Ukraine-Krieg: Kommen doch noch Verhandlungen?
Der Papst hat die Ukraine aufgefordert, Verhandlungen mit Russland zu suchen, um das Morden zu beenden. Dafür wird er nun attackiert – dabei steht er nicht allein.
“Wenn man sieht, dass man besiegt wird, dass die Dinge nicht gut laufen, muss man den Mut haben, zu verhandeln”, sagte der Papst in einem Interview. “Schämt euch nicht, zu verhandeln, bevor es noch schlimmer wird”, fügte er hinzu.
Klingt nachvollziehbar – denn die Ukraine ist militärisch in der Defensive. Ohne einen Waffenstllstand könnte sie nicht noch mehr Menschenleben, sondern auch mehr Land verlieren, sogar Odessa wäre bedroht.
Die bisher verfolgte Taktik, erst zu verhandeln, wenn die Ukraine auf der Siegerstraße ist, hat sich nicht als zielführend erwiesen. Das ist allerdings die Taktik, die Kiew und der Westen weiter verfolgen.
Aus Kiew kommt denn auch ätzende Kritik. Sie hängt sich vor allem an einer Bemerkung des Papstes auf: Die Ukraine müsse den Mut haben, “die weiße Flagge zu hissen und zu verhandeln”, sagte er.
Dies war aber offenbar nicht so gemeint, wie es nun dargestellt wird. Der Papst habe nur eine Frage aufgegriffen und keineswegs eine „bedingungslose Kapitulation“ gefordert, so der Deutsch-Italiener F. De Masi.
Außerdem steht der Papst auch nicht allein. Der türkische Präsident Erdogan hat sich gerade erst als Gastgeber für Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine angeboten!
Man kann die Äußerungen daher auch so deuten, dass sich die Dinge hinter den Kulissen bewegen – und doch noch Verhandlungen denkbar wären. Bleibt die Frage, ob der Westen diesmal die Chance ergreift…
Es könnte, wenn man Frankreichs Präsident Macron und seinen Kriegsplänen zuhört, die letzte sein…
Siehe auch “Die fatale Logik der Kriegstreiber”
P.S. Wie Verhandlungen eingefädelt werden könnten, analysiert “Foreign Affairs”
Sie verstehen nicht mal mehr die christliche Denke. Was ist nur aus der CDU geworden?
— Eric B. (@LostinEU) March 9, 2024
Katla
11. März 2024 @ 16:23
Wer meint, dass der Papst nicht theologisch argumentiert, sollte sich mal dringend beim Heiligen Augustinus und bei Thomas von Aquin informieren, Stichwort gerechter/gerechtfertigter Krieg. Im Unterschied zu seinen lautesten Kritikern kennt der Papst wohl ganz gut die einschlägige theologische Literatur.
Thomas Damrau
11. März 2024 @ 14:52
Wer behauptet, der Aufruf des Papstes zu Verhandlungen sei nicht “theologisch” begründet, sollte doch mal wieder einen Blick in die Evangelien werfen: Da steht viel von linken und rechten Wangen, Nächstenliebe, etc. – und nichts von Rache.
Dass das Christentum sich mit Konstantin dem Großen auf einen Kuhhandel eingelassen hat ( https://de.wikipedia.org/wiki/In_hoc_signo_vinces ), hat der Una Sancta Catholica den Weg zur Staatskirche geebnet – war aber sicher nicht im Sinne des Erfinders …
Dass heute überall in der Welt Politiker einerseits das Kreuz schlagen und andererseits nach Macht und Reichtum auch mit Hilfe von Gewalt streben, ist die eigentliche Perversion des Glaubens.
Im Sinne des Erfinders ist es sehr wohl, wenn Franziskus zur Beendigung des Abschlachtens aufruft.
Arthur Dent
11. März 2024 @ 13:21
@Kleopatra
1. Im Gegensatz zu den deutschen Militärexperten (Carlo Masala, Christian Mölling) war ich noch bei der Bundeswehr – wenn auch bei der technischen Truppe.
2. So weit mir bekannt, haben wir keine unabhängigen (journalistischen) Beobachter vor Ort (wirkliche Kriegsberichterstatter an der Front). Über den Kriegsverlauf sind wir also auf Mutmaßungen angewiesen – und weder die Russen noch die Ukrainer haben ein Interesse daran, ihre Taktik und Strategie offenzulegen.
3. Nach dem Zweiten Weltkrieg hat kein anderes Land (einschließlich der Sowjetunion) so häufig, so eklatant und so souverän ignorant gegen das Völkerrecht verstoßen wie die Vereinigten Staaten.
Sie haben Libyen bombardiert (2x), den Libanon kanoniert, Grenada besetzt, über Vietnam, Laos und Kambodscha Bomben regnen lassen. Sie haben 2x Krieg geführt gegen Afghanistan (einen Stellvertreterkrieg, 1x selbst -War on Terror-). Sie sind in den Irak einmarschiert, die Massenvernichtungswaffen wurden bis heute nicht gefunden, und sie haben auch syrische Städte in Schutt und Asche gelegt.
Sie haben einen iranischen Airbus abgeschossen (aus Versehen?), Telefon, Post und Handys in Deutschland überwacht und unterhalten Militärbasen überall auf der Welt.
Sie pflegten gute Beziehungen zu Marcos auf den Philippinen und Duvalier auf Haiti, zu Rhee in Korea und Diemh in Vietnam, mit den Somozas in Nicaragua, mit Pinochet in Chile, mit Mobutu in Zaire und Salazar in Portugal…
Woran bemisst sich eigentlich ein habituell friedensunfähiges Land?
KK
12. März 2024 @ 01:19
Sie haben die ganzen von den US-Diensten angeleierten und unterstützten Regierungsumstürze vergessen (wie Mossadegh im Iran, Allende in Chile, die CIA-Aktivitäten in Nicaragua, oder auch der Maidan-Putsch 2014 in Kiew, CIA-unterstützte Söldner in Venezuela zum fehlgeschlagenen Sturz von Maduro – um nur einige zu nennen) – auch alles völkerrechtswidrige Einmischung in innere Angelegenheiten, teilweise verbunden mit politischen Morden (wie bei Allende).
Kleopatra
11. März 2024 @ 09:19
1) Der Papst argumentiert weder theologisch noch ethisch, sondern ausgehend von seiner Einschätzung der militärischen Situation. Davon versteht er natürlich nicht mehr und nicht weniger als jeder Kommentator in diesem Blog…
2) Das Argument, der Papst habe nicht die Kapitulation der Ukraine gefordert, ist Schwachsinn. Die Russen sagen klar genug, dass sie nicht weniger als die vollständige Unterwerfung akzeptieren wollen.
3) Wer immer solche Gedanken attraktiv findet, muss sich klar machen, dass mit diesem russischen Staat kein Frieden, allenfalls ein Kalter Krieg möglich ist.
Helmut Höft
11. März 2024 @ 12:22
@Kleopatra
“Davon versteht er [der Papst] natürlich nicht mehr und nicht weniger …” heißt was? Was meinst Du damit? Irgendetwas ähnlich wie “der Papst ist doof!”?
” Die Russen sagen klar genug, …” Die Ukrainer ebenfalls, sinngemäß: “Reden kommt erst nachdem wir gewonnen haben, wir sagen euch wo’s lang geht!” Kommt da irgendwer irgendwie weiter??
“… muss sich klar machen, dass mit diesem russischen Staat kein Frieden, allenfalls ein Kalter Krieg möglich ist.” Tzja, wenn man der Diplomatie grds. abschwört, wenn man/wir/der Wertewesten®, nicht will, wenn man eigene Interessen hochhängt und die Interessen der anderen Seite ignoriert/diffamiert. Und das ist klug? Oder was?
Skyjumper
11. März 2024 @ 14:24
@Kleopatra
Zu 1) Dass der Papst nicht theologisch argumentiert hat, dem möchte ich ja nicht widersprechen. Das seine Aussage nicht ethisch zu verstehen sei sehe ich dagegen ganz anders.
Und ja, natürlich spricht der Papst ausgehend von seiner persönlichen Einschätzung der Situation, wovon sollte er denn sonst ausgehen? Das tut jeder Mensch zu jeder Zeit. Lediglich die Informationsbasis unterscheidet sich teils drastisch. Ob dem Papst da – vielleicht – andere Informationsgrundlagen zur Meinungsbildung zur Verfügung stehen als uns, wissen wir nicht.
Zu 2) Schwachsinn ist es, etwas zu Schwachsinn zu erklären was eine ganz normale Herangehensweise an eine Verhandlung ist. Ebenso wie die Ukraine ihre Maximalforderungen im Rahmen einer Verhandlung (nicht einer Kapitulation) nicht bekommen wird, wird auch Russland seine Maximalforderungen im Rahmen von Verhandlungen (nicht einer Kapitulation) nicht durchsetzen können. Verhandeln tut man eben gerade um etwas strittiges. Wenn, und in den letzten Wochen sieht es nach den halbwegs soliden und öffentlich verfügbaren Informationen danach aus, die Ukraine gerade auf dem letzten Loch pfeift, dann ist es aber auch so, dass Russland auf dem vorletzten Loch pfeift. Die (Nicht-)Leistung der russischen Armee dürfte für die russische Staatsführung eine herbe Enttäuschung sein. Gar keine schlechte Voraussetzung für Verhandlungen und/oder einen Waffenstillstand.
Derzeitiger, öffentlich bekannter, Stand der Dinge ist: Russland würde verhandeln wollen, die Ukraine möchte es nicht. Punktsieg für Russland. Clever wäre es von der Ukraine diesen „schwarzen Peter“ zurück auf die russische Seite zu spielen.
Zu 3) Ein kalter Krieg ist besser als ein heisser. Ein eingefrorener Konflikt ist besser als ein eskalierender. Kalter Krieg oder eingefrorener Konflikt: Beides offeriert Zeit, Möglichkeiten und Chancen für Lösungen. Temporäre oder dauerhafte. Und zwar ohne das Soldaten und Zivilisten sterben oder verwundet werden. Wenn Sie natürlich nach dem Endsieg suchen taugt eine Verhandlungslösung nichts.
KK
11. März 2024 @ 04:02
Wie die Ukrainer es mit den Religionen so halten, wissen wir ja bereits.
Also entweder sitzt Gott jetzt bitterlich weinend vor dem Scherbenhaufen, den die Krone seiner Schöpfung gerade auf diesem Planeten zu hinterlassen droht – oder er ist ein Sadist und amüsiert sich göttlich.
Sein Sohn rotierte aber wohl in seinem Grab, läge er noch drin statt aufgefahren zu sein – ob des Umgangs mit dem eigentlich ganz vernünftigen Vorschlag seines Stellvertreters hienieden, der einfach nur die Bergpredigt beim Wort nimmt.
Peter Michael
11. März 2024 @ 10:39
Das kann man durch Faktencheck auch anders bewerten.
KK
11. März 2024 @ 12:44
Natürlich – ich bin nicht umsonst Atheist.
Aber abgesehen von einem sakralen Überwesen ist der Papst heutzutage nicht mehr und nicht weniger als eine moralische Instanz, besonders in Kriegszeiten. Das gilt für die Ukraine, und das gilt für Gaza!
Umso erschreckender, mit welcher Verve sich viele Politiker hierzulande gegen diese stellen – ganz besonders, wenn sie vorgeben, dem christlichen Weltbild verpflichtet zu sein, und sei es durch blosse Parteizugehörigkeit in einer als „christlich“ benannten Partei.
Skyjumper
10. März 2024 @ 19:48
Die CDU sollte endlich das belastende “C” aus ihren Namen streichen. Als “Demokratische Union” passt sie dann bestens zur “Demokratie” wie sie seit etwa 10 Jahren inhaltlich verstanden werden muss.
Dann kann sich Herr Kiesewetter, dieser (nicht konkurenzlose) Einpeitscher in goebbel’scher Funktion, auch weiterhin sicher sein in der richtigen Partei zu sein.
KK
11. März 2024 @ 03:50
Wieso? Capitalistic Demokratic Union passt doch ins transatlantische Bild von IM Blackrock!
Thomas Damraud
11. März 2024 @ 07:39
CDU = Club deutscher Unternehmer
Diese Interpretation gibt es angeblich sogar als Multiple-Choice-Option beim Einbürgerungstest. Es würde mich interessieren, wie viele Einbürgerungs-KandidatInnen auf Grund ihrer realen Erfahrung in Deutschland diese Option wählen.
Arthur Dent
10. März 2024 @ 19:29
“Sofakrieger” Oberst ade Krisewetter rüstet wohl schon zur nächsten Talkshow-Schlacht.
Thema: Ist FRIEDE SEI MIT EUCH noch zeitgemäß oder sollte der Papst exkommuniziert werden?
Politische Eliten sind hysterisch wie nie in Deutschland.
Karl
11. März 2024 @ 10:13
@ “sollte der Papst exkommuniziert werden?”
Den Papst braucht die Kirche EKD nicht zu exkommunizieren, denn Roderich Kiesewetter, der in seinem Leben nie etwas gelernt hat außer Berufs-Pickelhaube, gehörte in seinem oberschwäbischen Heimatort Pfullendorf zur evangelischen Minderheit. Vielleicht widerspricht er deshalb aus identitären Gründen dem Papst und setzt ihn mit Putin gleich?
Doch seine evangelische Kirche sollte Jesus und die Bibel exkommunizieren, denn auf dem letzten Kirchentag hat sie ihre Friedensbischöfin Margot Käßmann ausgeladen, stattdessen hielt der Generalinspekteur der Bundeswehr dort die Hauptrede – für Waffenlieferungen.
KK
11. März 2024 @ 12:47
EKD = Einsatz-Kommando Diesseits?
Godfried van Ommering
10. März 2024 @ 18:07
Diese Politiker – muß ich noch ihre Namen nennen? – wissen nicht was sie tun und sie wissen nicht was sie sagen. Aber nein, sie wissen es ganz genau, – es sind die transatlantischen Parolen, die, vom Denken und Wissen unberührt, wissentlich wiederholt werden um somit das Gewissen, wo es nur erklingen mag, zu überstimmen. Der arme Mann im Vatikan hat vernünftig gesprochen, ein christliches Wort, ein menschliches Wort, ein politisches Wort. Die deutschen Besserwisser wissen jetzt nicht wie sie ihren Gift über alle Kanälen los werden können. Es ist absurd. So absurd wie die Reden bei der Eröffnung des Holocaust-Museum in Amsterdam, heute, wo das „Nie wieder“ beschwört worden ist, u.a. vom Herrn Herzog, dem Präsidenten von Israel, während die ganze Welt heute, wie von Tag zu Tag, Zeuge ist des menschenvernichtenden, menschenverachtenden Schon-wieder in Gaza durch, wie entsetzlich!, Israel. Wir schauen zu, wir hören es, wir sind die Zeugen, wir gehen vorbei, pflegen die Parolen, – und merken nicht wie Grund und Boden der Zivilisation unter unseren Füßen zerbröckelt und abstürzt.