Mächtig, unberechenbar, deutsch

Kanzlerin Merkel gewinnt im Euro-Streit, aber die Meinungsschlacht verliert sie. Das schrieb der irische Journalist D. Scally in der “Zeit”. Sein Tipp: Merkel sollte besserer kommunizieren. Wenn es so einfach wäre.

“Mächtig, böse, deutsch”: Unter dieser scheinbar provozierenden Headline veröffentlichte die “Zeit” den Gastbeitrag eines irischen Korrespondenten. Der Inhalt ist jedoch ausgesprochen harmlos.

Scally klagt letztlich nicht über Merkels klägliche Politik, sondern über ihre schwache PR. Um der “New York Times” und der “FT” etwas entgegenzusetzen, solle sie englischsprachige Repliken veröffentlichen.

Selten so gelacht. Merkel und englisch? Ein No-Go. Selbst auf Deutsch macht sie ihre Position nicht verständlich. Oft rätseln wir deutsche Korrespondenten in Brüssel, ob sie überhaupt eine hat.

Beispiel Euro-Gipfel am 12. Juli: Vor dem Krisentreffen sagten Merkels Berater kein Wort über den “temporären Grexit” und die “Treuhandanstalt”. Die Journalisten erfuhren es erst später – aus der “FAS”.

Unberechenbare Politik

Der Erfinder dieser Grausamkeiten, die Merkel dann durchsetzte, war offenbar Finanzminister Schäuble. Doch auch der hat nicht vorab kommuniziert, nicht einmal Freunde wie Frankreich wussten Bescheid.

Unberechenbar ist diese Art, Politik zu machen. Arrogant und autoritär gehen unsere Regenten vor – kein Wunder, dass Kritiker, die den Berliner Betrieb nicht kennen, von einem Coup sprechen.

Wie intransparent die deutsche Europapolitik ist, zeigt sich auch jetzt wieder, beim Ringen ums dritte “Hilfs”paket für Griechenland. Die Troika hat es fertig verhandelt, doch Berlin schweigt.

Aller werden auf die Folter gespannt

Statt sich für den Plan auszusprechen, der schon jetzt die deutsche Handschrift trägt (wegen der Vorgaben vom Euro-Gipfel), spielen Merkel und Schäuble auf Zeit. Nicht mal Kommissionschef Juncker weiß, was kommt.

Und wie schon im Juli erfahren wir Journalisten und Blogger nur durch gezielte Leaks, diesmal wieder in Springers B-Zeitung, dass Berlin Bedenken hat und eine schnelle Einigung anzweifelt!

So funktioniert das deutsche EUropa: Alle werden so lange auf die Folter gespannt, bis sie am Ende schon froh sind, wenn überhaupt ein Ja aus Berlin kommt – natürlich zu erschwerten Bedingungen…

Mit diesem Beitrag endet meine Sommerserie zum deutschen Europa, weitere Beiträge stehen hier und hier