Brüssel und Kiew umgehen die Regeln – und das Recht

In den letzten Tagen haben Brüssel und Kiew die internationalen Regeln und das Recht sehr großzügig ausgelegt – für den Krieg gegen Russland. Doch weil keiner nachfragt, bleibt es weitgehend unbemerkt.

Die EU-Kommission in Brüssel hat einen Vorschlag vorgelegt, der 500 Mill. Euro aus dem EU-Budget für Munition sichern soll, die dann in Waffen der Ukraine zum Einsatz kommt.

Doch damit beugt die Behörde das EU-Recht. Die europäischen Verträge schließen die Verwendung von EU-Mitteln für Waffen nämlich eindeutig aus.

Damit es niemand merkt, verkauft die Kommission ihren Vorschlag als “production of relevant defence products” – also von “Verteidigungsgütern”, nicht von Kriegswaffen.

Der britischen “FT” ist es trotzdem aufgefallen. Doch auf Nachfrage aus London, wie das mit den EU-Verträgen vereinbar sei, wollten die Verantwortlichen in Brüssel nicht antworten…

Nicht viel besser sieht es in Kiew aus. Präsident Selenskyj hat bei einem Besuch des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag die Einrichtung eines Sondertribunals gefordert, um Russland für das “Verbrechen der Aggression” zur Verantwortung zu ziehen.

Dabei weiß er nur zu genau, dass dies nach geltendem Recht nicht möglich ist.

Die Definition eines “Verbrechens der Aggression” wurde zwar schon 2010 im Römischen Statut des Gerichtshofs festgelegt; sie umfasst auch Angriffskriege.

Streit über Sondertribunal

Allerdings kann der IStGH nicht von sich aus die Vorwürfe der Aggression untersuchen, weil Russland das Rom-Statut nicht ratifiziert hat. Das wäre gegen die Regeln – und das Recht.

Ein Sondertribunal, wie es auch Außenministerin Baerbock fordert, wäre ein möglicher Ausweg – doch über den richtigen und vor allem juristisch wasserdichten Weg dahin streiten sich sogar die EU-Staaten.

Doch das wurde in den groß aufgemachten Berichten zu Selenskyjs Besuch in Den Haag nicht erwähnt – ebenso wenig wie die “großzügige” Rechtsauslegung durch Kommissionschefin von der Leyen.

Es würde wohl das Narrativ von der “regelbasierten Ordnung” stören, auf die sich die EU und die Ukraine gern berufen…

Siehe auch “Brüssel fördert die Kriegswirtschaft – für die Ukraine

P.S. Mit seinem Auftritt in Den Haag hat Selenskyj nicht nur wie bisher Verhandlungen mit Kremlchef Putin eine Absage erteilt, sondern Verhandlungen tout court. Sein Motto: “No Peace Without Justice for Ukraine.”