Alles über Tajani
Wenn nicht alles täuscht, wird der Italiener A. Tajani die Nachfolge von M. Schulz im Europaparlament antreten. Konservative und Liberale wollen ihn wählen. Doch wer ist der Mann, der mithilfe von Berlusconi nach Brüssel kam?
Lebenslauf
Tajani wird 1953 in Rom geboren, sein Vater ist bei der italienischen Luftwaffe. Antonio studiert Jura, wird beim italienischen Rundfunk, bei der RAI, Radiomoderator. Später leitet er die Tageszeitung „Il Giornale” in Mailand. Dort lernt er auch Silvio Berlusconi kennen, gründet mit ihm zusammen dessen Partei “Forza Italia”.
Quelle: MDR
Politische Karriere
Tajani ist einer der Gründer der konservativen italienischen Partei Forza Italia und war 1994 Pressesprecher des Premierministers Silvio Berlusconi. Seit Juni 2001 gehört Tajani dem Stadtrat von Rom an.
Von Mai 2008 bis Februar 2010 war Tajani EU-Kommissar für Verkehr, wobei er dem Franzosen Jacques Barrot im Amt folgte, der wiederum das Innenressort von Franco Frattini übernahm, der aus der Kommission ausschied, um italienischer Außenminister zu werden. Von 2010 bis 2014 war Tajani Kommissar für Unternehmen und Industrie und Vizepräsident der Europäischen Kommission.
Quelle: wikipedia
EU-Kommission
„Tajani? Das ist ein Fauler“, platzt es aus einem deutschen Europa-Abgeordneten heraus, der bittet, seinen Namen nicht zu nennen. Dabei ist der mangelnde Arbeitseinsatz von Industriekommissar Antonio Tajani in Brüssel wohlbekannt. Die Beamten seiner Generaldirektion haben sich längst daran gewöhnt, dass er am Dienstag aus seiner Heimat Italien einfliegt, um sich am Donnerstagabend wieder dorthin zu verabschieden. Tajani ist ein Drei-Tage-Kommissar.
Schon bei seiner Anhörung im Parlament bewies Tajani, dass er für Marketing mehr Talent hat als für Inhalte. „Er trägt sehr gut vor“, sagt der deutsche Europa-Abgeordnete Jorgo Chatzimarkakis (FDP), „aber er hat null Substanz.“ Ein Vertreter der Automobilindustrie formuliert es drastischer: „Der Mann ist eine Katastrophe.“
Quelle: WiWo
Dieselgate
The Italian former EU commissioner for industry (2010-2014) was questioned by MEPs on Monday (5 September). He took pains to say he had no idea that Volkswagen or other carmakers were using cheating software, so-called defeat devices, to pass emission tests.
“I was never informed or given any evidence about the use of defeat devices,” said Tajani.
But Tajani was informed about great discrepancies that existed between emissions on the road and those in the labs. Why had the possibility of defeat devices as a cause for those discrepancies never been investigated?
After all, there was already a case in the United States of emissions cheating by trucks in the late 1990s, which caused the EU to adopt stricter rules for trucks.
“That was 10 years before I stepped in. As far as I’m concerned I was never informed,” said Tajani.
Quelle: EU Observer
Selbstdarstellung
Der Europa-Abgeordnete wirbt für sich mit folgenden Worten aus dem politischen Poesiealbum: “Wir müssen hinkriegen, dass die Bürger wieder an die Europäischen Institutionen glauben. Brüssel ist mehr als Bankenrettung und Bürokratie. Die Politiker müssen mehr denn je Politik zum Wohl der Bürger machen.”
Quelle: MDR
Mehr zu Tajani hier (aus dem Archiv von Lost in EUrope)
Peter Nemschak
18. Januar 2017 @ 09:06
Tajani hat den Vorteil, auch von den Rechtskonservativen mitgetragen zu werden. Für die Zukunft entscheidend ist die klare Abgrenzung von den Rechtspopulisten, welche die EU zerstören wollen.
GS
18. Januar 2017 @ 03:18
@ebo
Grundsätzlich bin ich auch der Meinung, dass wir endlich wieder Polarisierung und Alternativen brauchen. Insofern ist es schon mal gut, dass es Kampfkandidaturen gab. Aber dann sich darüber zu echauffieren, dass jemand für einen Kandidaten gestimmt hat, der nicht aus den vier tragenden Fraktionen kommt, ist dann eben auch wohlfeil. denn die Mehrheitsverhältnisse sind nun einmal auch so, dass die klassischen Lagern (Sozi/grün vs. konservativ/lberal) keine Mehrheiten zustande bringen. Da aber auf EU-Ebene ohnehin nichts ohne den Rat geht, ist das vielleicht gar kein Drama. Trotzdem frage ich mich natürlich, wo eigentlich Sozis und Konservative in der EU noch Differenzen haben, außer natürlich, wenn es um die Posten geht.
Viel schlimmer ist, dass auch auf nationaler Ebene in vielen Staaten mittlerweile die Mehrheitsverhältnisse klar abgrenzbare Alternativen verhindert. Auch in Deutschland wird das dieses Jahr wieder so sein. Ich bin kein ausgewiesener Freund von R2G, aber die goldene Chance dafür war nun einmal 2013. Der Zug ist abgefahren, mit der Konsequenz, dass es dieses Jahr wohl wieder auf eine große Koalition hinausläuft. Schuld daran sind aber die etablierten Kräfte. AfD, Wilders & Co. wären längst nicht so stark, wenn Konservative und Sozis zueinander echte Alternativen wären.
S.B.
18. Januar 2017 @ 08:53
@ebo: Als Murksel hat gestern erst wieder verlauten lassen die CDU wäre nach wie vor eine konservative Partei. Und wenn Murksel das sagt, MUSS die CDU doch eine echte Alternative zur SPD sein. Selten so gelacht… 😉
Peter Nemschak
18. Januar 2017 @ 09:14
Die Abgrenzung konservativ oder sozialdemokratisch ist künstlich. Progressiv im Sinne von zukunftsorientiert scheint derzeit keine Partei zu sein. Die Politik das Erreichte zu bewahren greift zu kurz, um es auch in Zukunft zu sichern. Wir leben derzeit von der Substanz, welche durch die politischen Vorgänger der jetzt an der Macht befindlichen Eliten geschaffen wurde. Deutschland erntet heute die Früchte, die Schröder gesät hat. Hoffentlich wird Frankreich nach den nächsten Wahlen einen positiven Impuls für die Zukunftssicherung geben auch wenn Reformen unbequem sind.
Susanne
17. Januar 2017 @ 23:40
… erstaunlich, dass diese Wahl mit diesen Charakteren nicht den Bürgern der eu im Hinblick dessen, was für diese politisch relevant sein könnte per Wahlen….nahe gebracht wurde. Wiederum: es ist nicht erstaunlich, denn es ändert sich nichts…man hat wieder einen hohen Posten dekoriert und es tatsächlich egal, welchen Kopf man wo platziert.
GS
17. Januar 2017 @ 22:51
Ich hab den Eindruck, dass es eben ein Italiener oder zumindest Südeuropäer werden musste. Schon auffällig, dass sowohl die Konservativen als auch die Sozialisten Italiener im Rennen hatten.
Ich meinte bei Dir noch vor einigen Tagen eine gewisse Euphorie über die Wahl heraus gelesen zu haben. Ich hab das von Anfang an nicht so ganz verstanden. 😉
ebo
17. Januar 2017 @ 22:53
@GS Gewisse Euphorie ist vielleicht zu viel gesagt. Ich war froh, dass die GroKo zerbrochen ist und die Mauschelei endet. Dass die Sozis so schwach spielen und die Liberalen eine Wende in letzter Minute hinlegen, konnte keiner ahnen…
S.B.
17. Januar 2017 @ 22:03
War da nicht irgendetwas?
http://m.spiegel.de/politik/ausland/a-1130436.html
Ach ja, die Wahl ist inzwischen schon erledigt. Wird wohl kaum ein EU-Bürger mitbekommen haben, die noch nicht mal die Kandidaten vorgestellt bekommen haben. Auf NDR Aktuell war das eben die letzte Meldung. Nun ja, die Angelegenheit ist offenbar auch nicht weiter der Rede wert…
Peter Nemschak
17. Januar 2017 @ 16:08
Das Problem ist ein strukturelles. Die EU hat keine Regierung, da die Kommission keine ist, und folglich nur ein, verglichen mit den Nationalparlamenten, schwaches Parlament, beschickt aus dem Fundus von Politikern, die daheim ihre Karrieren hinter sich haben und in vielen Fällen auch keine mehr machen werden. Was fehlt, sind echte europäische Parteien mit einer europaweiten Agenda und eine europäische Regierung, kontrolliert von einem aus den genannten Parteien bestehenden Parlament. Vorwürfe mangelnder europäischer Repräsentation sollten daher nicht an die EU sondern an die Mitgliedsstaaten gerichtet werden, die ihre Souveränität nicht abgeben wollen. Nur ein europäischer Bundesstaat wäre auf Augenhöhe mit den anderen Großmächten der Welt. Allein aus sicherheitspolitischen Gründen wäre er geboten, aus wirtschaftlicher Sicht ebenso, von globaler Machtausübung ganz zu schweigen.
ebo
17. Januar 2017 @ 16:12
Nein, das Problem in diesem Fall ist ein personelles. Die EVP hatte viel bessere Kandidaten – z.B. Frau McGuiness oder Herrn Weber. Stattdessen nehmen sie einen Berlusconi-Buddy, und das kurz vor Trump…
Peter Nemschak
17. Januar 2017 @ 19:14
Wahrscheinlich wurde hinter den Kulissen politisches Kleingeld gewechselt mit Junktims, von denen wir nichts wissen. Im Grunde hält sich das EU-Parlament für wichtiger als es tatsächlich ist. Die EU ist nun einmal eine halb gebackene Institution.
S.B.
17. Januar 2017 @ 12:44
Besten Dank an ebo für die Kurzvorstellung dieses Kandidaten, insbesondere für den Absatz “Selbstdarstellung”. Das reicht völlig… um ihn abzulehnen. Genau diese Typen sind es, warum die Bürger Politik- und EU-verdrossen sind. Die Frage ist nur, wo einer herkommen soll, der es ernst meint mit: “…Die Politiker müssen mehr denn je Politik zum Wohl der Bürger machen…“? Das “mehr denn je” müsste dieser Kandidaten allerdings als erstes durch “endlich” ersetzen.