Wie im Kalten Krieg
Premierministerin May hatte Moskau eine “harte Reaktion” angedroht, nun schlägt London zu: 23 Diplomaten werden des Landes verwiesen, Vermögen werden eingefroren. Doch das dürfte erst der Anfang sein.
Als Antwort auf den Giftgas-Angriff auf den auf den Ex-Spion Skripal hat May nämlich auch die EU, die Nato und den Uno-Sicherheitsrat eingeschaltet. Da kommt ‘was ins Rollen.
Dies ist zwar noch kein Bündnisfall, wie ich zunächst in diesem Blog befürchtet hatte. Doch die Nato spricht vom “ersten offensiven Einsatz eines Nervenkampfstoffs” seit der Gründung des Bündnisses 1949.
Das klingt nach einem historischen Ereignis – und einem Präzedenzfall, der nicht unbeantwortet bleiben kann. Es klingt nach Kaltem Krieg, der jederzeit in einen heißen umschlagen könnte.
Auch in der EU bereitet man sich auf eine Eskalation vor. Die Rede ist von neuen Sanktionen gegen Russland, beim EU-Gipfel Ende nächster Woche dürfte die Krise ganz oben auf der Agenda stehen.
All das wäre verständlich, wenn die Beweislage eindeutig wäre. Ist sie aber nicht. Das Nervengas wurde in Usbekistan hergestellt, nicht in Russland. Auch Nordkorea und Iran dürften die Technik beherrschen.
Zwar haben diese beiden Länder kaum ein Motiv, wie ein Chemiewaffen-Experte in der “Welt” betont. Russland hätte eins. Doch das ist noch kein Beweis, nur ein Indiz, wie man aus jedem “Tatort” weiß.
Zudem müssten die Täter schon ziemlich dumm sein, wenn sie ein Gift verwenden, das (scheinbar) direkt auf seine Herkunft verweist. Im “Tatort” wäre in diesem Fall jemand anderes schuld, der den Verdacht bewußt auf Moskau lenken will…
Die Rolle der EU und Deutschlands wäre es daher, auf Beweise zu warten, eventuell selbst Ermittlungen einzuleiten und sich um Entspannung zu bemühen. Doch es sieht nicht so aus, als würde man dies tun…
Peter Nemschak
17. März 2018 @ 11:36
Der Kalte Krieg war ein ideologischer Krieg der westlichen Demokratien gegen den Kommunismus. Seine heutige Neuauflage ist ein machtpolitisches Ringen um globale Positionen. Die Chinesen sehen sich als aufsteigende Weltmacht, sehen die USA als Macht, die ihre bisherige Position zu verteidigen versucht und Russland so wie die EU als absteigende Mächte. In diesem Ringen kann es situativ durchaus zu temporären Koalitionen der Akteure kommen: eine Koalition der autoritären Mächte China und Russland gegen den Westen, aber auch innerhalb der westlichen Allianz unterschiedliche Koalitionen und Gegnerschaften wie beispielsweise auf dem des internationalen Handels und des digitalen Wettbewerbs. Die USA scheinen in ihrer Selbstwahrnehmung mit dem Rücken zur Wand zu kämpfen und haben sich mit ihrem relativen Machtverlust zugunsten Chinas und anderer Entwicklungsländer bisher noch nicht abgefunden („America first“). Die nationalstaatliche Zersplitterung Europas hindert die EU daran, eine führende geopolitische Rolle zu spielen und das Vakuum zu füllen, dass die USA hinterlassen hat. Ohne politisches und militärisches (Cyberkriegs-Hard- und Software als wichtiger werdender Teil der militärischen Rüstung) Eigengewicht wird die EU von den anderen Akteuren als schwacher Akteur wahrgenommen und behandelt werden. Vergleiche mit Konstellationen des 20.Jhdts. sind wenig zielführend, weil sich die Welt seit 1989/1991 auch für Deutschland grundlegend verändert hat.
Anonym
15. März 2018 @ 14:33
immer das gleiche muster, um stimmung gegen russland zu machen – der feind kommt ja immer aus dem osten, das war bereits bei den nazis nach der stalin ära so und hat sich bis
heute gehalten. wann lernen wir endlich friedenspolitik und uns mit unserem östlichen nachbarn vorurteilslos zu verständigen – friedlich mit einander an einer besseren welt zu arbeiten!
Ute Plass
15. März 2018 @ 10:17
Zu hoffen ist, dass sich die Menschen in Europa nicht von dieser Feindbildpflege
und Kriegshetze anstacheln lassen, sondern zuhauf auf die Straße gehen um für
Frieden und Abrüstung zu demonstrieren.
Concordius
14. März 2018 @ 20:17
“Auch Nordkorea und Iran dürften die Technik beherrschen.” Ja, und UK, USA und Israel dürften die Technik auch beherrschen. Vgl. diesen Hinweis von Jens Berger auf den Nachdenkseiten: https://www.nachdenkseiten.de/?p=42924