Brüssel fördert Kriegswirtschaft – für die Ukraine

Die EU will die Produktion von Munition ankurbeln und die Industrie mit Milliardenhilfen stützen. Dabei boomt die Rüstungsbranche ohnehin schon. Und mit schnelleren Lieferungen ist auch nicht zu rechnen.

Zur Unterstützung der Ukraine will die Europäische Union mehr Munition produzieren. Dazu müsse die Industrie in den „Modus der Kriegswirtschaft“ umschalten und die Kapazitäten so schnell wie möglich hochfahren, sagte EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton.

Die EU-Kommission will die Ausweitung der Produktion mit 500 Millionen Euro aus dem EU-Budget fördern. Weitere 500 Millionen sollen als Ko-Finanzierung von den 27 Mitgliedstaaten kommen. Die Milliardensumme soll bis Mitte 2025 fließen. Ursprünglich war sie im Budget nicht vorgesehen.

Die EU-Kommission mußte daher einige Verrenkungen anstellen. So wurde Geld aus dem schuldenfinanzierten Corona-Aufbaufonds abgezweigt. Breton machte sich sogar die Mühe, alle Munitionsfabriken in der EU zu besuchen, um sie zu einer schnellen Ausweitung ihrer Produktion zu ermuntern.

„Uns läuft die Zeit davon, wir müssen sofort handeln“, sagte der Franzose mit Blick auf Zusagen an die Ukraine. Bereits im März hatten die Außen- und Verteidigungsminister beschlossen, der Ukraine in den kommenden zwölf Monaten eine Million neue Artilleriegeschosse für den Kampf gegen Russland zu liefern.

Zu spät für die Frühjahrs-Offensive

Nach Medienberichten wurden bisher aber nur 41.000 Stück geliefert. Sie kommen aus Lagerbeständen, die die EU-Staaten auflösen. In einem zweiten Schritt wollen sie sich gemeinsam um die Beschaffung zusätzlicher Munition bemühen. Die dritte Stufe sieht die Ausweitung der Produktion vor; dafür hat Breton nun den Startschuss gegeben.

Kurzfristig dürfte dies den akuten Munitionsmangel jedoch nicht beheben. Denn es dauert seine Zeit, bis die Produktion hochfährt. Zudem muss der Vorschlag der EU-Kommission, der den vielsagenden Titel „ASAP“ trägt („Act in Support of Ammunition Production“), noch von den EU-Staaten und vom Europaparlament angenommen werden.

Selbst wenn dies wie geplant noch vor der Sommerpause geschieht, so werden die ersten Lieferungen aus dem neuen EU-Programm wohl erst im Herbst oder Winter erfolgen – und damit zu spät für die Frühjahrs-Offensive, die die Ukraine angekündigt hat. Die Führung in Kiew hat dies bereits beklagt und mehr Tempo in Brüssel angemahnt.

„Der Krieg wird missbraucht“

Rückendeckung bekam sie von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. „Die tapferen Soldaten der Ukraine brauchen genügend militärische Ausrüstung, um ihr Land zu verteidigen„, erklärte die deutsche Politikerin. Zudem gehe es auch darum, die europäischen Verteidigungsfähigkeiten zu stärken.

Kritik kam aus dem Europaparlament. „Der Ukraine-Krieg wird missbraucht, um die Rüstungskonzerne mit Milliarden-Subventionen zu pimpern“, kritisierte der Europaabgeordnete und Ko-Vorsitzende der Linken, Martin Schirdewan. Dabei seien Rheinmetall, Airbus und Co. schon jetzt Profiteure des Krieges. Nötig sei eine Steuer auf Kriegsgewinne – und Verhandlungen für eine Friedenslösung.

Die EU lehnt Verhandlungen zum jetzigen Zeitpunkt jedoch ab. Sie stellt sich auf einen langen Krieg und weitere Waffenlieferungen an die Ukraine ein. Die Waffenproduktion werde man mehrere Jahre brauchen, betonte Breton. Es gehe nicht nur um eine schnelle Ausweitung, sondern auch darum, die Kapazitäten „auf Dauer“ auszuweiten…

Siehe auch „Rheinmetall profitiert von Granaten-Deal.“ Mehr zum Krieg um die Ukraine hier