Lampedusa kam ist ein Zeichen des Mitgefühls das ich aber als weitere Ablenkung von jener Tragödie betrachte, die Millionen von EU -Bürgern erfasst hat. Wo ist das Mitgefühl Barroso für jene EU-Bürger die täglich um Nahrung betteln müssen und die keine Arbeit haben? Es ist eine Tragödie wie das Flüchtlingsdrama vor Lampedusa die reichen Europäer (und die Presse) mehr bewegt als das Schicksal des Niedergangs von Millionen eigener Bürger.