Wirtschaftspolitik paradox (II)

Hinter dieser merkwürdigen Maske verbirgt sich ein gewisser Draghi…

Pünktlich zu Weihnachten verteilt die Europäische Zentralbank ein 500-Miliarden-Euro-Geschenk an die Banken. Nur ein Prozent Zinsen müssen die Geldinstitute für das dreijährige Mega-Darlehen bezahlen. Mit der „größten Rettungsaktion der EZB-Geschichte“ (Spiegel online) soll die drohende Kreditklemme verhindert werden. Außerdem sollen die Banken fleißig Staatsanleihen kaufen. Paradoxerweise protestiert dagegen niemand.

Es ist schon merkwürdig: Wenn die EZB auf dem Sekundärmarkt – also von den Banken – Staatsanleihen aufkauft, stehen alle deutschen Ordnungspolitiker auf den Barrikaden. Dies sei eine Einladung zum Schuldenmachen und könne nur in einer ganz schlimmen Inflation enden, heißt es unisono von Bundsbankchef Weidmann bis Kanzlerin Merkel. Wenn hingegen Manna über private Banken verteilt wird, schweigen die deutschen Stabilitätsfanatiker.

Dabei haben die Banken nicht nur die Finanzkrise 2008 mitverursacht, sondern auch die Schuldenkrise in der Eurozone – jedenfalls in Ländern wie Irland und Spanien, wo sie ohne Rücksicht auf Immobilienblasen (und die damit verbundenen Verluste) die private Verschuldung anheizten. Zudem profitieren sie von der Schuldenkrise, indem sie immere höhere Renditen von Ländern wie  Italien und Spanien verlangen – obwohl es dort bisher keinerlei Ausfallrisiko gibt.

Völlig zu Recht fordert die SPD-Fraktion im Europaparlament deshalb, die Verwendung der Geldspritze aus Frankfurt genau zu prüfen. “Billiges Geld darf nicht in den Taschen der Banker bleiben”, so der SPD-Experte Bullmann. Es sei paradox, dass die Geldinstitute kassieren, kleinen und mittleren Unternehmen hingegen keine Kredite mehr gewähren.

Paradox ist auch, dass die Banken quasi offiziell aufgefordert werden, von dem Geldgeschenk fleißig Staatsanleihen zu kaufen. Vor allem Frankreichs Präsident Sarkozy erhofft sich davon eine Stützung der überschuldeten Euroländer und einen Rückgang der Renditen, wie die französische Presse berichtet. Offenbar liegt er nicht ganz falsch: zumindest die spanischen Anleihen wurden zuletzt wesentlich günstiger gehandelt, offenbar hatten die Märkte die EZB-Spritze schon eingepreist.

Doch auf Dauer dürfte dies nicht funktionieren. Denn zum einen hat die EU-Bankenaufsicht den Geldinstituten gerade erst nahegelegt, den Anleihebestand zu senken. Zum anderen fordert die EU von den Banken eine Erhöhung der Kernkapitalquote – und genau dafür dürften sie das billige Geld auch nutzen. Außerdem rollt auf sie 2012 nach Angaben von Reuters eine Refinanzierungswelle von 725 Mrd. Euro zu – auch dafür werden die frischen Kredite gebraucht.

Letztlich dürfte die ganze Aktion nicht viel mehr bewirken, als den maroden Geldmarkt wieder ein wenig auf Trab zu bringen, wie auch der Herdentrieb schreibt. Doch es bleibt das Paradox, auf das ich bereits in diesem Blog hingewiesen habe: Private Geldinstitute erhalten jede Hilfe, die sie benötigen – vermutlich, weil sie “systemrelevant” sind. Klamme Eurostaaten hingegen dürfen nicht auf Hilfe aus Frankfurt hoffen – das wäre wohl ein gefährlicher “moral hazard”.

Dabei kann die EZB bei der Stützung von Staaten Bedingungen stellen; über den Umweg einer Stützung der Banken hingegen funktioniert das nicht…

 

 

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