Steuern und Schulden: Ein Momentum made in USA

Jahrelang war die EU-Debatte über Steuern und Schulden festgefahren. Doch nun kommen neue Impulse aus den USA. Ergreifen die EUropäer die Chance zur Reform – oder lassen sie das Momentum ungenutzt verstreichen?

Die gute Nachricht kam aus den USA. Finanzministerin Janet Yellen forderte einen weltweiten Mindestsatz bei der Besteuerung von Unternehmen. Das war am 6. April 2021.

Nur zwei Tage später schlossen sich die G20-Finanzminister dem Vorstoß an. “Ich bin so zuversichtlich wie lange nicht mehr, dass wir dieses wichtige Vorhaben diesen Sommer zu einem Ergebnis führen”, erklärte Bundesfinanzminister Scholz. 

Betroffen wären nicht nur Amazon, Google & Co., sondern auch EU-Länder wie Irland, Luxemburg oder die Niederlande – die europäischen Steuerparadiese. Bisher haben sie sich Mindeststeuersätzen widersetzt.

Wird es nun anders sein – oder steht die EU wieder auf der Bremse? Diese Frage stellt sich nicht nur bei den Steuern, die wegen der Rekordschulden infolge der Coronakrise erhöht werden müssen.

Sie stellt sich auch bei den Schulden und den Defizitregeln, die die Eurozone regieren – und die ebenfalls wg. Corona vor einem Jahr ausgesetzt worden waren. “Isch over”, schrieben wir damals.

Frankreich und Italien drängen auf eine nachhaltige Reform. Eine Rückkehr zum alten, von Deutschland diktierten Stabilitätspakt sei nicht denkbar, heißt es in Paris und Rom.

Scholz hat auch dafür Verständnis. Doch Kanzlerin Merkel sträubt sich gegen den fälligen Bruch mit den Maastricht-Regeln. Deshalb droht (auch) hier ein Patt.

Um es zu verhindern, wäre jetzt eine breite Reform-Debatte nötig. Die EU müsste sich endlich eingestehen, dass die Coronakrise einen historischen Bruch bedeutet – und nicht nur eine vorübergehende Delle.

Wartesaal EUropa

Doch dazu ist man in Brüssel bisher nicht bereit. Man wartet lieber ab, wie sich die Debatte in Washington entwickelt – und wie die Bundestagswahl in Berlin ausgeht.

Während die USA unter Joe Biden handeln, gleicht EUropa einem riesigen Wartesaal. Noch nicht einmal das Konjunkturprogramm, genannt “Next Generation EU”, kommt voran.

Es steckt in der Brüsseler Bürokratie fest – und beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe…

Siehe auch “Coronakrise: Biden macht es besser” und “Europe has a lot to learn from Joe Biden’s audacity” (FT)