Westliche Offensive in der Ukraine

Ein weiterer Kriegsgipfel in Ramstein, neue EU-Milliarden aus Brüssel, mehr US-Hilfe für Osteuropa: In der Ukraine ist eine großangelegte westliche Offensive im Gange. Angeblich versucht man sich aber auch an Diplomatie.

Nach mehr als sechs Monaten Ukraine-Krieg läuft nichts wie geplant. Die militärische Lage ist verfahren, die westlichen Sanktionen zeigen nicht die gewünschte Wirkung, Deutschland und die EU rutschen in eine schwere Krise.

Höchste Zeit, dagegenzuhalten und das Blatt noch rechtzeitig vor dem Winter zu wenden, scheint man sich in Brüssel und Washington zu sagen. Und so hat der Westen eine groß angelegte Offensive gestartet – an mehreren Fronten.

So will die EU-Kommission auf einen Schlag 5 Mrd. Euro an Krediten für Kiew freigeben – ohne eingehende Begründung oder parlamentarische Debatte. Das hat Kommissionschefin von der Leyen bekannt gegeben.

US-Außenminister Blinken kündigte bei einem Blitzbesuch in Kiew weitere Militärhilfen in Höhe von insgesamt mehr als 2,8 Milliarden Dollar für die Ukraine und andere europäische Staaten an. Offenbar soll das Geld auch ins Baltikum fließen, also in EU-Länder.

Gleichzeitig hielt US-Verteidigungsminister Austin einen weiteren Kriegsgipfel in Ramstein ab. Er schnürte ein 675 Millionen Dollar schweres Paket mit Waffen, Munition und gepanzerten Fahrzeugen für die Ukraine, und sagte weitere Waffenlieferungen zu.

Ein „Schlüsselmoment“ des Krieges

Der Krieg habe einen „Schlüsselmoment“ erreicht, so Austin, da die ukrainischen Streitkräfte ihre Gegenoffensive im Süden des Landes begonnen hätten. Auf dem Schlachtfeld seien jetzt Erfolge der gemeinsamen Anstrengungen zu sehen.

Besser hätte man es nicht ausdrücken können, dass der Krieg gegen Russland zu einem Stellvertreterkrieg geworden ist. Die Gegenoffensive wird selbstverständlich von US-Beratern und Geheimdiensten unterstützt, wenn nicht angeleitet.

Zudem wurde bekannt, dass Polen und die baltischen Staaten die Grenze zu Russland dicht machen wollen. Man habe sich sich auf vorübergehende Einreisebeschränkungen für russische Staatsbürger ab dem 19. September geeinigt, hieß es in Vilnius.

Bei so viel Bewegung darf natürlich auch Großbritannien nicht fehlen. Die neue Premierministerin Truss hat gleich ihren ersten Anruf mit einem ausländischen Staatschef genutzt, um Selenskyj die unverbrüchliche Treue zu schwören.

Und was machen die Deutschen? Sie wollen der Ukraine bei der Minenräumung helfen, wie Verteidigungsministerin Lambrecht in Ramstein sagte. Ob demnächst auch Kampfpanzer made in Germany geliefert werden, blieb zunächst offen.

Bleibt die Frage, ob die westliche Offensive ausreicht, um die Ukraine durch Herbst und Winter zu bringen. Bisher sieht es nicht danach aus – schließlich hat Kiew ja bereits klar gemacht, dass man für einen Sieg zehnmal so viele Waffen brauche.

„Verhandlungen hinter den Kulissen“

Zudem bröckelt die „Heimatfront“ – Außenministerin Baerbock hat vor „Kriegsmüdigkeit“ gewarnt. Doch egal, was ihre Wähler denken – die Grünen-Politikerin wird der Ukraine auf jeden Fall helfen, zur Not auch mit neuen Sanktionen.

Zugleich wehrt sie sich gegen Vorwürfe, Deutschland tue nicht genug, um den Krieg mit diplomatischen Mitteln zu beenden. Man verhandele hinter den Kulissen, sagte Baerbock im Deutschen Bundestag.

Die Vereinten Nationen seien in diesen Zeiten der einzige Schlüssel, der in Richtung Frieden bewegen könne. „Das ist Diplomatie, die wirkt.“ Auf die Ergebnisse darf man gespannt sein. Und auf den deutschen Beitrag auch…

Mehr zum Krieg in der Ukraine hier. Siehe auch den Update vom 12.09.

P. S. Nun meldet die Ukraine größere militärische Erfolge – wohl nicht zufällig am Tag der westlichen Offensive. Kiew will wohl zeigen, dass die Hilfe sich auszahlt…