Mythos “Graccident”

Der griechische Schuldenpoker geht in eine neue, womöglich entscheidende Runde. Am Mittwoch verlor die Links-Rechts-Regierung in Athen gleich zwei wichtige Züge – gegen die EZB und Berlin. Kommt nun das Endspiel? Und wenn ja, wer ist schuld?

Erst legte die Europäische Zentralbank (EZB) in Frankfurt ein Veto gegen den Ankauf griechischer Staatsanleihen durch die heimischen Banken ein.

Dann blockierte die Bundesregierung in Berlin die von Athen geforderte Rückzahlung von 1,2 Mrd. Euro aus einem Banken-Fonds.

Beide Entscheidungen kommen für Ministerpräsident Tsipras zur Unzeit. Nach seinem Besuch in Berlin hatte er noch auf rasche Hilfen für sein von der Pleite bedrohtes Land gehofft.

Bereits in zwei Wochen – am 8. April – droht die Zahlungsunfähigkeit, schätzt die EU-Kommission in Brüssel. Doch statt zu helfen, ziehen die Euro-Partner nun die Schlinge noch enger um Tsipras’ Hals.

Vor allem die Entscheidung der EZB könnte fatale Folgen haben. Die Zentralbank habe griechische Geschäftsbanken angewiesen, keine Staatspapiere ihres Landes mehr zu kaufen, berichten mehrere Presseagenturen.

Die Gläubiger sind mit Schuld

Das gelte auch für kurzfristige Papiere, die so genannten T-Bills. Mit den T-Bills hält sich Athen bisher noch über Wasser, um die laufenden Geschäfte zu finanzieren und die Schulden zu bedienen.

Am vergangenen Freitag hatte Athen rund 2,5 Mrd. Euro an seine Gläubiger überwiesen. Demnächst muss die Linksregierung die Sozialkassen plündern. All das wissen die Gläubiger natürlich.

Deshalb kann von einem “Graccident”, also einem versehentlichen Zahlungsausfall, keine Rede mehr sein. Versehentlich passiert hier gar nichts.

Wer genau weiß, wann dem Schuldner das Geld ausgeht, und dann noch die Schlinge zuzieht, ist mit Schuld, wenn es schief geht. Der “Graccident” ist ein Mythos, er soll das Publikum täuschen.