Werben um Aserbaidschan – um jeden Preis?

Die EU hat Aserbaidschan für den Angriff in Berg-Karabach verurteilt. Allerdings fiel die Kritik vergleichsweise mild aus. Ob es daran liegt, dass deutsche und europäische Politiker bis zuletzt um Baku geworben haben?

Noch im März wurde Aserbaidschans Diktator Ilham Aliyev im deutschen Kanzleramt empfangen. Kanzler Scholz geriet regelrecht ins Schwärmen: „Aserbaidschan ist für Deutschland und die Europäische Union ein Partner von wachsender Bedeutung.“

Das Land habe „das Potenzial, einen wichtigen Beitrag zur Diversifizierung der deutschen und europäischen Energieversorgung zu leisten, wenn es um Öl und Gas geht“.

Scholz folgte damit der Linie seiner ehemaligen Ministerkollegin von der Leyen. Vor einem Jahr war die heutige EU-Chefin nach Baku geflogen und hatte Aliyev über den Klee gelobt. Die Website des Autokraten schmückt sich noch heute mit ihrem Foto.

Für von der Leyen ist Aliyev ein “verlässlicher Partner”. Er wird dringend gebraucht, um die seit dem Ukraine-Krieg unterbrochenen Lieferungen von Gas und Öl aus Russland zu ersetzen. Daher wird er hofiert und umgarnt – auch wenn es weh tut.

Besonders aktiv war dabei Ratspräsident Michel. Er versuchte, im Konflikt um Berg-Karabach zu vermitteln, hatte dabei aber keine glückliche Hand. Trotz diverser Reisen im Privatjet, den auch von der Leyen oft und gern nutzt, kam er mit leeren Händen zurück.

Doch statt den Druck auf Aserbaidschan zu erhöhen, sahen Michel und von der Leyen zu, wie die Schlinge um Berg-Karabach immer enger gezogen wurde. Eine monatelange Blockade, mit der Aliyev die umstrittene Region aushungern wollte, blieb unkommentiert.

Haben sie sich mitschuldig gemacht?

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Auch bei diversen Grenz-Zwischenfällen hielt Brüssel still, obwohl sogar EU-Beobachter verwickelt wurden. Das Werben um Aserbaidschan ging weiter – bis zuletzt. Auch das Appeasement mit der Türkei, die Aserbaidschan unterstützt, wurde fortgesetzt.

Das rächt sich nun. Die “geopolitische Kommission” hat auf das falsche Pferd gesetzt, Deutschland und die EU haben sich verrannt. Womöglich haben sie sich sogar mitschuldig gemacht. Man darf gespannt sein, ob die EUropäer nun Konsequenzen ziehen.

Das Mittel der Wahl wären wohl Sanktionen gegen die Gas- und Ölindustrie aus Aserbaidschan. In Russland hat sich das doch auch bewährt, oder?

P.S. Das Europaparlament ruft bereits nach Sanktionen. Die EU solle den Gasdeal überdenken, der von der Leyen vor einem Jahr ausgehandelt hatte. Außerdem werden Sanktionen gegen azerische Verantwortliche ins Spiel gebracht…