Griechenland: Es wird wieder ernst
Die Eurogruppe soll für die Stabilität der Eurozone sorgen. Doch weil sie sich wieder einmal über Griechenland, die Schuldenlast und den IWF zerstritten hat, löst dies nun negative Marktreaktionen aus.
Die Rendite der zehnjährigen griechischen Staatsanleihe stieg am Montag auf ein Zwölf-Wochen-Hoch, meldet Reuters. Die der Zwei-Jahres-Bonds erhöhte sich auf 8,236 Prozent, den höchsten Stand seit Ende Dezember.
Die Nachrichtenagentur bezieht sich auf Berichte, wonach Finanzminister Schäuble mittlerweile keine Hoffnung auf eine Einigung mit dem IWF mehr habe und deshalb aus dem Griechenland-Programm aussteigen wolle.
Genau das hatte ich in diesem Blog schon im vergangenen Herbst prophezeit. Natürlich ließ Schäuble sofort alles dementieren; er glaube weiter an eine Zusage des IWF. Alles wird gut, vor allem im Wahljahr…
Doch das ist Augenwischerei. Denn der Währungsfonds fordert weiter massive Schuldennachlässe, ansonsten sei die Finanzlage nicht tragbar. Schäuble will in dieser Frage jedoch nicht nachgeben.
Rückendeckung bekommt der deutsche Hardliner überraschend aus der EU-Kommission. Es sei kein Grund für eine “alarmistische Beurteilung der griechischen Schuldensituation” zu sehen, sagte eine Sprecherin.
Na gut. Aber Schäubles Schlingerkurs sollte schon Alarm in Brüssel auslösen. Oder wenigstens die neueste Manöver beim Euro-Rettungsfonds ESM: Der will nämlich plötzlich keine Hilfskredite mehr auszahlen, solange der IWF nicht an Bord ist.
Damit schnüren ESM-Chef Regling, ein Buddy von Schäuble, und der deutsche Finanzminister Griechenland den Hals zu. Es wird wieder ernst, wie 2015. Und genau wie damals ziehen Deutsche die Fäden…
Siehe auch “Das sprengt den Rahmen der Demokratie” und “Griechenland: Es geht wieder los”
bluecrystal7
31. Januar 2017 @ 22:56
Dazu auch ganz passend heute auf Griechenlandsolidaritäts-Seite:
„EU macht Druck. Krisenherd Griechenland – die Zeit drängt“
Veröffentlicht am 31. Januar 2017 von georgbrzoska
“Stephan Kaufmann 27.01.17, berliner-zeitung.de:
„Mit Brexit, Trump, Flüchtlings- und Türkeikrise hat die EU an vielen Fronten zu kämpfen. Gleichzeitig steht ihr ältester Krisenherd noch voll in Flammen: Griechenland.
Die Regierung in Athen macht per Sparprogramme die Bevölkerung immer ärmer, tut aber nicht genug, um die Gläubiger zufriedenzustellen. Auf ihrem Treffen diese Woche erhöhte die Eurogruppe den Druck auf Griechenland, endlich weitere Maßnahmen zu ergreifen, sonst fließt kein Geld mehr und es droht die Pleite. „Ich weiß nicht, was die griechische Regierung sich dabei denkt“, sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble, „dass sie bis jetzt nicht das getan hat, wozu sie sich so oft verpflichtet hat“, sagte er. Griechenland schuld? So einfach ist die Lage nicht.“
https://griechenlandsoli.com/2017/01/31/eu-macht-druck-krisenherd-griechenland-die-zeit-draengt/
F.D.
30. Januar 2017 @ 16:13
Schäuble fährt Europa vor die Wand. Vielleicht irgendeine Art von Rache an Kohl oder so. Oder eine Art von Vergangenheitsbewältigung nach schwäbischer Art: Die europäischen Nachbarn sollen in Schulden ersaufen, damit sie auch mal an was Schuld haben. Und dann sollen sie sich tüchtig schämen, und alle, die keine Schulden haben, sollen mit den Fingern auf sie zeigen. Und alle sollen es sehen, dass Deutschland diesmal alles richtig gemacht hat, schwarze Null-mäßig… Vordergründig alles ganz ökonomisch schwäbischehausfrauenmäßig sauber und juristisch top einwandfrei logisch argumentiert, tief im Innern von Herrn Dr. Schäublove brodelt aber irgendeine hochirrationale und hochgiftige Psycho-Suppe. Anders kann man das ja gar nicht mehr erklären.
Peter Nemschak
30. Januar 2017 @ 14:49
Schäuble war hinsichtlich des Verbleibs von Griechenland im Euro stets skeptisch. Nachdem die Märkte bezüglich Trumps Vorhaben und seines erratischen Regierungsstils skeptisch geworden sind, interpretieren sie alle Informationen in der Weise, dass ihr Skeptizismus bestätigt wird. Wären nicht deutsche Wahlen in Sicht, wäre Griechenland längst aus dem Euro gedrängt worden. Griechenland hätte wieder seine eigene Währung und die linkssozialistische Tsipras-Episode wäre Geschichte. Die für die anderen EU-Mitglieder daraus entstehenden Kosten wären durchaus absorbierbar. Griechenland leistet nach wie vor hinhaltenden Widerstand gegen die von den Gläubigern verlangten Reformen und muss sich endlich entscheiden, ob es seine währungspolitische Souveränität zurück haben oder sich den Regeln des Euro weiterhin unterwerfen will.
S.B.
30. Januar 2017 @ 15:47
@Peter Nemschak: “Nachdem die Märkte bezüglich Trumps Vorhaben und seines erratischen Regierungsstils skeptisch geworden sind, interpretieren sie alle Informationen in der Weise, dass ihr Skeptizismus bestätigt wird.”
Sie könnten Börsenkommentator bei “Börse im Ersten” werden. 😉 Da werden auch so lustige “wie es gerade passt”-Statements abgeben.
Trump macht genau das, was er gesagt hat. Nicht mehr und nicht weniger. Und deshalb sollen “die Märkte” jetzt skeptisch werden, wo sie nach der Wahl erstmal so richtig aufgedreht haben??? Das sind mir vielleicht welche, diese “Märkte”…
Ich bin schon auf Ihre Begründung ob des Verhaltens “der Märkte” gespannt, wenn es (wie zu erwarten) nach einer kurzen Verschnaufpause weiter nach oben geht.
Peter Nemschak
30. Januar 2017 @ 16:11
Die Märkte sind skeptisch geworden, ob Trump die von ihm versprochenen und den Märkten erwarteten Maßnahmen (Ausgaben- und Steuerpolitik) wird liefern können. Bisher sind sie davon ausgegangen, dass dies zumindest b.a.w. möglich ist. Dafür braucht Trump den Kongress, der keineswegs mit Trump überall konform geht und sich übergangen fühlt. In zwei Jahren sind Mid-term Wahlen, bei denen sich die Hälfte der Kongressmitglieder der Wiederwahl stellen muss. So wie sich Trump derzeit benimmt, werden etliche Abgeordnete sich von ihm distanzieren. Für Trump werden jene sein, die sich für ihre Wiederwahl davon etwas versprechen. In einer Präsidialdemokratie ist die Parteidisziplin wesentlich geringer als in einer parlamentarischen Demokratie.
S.B.
30. Januar 2017 @ 16:38
“In einer Präsidialdemokratie ist die Parteidisziplin wesentlich geringer als in einer parlamentarischen Demokratie.”
Das ist unbestritten. Nicht nur, dass das Bundesverfassungsgericht den Fraktionszwang für verfassungsgemäß ansieht und damit den einzelnen Abgeordneten schon erheblich entrechtet. Auch im Übrigen werden die Abgeordneten von ihrer Partei- bzw. Fraktionsführung inzwischen soweit gemaßregelt und gegängelt, dass der Bundestag zu einer DDR-Volkskammer 2.0 verkommen ist. Der Begriff Partei”disziplin” ist insofern “leicht verharmlosend”. Noch hinzu kommt der Umstand, dass der ganz wesentliche Teil der Gesetzgebung mittlerweile aus Brüssel kommt und vom Bundestag nur noch abgenickt wird. Der Bundestag hat seine demokratische Bedeutung damit im Wesentlichen verloren. Aber so ist es im Sinne der One-World-no-Nation-Order, der sich Merkel & Co. verpflichtet fühlen, ja auch gewollt.