Mit der Ukraine auf die schiefe Ebene
Mit der Entscheidung, der Ukraine den EU-Kandidatenstatus zu gewähren, tritt die EU die Flucht nach vorn an, Richtung Osten und leider auch Richtung Krieg. Dabei brennt zuhause die Hütte. – Ein Kommentar.
Die EU schlittert gerade in ihre bisher schwerste Wirtschafts-, Finanz- und Energiekrise. Das größte EU-Land, Deutschland, ruft die Alarmstufe beim Gas aus und warnt vor jahrelanger Knappheit. Da gäbe es gewiß Dringenderes zu tun, als über die Aufnahme neuer Mitglieder zu sprechen. Die EU, im Kern immer noch eine Wirtschaftsunion, müsste ihre Hausaufgaben machen und alle Kraft auf den Kampf gegen die Krise verwenden.
Dazu gehört auch, die Russland-Sanktionen zu überdenken, die nun auf Europa zurückschlagen. Doch das ist in Brüssel ebenso tabu wie die Suche nach einer Verhandlungslösung im Krieg um die Ukraine.
Statt sich mit den drängendsten Problemen zu befassen, stürzen sich die 27 in ein neues Abenteuer – den Beitritt der Ukraine und Moldaus. Dabei erfüllen beide Länder nicht einmal die Minimalvoraussetzungen.
Sie sind weder stabil noch eigenständig. Die Ukraine ist vollständig auf äußere Hilfe angewiesen; niemand weiß, in welchen Grenzen das Land in die EU eintreten kann und welche “frozen conflicts” es mitbringt.
Auch die EU ist nicht auf neue Mitglieder vorbereitet. Sie hat nicht einmal den Brexit verdaut und zeigt sich unfähig, eigene Standards (Demokratie, Rechtsstaat) durchzusetzen. Schon mit 27 droht die Blockade.
Doch weil die Nato derzeit nicht bereit ist, die Ukraine aufzunehmen (aus den bekannten Gründen), muß nun die EU einspringen. Alles andere wäre ein “politischer Fehler” gewesen, sagt Frankreichs Präsident Macron.
Also entschloss man sich zur Flucht nach vorn – und schiebt die Union nun auf die schiefe Ebene. Während drinnen die Hütte brennt, bindet man sich draußen zwei Länder ans Bein, die enorm viel Sprengstoff mitbringen.
Eine gefährliche Entwicklung, die ausgerechnet das vermissen lässt, was man in Brüssel neuerdings so gern beansprucht: geopolitisches Denken. Echte Geopolitiker lassen sich nicht in einen Krieg ziehen, für den es keine erkennbare Lösung gibt.
Sie versuchen, ihn zu verhindern und die Folgen zu mindern. Es sei denn, es ist “ihr” Krieg…
Mehr zum Ukraine-Krieg hier
P. S. Es heißt oft, der Status für die Ukraine sei rein symbolisch. Dabei hat er – anders als bei “normalen” Kandidaten wie Albanien, die man hängen lässt – eine unmittelbar praktische Bedeutung: Es geht um irre viel Geld und militärischen Beistand, siehe hier
sanne
26. Juni 2022 @ 02:19
Operation Petticout läuft gerade über den mdr bis 2.10h das ist an Einfallsreichtum zur Überwindung einer Krise wohl humorvoll exemplarisch lösungsorientiert. Mit unserer demokratischen “Realilität” können wir auf Antworten nicht hoffen: wir bekommen bald als Weiterbildung Sockenstopfkurse über die VHS angeboten und dürfen uns zu dem Club der auserwählten Moralisierer im Blick auf die ganze Welt ohne Nato-eu-Trauma konzentrieren: was ist da schon eine ideologisch versaute documenta, auf welche man über den dt.-eu-Horizont blickt? Wir sind sauber, grün und fortschrittlich verblendet, denn Haltung ist alles, wenn es um den eigenen Gustus geht.
sanne
26. Juni 2022 @ 00:14
https://www.anderweltonline.com/klartext/klartext-20222/die-neuen-g-8-ueberfluegeln-die-alten-g-7/ ”
Erklärt sich auch selbst.
Herzlichen Dank für diesen Beitrag, der zur Einschätzung der Lage Aufklärung bietet. Erstaunlich war, ich fand die Rede Putins zur Eröffnung des Petersburger Dialoges nicht auf youtube…ich finde diese Rede bis heute nicht im Ganzen. Hat jemand einen Tipp? Es darf doch nicht sein, dass man uns mit den üblichen westl. heros per ngo oder ÖR über Propaganda – ausgewählten Nachrichten- informiert und gerade diese St.-Petersburg-Veranstaltung im internationalen Blick auf die Welt im Geschehen ausblendet: wir sind in russischer Propaganda besser, weil wir natürlich dienliche NGO’s finanzieren: aber Proteste auf unseren Strassen nur über überparteiliche Lichterketten und ggf. wenigen Streikveranstaltungen der genehmen Gewerkschaften geschehen lassen dürfen wollen. Sprich, der main-stream haucht uns täglich ein, für was wir uns empören dürfen.
Ich finde das übrigens sehr empörend. Die westliche Propaganda in Krieg- und Dauerkrise: das wäre mal ein Thema.
Kleopatra
27. Juni 2022 @ 08:45
Putin pflegt seine Reden sämtlich auf seiner offiziellen Website kremlin.ru zu veröffentlichen.
sanne
25. Juni 2022 @ 23:30
Es ist ein Grauen zu erleben, dass es so umsonst war, vor dem zu warnen, was jetzt Realität ist.
Armin Christ
24. Juni 2022 @ 09:53
Ds Wahnsinns fette Beute
Tja Parteikarriere unddamit politische Karriere machen nur die Ja-Sager und innen, die sich eigenständiges, gar logisches, Denken gar nicht erst angewöhnten. Damit brauchen wir uns nicht wundern, daß wir sowohl auf EU-ebene, als auch national von Politikern regiert werden, die anscheinend den Kopf nur haben damit sie das Stroh nicht in den Händen tragen müssen.
Burkhart Braunbehrens
24. Juni 2022 @ 09:27
Ich kann nicht mehr erkennen, für was für ein Europa dieser blog steht. Jedenfalls nicht für das, was ich mir vorstelle und das, was die Gründer der EU zumindest als Pathos vor sich her trugen.
ebo
24. Juni 2022 @ 11:07
Sagt Dir das Stichwort Friedensunion noch was?
Oder Montanunion? Da ging es darum, durch Zusammenlegung der Konzerne einen neuen Krieg in Europa zu verhindern.
Heute führen wir Krieg, indem wir die Zusammenarbeit mit Russland beenden und alle wirtschaftlichen Aktivitäten mit Sanktionen belegen.
Dabei liegt Russland in Europa, selbst heute noch…
european
23. Juni 2022 @ 21:35
Vielen Dank für diesen Kommentar.
450 Mio Einwohner in der EU und kein einziger Plan.
Holly01
24. Juni 2022 @ 07:27
Doch, es gibt natürlich Pläne, die gefallen uns nur nicht. Darum sehen wir die nicht so gerne.
Kerneuropa ist wirtschaftlich weitgehend abgewirtschaftet. Deutschland aus Ausrüster der weltweiten Industrie ist technologisch abgehangen. Da fehlen dutzende Kernkompetenzen. Mittelstand hui, Großindustrie in der Abwicklung.
Das letzte Kabinett Merkel hat sich ja intensiv mit Rohstoffbeschaffung und Rohstoffsicherung beschäftigt.
Da ist kein Geschäftsmodell zu finden.
Dazu kommt Polen. Das ist ja kein Geheimnis das Polen in die EU kam um seine alten Gebiete zurück zu bekommen.
Die EU hat das tapfer ignoriert und die USA haben das tapfer ausgenutzt.
Dazu kommt eine Kerngröße aus dem Geldwesen. Das sind Ansprüche gegenüber dem Geldwesen. Da gibt es mit den Kapitallebensversicherung in Deutschland ein massives Problem, das innert 10 Jahre nun schlagend wird.
Corona vorher und die Ukraine nun nachher löst die ganzen Probleme.
Das Mittel der Wahl ist Gewalt. So einfach ist das.
Ob die Rohstoffe, die Energieversorgung, das polnische Problem die Liederketten, die Arbeitslosigkeit in der EU (zusammen mit Rezession und Stagnation:
Was wir sehen ist der große Wurf aka Befreiungsschlag.
Leider haben wir den schon einmal gesehen. Darum kann man das Kind nicht gut benennen. Die Nazis hatten den selben großen Plan und wollten (wie die Franzosen vorher) auch das schicke Bärenfell im Osten aufteilen.
Nun wehrt sich der blöde Russe aber (wieder).
Es gibt nur kein “Zurück”. Die Brücken wurden alle für den “Neuanfang” sauber abgerissen.
Also MUSS in der Ukraine der Endsieg her und wenn das nicht klappt dann eben in Kaliningrad oder sonst wo, aber die hegemoniale Planung hat keinen Exit.
Hatten die Briten auch nicht beim ersten Weltkrieg. So sind die USA auf dem Kontinent als Ordnungsmacht angekommen, waren DER Kreditgeber Europas und haben sauber mit dem WK II IHRE Ordnung etabliert.
Hat ja auch 70 Jahre gehalten.
Das ist die friedliche Zeit, der wir nachtrauern.
War nicht billig dieser Frieden. Nicht für Europa, nicht für die Welt und nicht für die Natur, war uns aber egal, uns ging es ja gut……….
Aber doch, das Ganze verbindet eine tiefere Logik die wir aber aus guten Gründen nicht sehen möchten.
Holly01
24. Juni 2022 @ 08:02
” https://www.anderweltonline.com/klartext/klartext-20222/die-neuen-g-8-ueberfluegeln-die-alten-g-7/ ”
Erklärt sich auch selbst denke ich.
sanne
25. Juni 2022 @ 23:44
„Sagt Dir das Stichwort Friedensunion noch was?
Oder Montanunion? Da ging es darum, durch Zusammenlegung der Konzerne einen neuen Krieg in Europa zu verhindern.
Heute führen wir Krieg, indem wir die Zusammenarbeit mit Russland beenden und alle wirtschaftlichen Aktivitäten mit Sanktionen belegen.
Dabei liegt Russland in Europa, selbst heute noch…“
Das war der friedliche Status. Danach sind wir – wohl auch über den falsch eingeführten Euro – in die nächste Phase eingetreten…die der eu, welche so viele grottenschlechte Entscheidungen bei Aneignung von (demokratischer) Macht per nichts für sich traf. 16 Jahre Merkel – alternativlos – war die Abgabe dringender, wichtiger innenpolitischer Aufgaben per Verweigerung von Entscheidungen hier im Lande über die Abgabe an eu…welche damit nichts anfangen konnte. Wir leben in einem blackhole; einer eu, welche nicht kann, einer Bundesregierung, welche nicht will.
Es ist, und das ermattet so sehr, egal, was man wählt. Deshalb hab ich dieses Jahr in NRW nicht gewählt und werde – nachdem mir dieser Zirkus um Stimmen, welche nichts ausrichten – es auch nicht mehr tuen. Meine Stimme zählt nicht, wirkt nicht, hat keinen Einfluss auf den VErlauf, auf die Entwicklung der eu, Deutschland oder gar NRW