Neues vom System von der Leyen, Kickl ante portas & Selenskyj hofiert Trump

Die Watchlist EUropa vom 07. Januar 2025 – Heute mit News und Analysen zum Homeoffice der Kommissionspräsidentin in Hannover, vom Rechtsruck in Wien und von einer Kehrtwende in Kiew

Die EU hat zu Jahresbeginn eine heimliche neue Hauptstadt bekommen: Hannover. Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, leite die Arbeit der EU-Behörde von ihrer niedersächsischen Heimat in Hannover aus, erklärte ihre Chefsprecherin in Brüssel. Da von der Leyen wegen einer Lungenentzündung ans Bett gefesselt sei, habe sie sich für diese ungewöhnliche Führungsmethode entschieden.

Die deutsche CDU-Politikerin kümmere sich im Homeoffice aber nicht nur um ihre 26 Kommissarinnen und Kommissare, hieß es.

Sie habe es sich auch nicht nehmen lassen, persönlich mit Italiens postfaschistischer Regierungschefin Giorgia Meloni zu telefonieren, bevor diese am vergangenen Wochenende zu einer Privataudienz zum künftigen US-Präsidenten Donald Trump in die USA geflogen war.

Wofür gibt es Vizepräsidenten?

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Auch sonst habe von der Leyen alles fest im Griff. Die sechs „exekutiven“ Vizepräsidenten müssten nicht für von der Leyen einspringen, betonte ihre Sprecherin. Oder dürfen sie nicht?

Schon bei der Aufstellung der neuen EU-Behörde im vergangenen Herbst war im Europaparlament die Kritik laut geworden, dass die Kommission von Kopf bis Fuß auf von der Leyen und ihren mächtigen Kabinettschef Björn Seibert zugeschnitten sei.

Die Ressorts seien bewußt so ausgelegt worden, dass sie sich überschneiden und die Chefin das letzte Wort behalte.

“Berater” wie bei der Mafia

Zuletzt hatte die scheidende EU-Bürgerbeauftragte Emily O‘Reilly sogar noch einen drauf gelegt. Die Brüsseler Behörde werde von ungewählten Beamten und „mächtigen Consigliere“ in von der Leyens Kabinett beherrscht, kritisierte die Irin vor ihrem Abschied aus Brüssel.

Mit „Consigliere“ können sowohl normale Berater wie auch Mafioso gemeint sein. Mit den Strippenziehern in der EU-Kommission sei sie nie warm geworden, betonte O‘Reilly.

Kein Wunder. Mit diesem System kann man einfach nicht warm werden – es ist undemokratisch und intransparent. Intransparent ist übrigens auch, wie von der Leyen mit der Justiz umgeht.

Sie hat es nicht nur abgelehnt, zu den laufenden Ermittlungen gegen ihren früheren Justizkommissar Didier Reynders Stellung zu nehmen. Am Montag hat sie auch einen Gerichtstermin in eigener Sache (zum “Pfizergate”) geschwänzt. Ihr “Glück:” sie war krank…

Siehe auch “Ursulas Sprechpuppen kommen”

News & Updates

  • Kickl ante portas: In Österreich könnte die rechte FPÖ erstmals eine Regierung führen. Bundespräsident Van der Bellen hat FPÖ-Chef Kickl beauftragt, Koalitionsgespräche mit der konservativen ÖVP aufzunehmen. Zuvor waren Koalitionsverhandlungen zwischen der ÖVP und der sozialdemokratischen SPÖ ebenso gescheitert wie Dreier-Gespräche mit den liberalen Neos.  – Dass die FPÖ gefragt wird, ist ein Tabubruch – bisher wurden die Rechten auch in Österreich ausgegrenzt. Nach demokratischen Spielregeln hätten sie allerdings zuerst gefragt werden müssen, denn die FPÖ hat nunmal die Wahl gewonnen...
  • Macron schimpft auf Musk. Frankreichs Wahlverlierer Macron kritisiert die Äußerungen von X-Chef Musk im deutschen Wahlkampf. “Wer hätte das geglaubt, wenn man uns vor zehn Jahren gesagt hätte, dass der Besitzer eines der größten sozialen Netzwerke eine neue reaktionäre Internationale unterstützen und sich direkt in Wahlen einmischen würde, sogar in Deutschland?”Mehr hier (“Brüssel sieht noch kein Problem”) und hier (“Musk mischt sich ein”
  • Meloni dealt mit Musk. Des einen Leid, des andern Freud: Italiens rechte Regierungschefin Meloni sucht offenbar einen Deal mit Musk. Italien plane einen 1,5-Milliarden-Euro-Geschäft mit SpaceX, meldet der “Spiegel”. Die EU-Kommission will davon allerdings nichts wissen. Sie teilte mit, dass Meloni vor ihrer Reise in die USA mit Behördenchefin von der Leyen telefoniert habe (wie oben beschrieben). Ist also alles abgesprochen?

Das Letzte

Selenskyj hofiert Trump. Zwei Wochen vor dem Machtwechsel in Washington ist auch der ukrainische Staatschef Selenskyj ins Trump-Lager übergelaufen. In einem Interview pries er den umstrittenen Republikaner als “stark”, “innerlich jung” und als einen, dessen “Hirn arbeitet”. – Wenn das mal keine Anspielung auf den greisen Amtsinhaber Biden war! Noch vor dessen Abgang huldigt Selenskyj nun dem Nachfolger; ein Team zur Vorbereitung von möglichen Friedensverhandlungen hat er schon nach Washington geschickt. Aus Brüssel hören wir dagegen immer noch nichts – hier glaubt man weiter an Biden und den “Sieg” der Ukraine, den ein gewisser Selenskyj versprochen hat…

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