Neue, unrealistische Klimaziele
Wer bietet mehr? Kurz nach der Abschaffung des Verbrennungs-Motors hat die EU auch noch die Ziele für erneuerbare Energien hochgeschraubt. Selbst Deutschland ist meilenweit von den neuen Vorgaben entfernt.
Die Einigung erfolgte im so genannten Trilog – in einer Nacht- und Nebelsitzung hinter verschlossenen Türen. Demnach müssen bis 2030 mindestens 42,5 Prozent der in der EU verbrauchten Energie aus erneuerbaren Quellen wie Wind-, Solar- oder Wasserkraft kommen.
Als freiwilliges Ziel wird sogar angestrebt, 45 Prozent zu erreichen. Bisher lag das Ziel für erneuerbare Energien bis 2030 nur bei 32 Prozent. Nach Angaben des Umweltbundesamtes lag der Anteil der erneuerbaren Energien in Deutschland im vergangenen Jahr bei 20,4 Prozent.
Allein in Deutschland fehlt also noch mehr als die Hälfte des Wegs. In den meisten EU-Ländern sieht es kaum besser aus. Vor diesem Hintergrund erscheinen die neuen Klimaziele als reichlich unrealistisch. Sinn machen sie nur, wenn man auch aufzeigt, wie sie erreicht werden!
Doch entsprechende Strategien fehlen, genau wie bei der E-Mobilität, die den Verbrenner ablösen soll. Die EU macht sich zwar Gedanken über Ladesäulen – sagt aber nicht, wo der Strom herkommen soll! Und was machen wir mit all den Erneuerbaren ohne Stromspeicher?
Siehe auch Die EU verbietet den Verbrenner – ausser bei Porsche und So wird das nichts mit dem Klimaschutz
P.S. Während Bürger und Unternehmen auf immer höhere Klimaziele verpflichtet werden, können SUV-Fahrer und Privatflieger ihre umweltschädlichen Aktivitäten ungehemmt ausleben. Laut Greenpeace gibt es immer mehr Flüge mit Privatflugzeugen in Europa…
P.P.S. Und so sieht Sven Giegold, rechte Hand von Wirtschaftsminister Habeck, die Einigung – als großen Erfolg: Die Beschlüsse zur EU-Richtlinie für erneuerbare Energien sind ein Durchbruch für Europa. Das Tempo des Ausbaus der Erneuerbaren wird europaweit verdoppelt. Die Ziele des Koalitionsvertrags für die Erneuerbaren werden damit rechtsverbindlich – und zwar nicht nur für Deutschland sondern für alle Mitgliedsstaaten. Wir machen Tempo bei der Energiewende und um schneller unabhängig von russischem Gas zu werden. Erst 2018 wurde die Erneuerbaren-Energien-Richtlinie während der Großen Koalition in Deutschland reformiert. Das Hauptziel für den Erneuerbaren-Ausbau wurde auf 32,5% am gesamten Energieverbrauch europaweit in 2030 angehoben. Heute haben wir lediglich rund 20% erreicht. Ursprünglich hatte die EU-Kommission nach den Klimaprotesten und der Europawahl 2019 im Rahmen des Green Deals 40% vorgeschlagen. Nach dem Angriff auf die Ukraine erhöhte die EU-Kommission ihren Vorschlag auf 45%. – Mir erschließt sich immer noch nicht, was die Erneuerbaren-Ziele mit dem Angriff auf die Ukraine zu tun haben. Und wie sie unter somit erschwerten Bedingungen erreicht werden sollen, auch nicht…
Kleopatra
18. April 2023 @ 08:37
Dieselben Leute, die rechtsverbindliche Klimaziele fordern, um dann politische Maßnahmen durch Gerichtsurteile zu erzwingen, lassen sich merkwürdigerweise selbst nicht durch Urteile (etwa Strafen für „Kleber“) beeindrucken.
Frank
31. März 2023 @ 09:41
Auch das Weltwirtschaftsforum in Davos und/oder Blackstone formulieren Klimaziele – und welches Interesse verfolgen sie damit?
Die Berichterstattung darf nicht unsachlich werden, sondern muss fest auf ihrer eigenen Basis stehen: 1. Die Ziele müssen entsprechend dem Klimawandel formuliert werden: Wir achten die Wissenschaft und die Meinungsfreiheit, um die Wahrheit zu veröffentlichen. – 2. Zwei verschiedene Prozentzahlen sind für Erneuerbare auseinanderzuhalten: Anteil an der Stromerzeugung oder Anteil an der Primärenergie (z. B. bei Claudia Kemfert nachzulesen). –
Auf dieser sachlichen Grundlage ist dann zu fragen, ob der Kapitalismus und die real existierende EU solche Minderungsziele angemessen formulieren können und welches Ziel sie dabei verfolgen: Das Wachstum und auch den hochsubventionierten Individualblechverkehr mindernd – in unser aller Interesse! Da gibt es Interessenunterschiede, die zu benennen sind.
Arthur Dent
31. März 2023 @ 00:13
@KK
„Sie gehen offenbar von Unverständnis aka Dummheit der Entscheidungsträger aus; ich bin eher der Ansicht, dass da Kalkül und (böse) Absicht hintersteckt.“ – Im Grunde teile ich diese Ansicht auch, bin aber eigentlich immer noch über die Plumpheit überrascht, dass „sie einfach Ziele formulieren, ohne den geringsten Schimmer, wie diese erreicht werden könnten.“ Laut Pariser Klimaabkommen müssen weltweit 38 Gigatonnen CO2 eingespart werden. Davon liegen etwa 4 Tonnen in der Verantwortung der EU, schöngerechnet vielleicht 6. Verbleiben noch 32 Gigatonnen bis zur Klimaneutralität. Der Rest der Welt will ja denselben Wohlstand wie wir, sie brauchen also einen wirtschaftlichen Anreiz um mitzumachen. Und da helfen ihnen die Industrieländer – wir erschaffen die Technik zu für jedermann erschwinglichen Preisen, dass auch die Schwellenländer nach ihren Kräften den Klimawandel bekämpfen. Wer im globalen Süden soll jetzt noch das Märchen glauben, wenn die Industrieländer ihre eigene Bevölkerung für spinnerte Ideologien und unhaltbare Wolkenkuckucksheime über die „Wupper gehen lässt“? Klimaschutz und Klimaneutralität waren doch eigentlich die Garanten der Prosperität und des Wohlstandes für alle. Und jetzt bedeutet Klimaschutz: Wohlstand für fast niemanden – bittere Armut für alle! In der heutigen Runde bei Maischberger kam kein einziger Satz ohne das Wörtchen „Klima“ aus. Politiker sind heute eine Ansammlung von Gruselclowns und Vogelscheuchen.
KK
30. März 2023 @ 22:38
@ umbhaki:
„Diese Politikergeneration hat sich weiter von der Realität und den Bedürfnissen der Bevölkerung entfernt als jede andere vor ihr – und das will wahrhaftig was heißen!“
Das liegt wohl daran, dass sie inzwischen sehr sicher sind, dass ihnen der Wähler/Pöbel nicht mehr gefährlich werden kann. Inzwischen gibt es Firmen (zB in Israel), die für ein paar Millionen Dollar die öffentliche Meinung derart manipulieren, dass Wahlen nur noch Formsache sind. Zumal man ja auch wählen kann, was man will, „Politik“ machen nach den Wahlen alle Parteien dann im Grunde dieselbe, völlig losgelöst von dem, was vorher angekündigt wurde.
Das Paradebeispiel, was ich immer gerne anführe, ist der deutsche Mehrwertsteuersprung von 16 auf 19% durch die grosse Koalition: Vor der Wahl wollte die CDU 2% Erhöhung, die SPD gar keine – bekommen haben wir dann als „Schnittmenge“ der beiden Wünsche – 3%!
Mehr Verachtung des Wählers geht doch eigentlich nur noch, indem man vor der Wahl verspricht, in Krisen- und Kriegsgebiete keine Waffen liefern und sich für Julian Assange einzusetzen zu wollen, und dann nach der Wahl im ersten Fall das Gegenteil dessen und im zweiten gar nichts zu tun!
WBD
31. März 2023 @ 09:09
Zum Thema ‚Manipulation der Wähler‘ möchte ich gerne anmerken, daß es bei uns doch auch ohne Spezialfirmen aus (zB) Israel (oä) geht – wir haben eine Medienlandschaft, die schreiben und sagen kann, was sie will: es wird nahezu alles geglaubt! Das sind die ostdeutschen etwas pfiffiger, denn sie haben in den DDR-Jahren gelernt, zwischen den Zeilen zu lesen, und vorsichtiger mit dem ‚glauben‘ zu sein. Im Westen haben Meldungen der ‚Tagesschau‘ leider immer noch den Status einer unumstösslichen Wahrheit!
Hätte es von Anfang an (2008?) eine objektive Nachrichtenkultur aus der Ukraine (zB) gegeben, wir hätten heute nicht diese ‚alternativlose‘ uneingeschränkte Unterstützung von alldem, was da grade abgeht!
umbhaki
30. März 2023 @ 22:12
Sie formulieren einfach Ziele ohne den geringsten Schimmer, wie diese erreicht werden könnten.
Bei kleinen Kindern würde ich das als verständliches und auch natürliches Verhalten ansehen. Aber unsere Politiker in Deutschland und der EU sind doch einigermaßen erwachsen, oder?
Bei denen ist das Phänomen ein anderes als bei Kindern: Die Politiker halten sich inzwischen für gottgleich.
Beim lieben Gott hat das ja funktioniert: „Der Herr sprach »Es werde Licht!« und es ward Licht“.
Der Habeck Robert und seine Freunde glauben nun, bei ihnen würde das auch funktionieren: „Der Robert spricht »Es werde 45 % bis 2030« und schon werden es 45 % bis 2030“. Glaubt er, der alten Frau Habeck ihr Robert.
Sie haben überhaupt keine Vorstellung mehr davon, was ihr Tun und Lassen so anrichtet. Es interessiert sie auch nicht mehr. Sie deklamieren nur noch und halten sich für Götter.
Diese Politikergeneration hat sich weiter von der Realität und den Bedürfnissen der Bevölkerung entfernt als jede andere vor ihr – und das will wahrhaftig was heißen!
Thomas Damrau
30. März 2023 @ 20:16
Ich kenne das aus meinem Berufsleben: Das Management verkündet „Our company decided to become number one.“ Und die Angestellten antworteten „I am enthused about this decision.“
Alle applaudieren. Erster sind wir nie geworden.
So ist das halt im Leben: Wenn es auf dem Papier steht und alle genickt haben, gilt das Problem als gelöst. Alle klopfen sich gegenseitig auf die Schultern, feiern, malen sich eine tolle Zukunft aus – und dann geht es weiter wie zuvor. Aber immerhin hat man mal kurz Utopie geübt.
Hekla
30. März 2023 @ 19:04
Eine schnöde Zahl, um nur wenigstens eine Dimension der Klimabemühungen deutlicher herauszustellen: der Anteil Deutschlands an den weltweiten CO2-Emissionen beträgt ziemlich stabil 2%, in Worten: zwei Prozent.
Bei der Gesamt-EU kann man schon von 9,5% ausgehen.
Selbst wenn in Deutschland das Ausatmen verboten werden sollte, ist mir schleierhaft, wie der Globus am deutschen Wesen genesen soll. Selbst am EU-Wesen allein erscheint mir eine Genesung unwahrscheinlich. Dafür werden Staaten, Kommunen, Städte, usw. und Bürger zu ungeheurlichen Anstrengungen und Opfern gezwungen, die ihnen nicht nur den erarbeiteten Wohlstand, sondern auch jegliche Lebensfreude rauben. So ein immenser Input für so wenig Output? Setzen wir da nicht an den falschen Stellen an? Die wirklichen Klimasorgenkinder des Globus sitzen ganz woanders, die Probleme werden dadurch, dass wir zwar mit gutem Beispiel, aber kaum wahrnehmbaren Ergebnis vorangehen, nicht mal ansatzweise gelöst.
ebo
30. März 2023 @ 19:07
Die gute Nachricht ist doch, dass nun die gesamte EU dem deutschen Beispiel folgt (sagt Giegold). Also scheitert Deutschland nicht mehr allein 😉
european
31. März 2023 @ 06:57
Das gute Deutschland ist nur für 2% der weltweiten Emissionen verantwortlich, während das böse China für ca. 30% verantwortlich ist. Nun ist aber das böse China die verlängerte Werkbank der Deutschen. Was also nicht in Deutschland in die Luft geblasen wird, wird durch unsere Produktion in China in die Luft geblasen. 😉
Vielleicht sollten wir einfach akzeptieren, dass es kein Recht auf Planetenvermüllung gibt. Egal, wo produziert wird.
KK
30. März 2023 @ 16:36
@ Arthur Dent:
Sie gehen offenbar von Unverständnis aka Dummheit der Entscheidungsträger aus; ich bin eher der Ansicht, dass da Kalkül und (böse) Absicht hintersteckt. So dumm können so viele auf einem Haufen – abseits von Einrichtungen für geistig Zurückgebliebene – nämlich gar nicht sein.
Arthur Dent
30. März 2023 @ 16:12
Das zeigt nur, dass die EU vom Klimawandel als auch vom Klimaschutz nichts begriffen hat, aber auch rein gar nichts. Deren Verständnis ist völlig unterkomplex. Auch von Politik haben sie nichts verstanden, wenn Politik als Kunst des Ausgleichs verschiedener gesellschaftlicher Interessen verstanden wird. Dieser Ausgleich wird sabotiert, wenn die eigen Position als alternativlos dargestellt, als absolut gesetzt wird. Die EU unterscheidet sich in nichts von Nordkorea.
Stef
30. März 2023 @ 15:51
Dabei geht es doch gar nicht um Klimaschutz. Diese Ziele und die dazugehörigen Maßnahmen verfolgen nicht mehr den Zweck, die klimaschädlichen Emissionen nachhaltig zu senken. Das ist auf diese Weise nicht möglich und das muss den Akteuren bewusst sein. Also stellt sich die Frage, welchen Zweck diese Maßnahmen denn sonst haben?
Meine Erklärung ist, dass es im Kern um die sukzessive Verteuerung von Energie (und in der Folge von allen anderen lebensnotwenigen Gütern und Leistungen) geht. Dieses dient mindestens zwei Zwecken:
Kommerziell profitieren dadurch die Großhändler auf dem Energiemarkt und die Zocker auf den Finanzmärkten. Dies ist Ausdruck des modernen Kapitalismus, in dem die Politik mangels echtem Wachstums den 1 % immer erneut Zugang zum Portemonnaie der breiten Massen öffnen muss. Ob über Bail-Out, Doppelwumms, Impfstoffbestellungen oder Zeitenwende, der Phantasie sind bei der Umsetzung keine Grenzen gesetzt. Da ist jede Branche mal an der Reihe, solange sie beim WEF vernetzt und privat-großkapitalistisch organisiert ist. Kleine, mittlere oder gar staatliche und kommmunale Unternehmen bleiben natürlich außen vor, da profitieren die Falschen.
Ideologisch helfen hohe Energiepreise insbesondere den Grünen, deren politische Logik auf Disruption durch prohibitive Energiepreise setzt. Von daher passen Privatjets und schwere SUVs durchaus in Grüne Zielvorstellungen. Aber Arbeitnehmerrechte, sozialer Ausgleich und demokratische Entscheidungen eher nicht. Die Grünen stellen damit den aktuellen politischen Premiumpartner für das Großkapital dar. Sie sind (noch) jung und schick, konzentrieren sich auf kapitaldienliche Themen und sie verhindern damit Umverteilung.
Das tragische ist, dass viele Mitbürger noch glauben, den Folgen des energiepolitischen grünen Wahnsinns mit Lastenfahrrädern und PV-Anlagen entgehen zu können. Irgendwann fallen alle Guthaben und Werte dem Hunger des Großkapitals zum Opfer. Jedenfalls solange wir dem keinen Einhalt gebieten. Nur: Was uns blüht, wenn wir uns wagen dagegen zu wehren, kann man aktuell in Frankreich besichtigen.
Und zu guter letzt wird zu einem späteren Zeitpunkt offenbar, was schon heute absehbar ist: All dies hatte nie eine Aussicht auf einen klimafreundlichen Effekt. Spätestens dann werden auch die Grünen dieser Welt vom Großkapital wieder ausgespuckt, sie haben ihre Funktion erfüllt und sind erwartungsgemäß gescheitert. Warum soll es den Grünen da besser gehen, als den anderen „demokratischen“ politischen Parteien? Die haben das doch auch alle durch.
ebo
30. März 2023 @ 15:55
Da muss man nicht groß spekulieren. Die Ziele werden am grünen Tisch festgelegt. Wer am meisten fordert, ist der „Gute“, wer bremst ist nicht „fit for 55 “ – noch so ein aus der Luft gegriffenes Ziel. Angeheizt wird das noch von der Abkehr von fossilen Energien aus Russland. Jeder Prozentpunkt mehr gilt als Harke für Putin – selbst wenn man mehr schmutziges Frackinggas importiert und seinen Strom mit Kohle produziert…
KK
30. März 2023 @ 14:02
„Die EU macht sich zwar Gedanken über Ladesäulen – sagt aber nicht, wo der Strom herkommen soll!“
Aus der Steckdose natürlich, wo der Strom immer herkommt.
„Und was machen wir mit all den Erneuerbaren ohne Stromspeicher?“
Wir werden einfach alle per EU-Verordnung zum Winterschlaf verpflichtet.
„können SUV-Fahrer und Privatflieger ihre umweltschädlichen Aktivitäten ungehemmt ausleben“
Die Luxusyachten nicht zu vergessen, deren 300 grössten der Welt alleine jährlich wohl mehr Klimagase als die 10 Millionen Einwohner Burundis in die Luft blasen… Wenn man Jeff Bezos und seinen Kumpels ihre Spielzeuge wegnehmen würde, wäre schon viel erreicht.
Kleiner Lektüre-Tipp – die Rezensionen allein sind schon lesenwert:
https://www.nachdenkseiten.de/?p=94395
https://www.nachdenkseiten.de/?p=94616