Belgien: Der Ausverkauf geht weiter
Nach Brussels Airlines und Caterpillar kommen neue schlechte Nachrichten für die belgische Wirtschaft: Nun will die niederländische Bank ING mehr als 3000 Arbeitsplätze abbauen.
“Mehr Beratung, mehr Simplizität”: Das verspricht die ING ihren Kunden. “Für Sie wird sich nichts ändern”, hieß es heute in einem Brief, der die Wogen etwas glätten soll.
Doch für mehr als 3000 Belgier ist das kein Trost. Sie werden ihren Job verlieren – in einem Sektor, der schon als die Stahlbranche des 21. Jahrhunderts gilt (die Deutsche Bank lässt grüßen).
Und was macht die belgische Regierung? Sie schaut zu, wie das Land weiter ausverkauft wird. Premier Michel ist ja schließlich ein echter Liberaler, er glaubt an seinen “Standort”.
Dabei ziehen die ausländischen Konzerne, die bisher für ein leidliches Wachstum sorgten, immer mehr Jobs und Kapital ab. Der Brexit dürfte es noch schlimmer machen – Belgien hängt stark von UK ab…
Peter Nemschak
5. Oktober 2016 @ 11:30
@ebo Wollen Sie unproduktive Unternehmen erhalten, Eisenbahnzüge, die Sie nicht brauchen, als Wahlgeschenk für Ihre Klientel auf Kosten der Steuerzahler anschaffen, wie es die französische Regierung gerade tut. Sie plädieren für ein aus guten Gründen untergegangenes Wirtschaftssystem.
ebo
5. Oktober 2016 @ 23:39
@Nrmschak Darum geht es nicht. Wir reden über Belgien, nicht über Frankreich, und nicht über belgische Firmen, sondern über ausländische, die Jobs abbauen und Kapital zurückziehen. Das liberale Belgien, das in globalen Rankings der “Wettbewerbsfähigkeit” weit vorn liegt, bekommt die Kehrseiten des liberalisierten und globalisierten Handels zu spüren – das sollte allen Aposteln des Wettbewerbs in der EU zu denken geben”
Skyjumper
4. Oktober 2016 @ 22:10
Es ist natürlich schlimm für die 3.000 (eigentlich noch viel mehr, da da ja auch Familien dranhängen) Menschen die nun ihre Stellung und ihr Einkommen verlieren sollen. Noch schlimmer wird es dadurch, dass die ING ja nicht die einzige Bank ist die Stellen abbaut. Es wird also alles andere als einfach einen neuen Job zu finden, viele werden wohl zumindest nicht wieder in einer Bank arbeiten können.
Doch was soll die belgische Regierung dagegen tun? Die ING übernehmen und die Stellen mit Steuergeldern erhalten? Das europäische Bankensystem ist gnadenlos aufgebläht. Nicht erst seit gestern, aber nun wo die bisherigen Geschäftsmodelle (u.a. auch völlig unangemessenes Spekulantentum) zerbröseln geht es ans Eingemachte. Ein Ende ist da so schnell nicht absehbar und es liegt nicht gerade in der Hand der Regierungen daran etwas zu ändern. Die Bankenlandschaft in Europa wird sich in den nächsten Jahren drastisch reduzieren. Und durch den Kostendruck wird sich die Mitarbeiterzahl noch weitaus drastischer reduzieren als die Bankenlandschaft selbst. Denn noch mehr Bereiche als bisher wird man automatisieren und der IT überlassen.
Banken sind ein Musterbeispiel für die Dienstleistungsindustrie. Sie schaffen keine Werte, sondern verwalten nur und schöpfen dabei Rahm ab. Das funktioniert aber immer nur so lange wie es Rahm gibt. Werden die Zeiten härter sind Dienstleistungen immer das erste woran gespart wird. Mit ein Grund warum Wirtschaftskrisen in den USA und in GB meist drastischere Folgen haben als im (noch) relativ stark industrialisierten Deutschland.
Peter Nemschak
4. Oktober 2016 @ 18:49
Die Reduktion der Bankbranche inklusive ihrer Mitarbeiterzahl ist eine gesamteuropäische Notwendigkeit und nicht auf Belgien beschränkt. Das hat mit Ausverkauf nichts zu tun sondern mit dem Internet und seinen Möglichkeiten. Die Zeiten, in denen Kaffeehäuser in Bankfilialen umfunktioniert wurden, sind längst vorbei.
ebo
4. Oktober 2016 @ 22:01
Doch. Denn die ausländischen Konzerne – hier die ING – machen die Stellen nur in Belgien dicht, daheim trauen sie sich nicht.
Skyjumper
4. Oktober 2016 @ 22:18
@ebo …… das stimmt doch so nicht. Zumindest nicht für dieses Beispiel. Die ING will insgesamt 7.000 Stellen abbauen. Davon 3.000 bis 3.500 in Belgien. Da die ING nun mal in Belgien die zweitmeisten Beschäftigten hat (~ 8.000) sieht das zunächst mal nach einem relativ gleichmässigen Abbau aus (sofern man gewillt ist zu berücksichtigen dass der Abbau das Filialgeschäft betrifft und weniger die Zentralen).
Peter Nemschak
5. Oktober 2016 @ 08:48
Mit Kostensenken beginnen die meisten Unternehmen bei ihren ausländischen Töchtern, die sie oft auch später erworben haben. Auch in Holland werden in Zukunft nicht wenige Arbeitsplätze der ING wegfallen. Ist es nicht egal, wo es passiert, oder soll Belgien aus Ihrer Sicht privilegiert werden? Warum? Die Entscheidung sollte man wohl den Unternehmen überlassen.
ebo
5. Oktober 2016 @ 09:07
Es geht nicht darum, Jobs in Belgien zu privilegieren. Ich wohne nunmal in Brüssel und möchte an diesem Beispiel zeigen, wie es offenen, liberalen Volkswirtschaften in der neoliberalen Globalisierung ergeht: Sie sind dem Geschehen völlig hilflos ausgeliefert. Der Staat schützt nicht mehr, und damit verliert er seinen Daseinszweck…