Ein neues Narrativ!?
Wozu brauchen wir heute noch die EU? Vor dem Hintergrund der Eurokrise suchen die EU-Chefs händeringend nach einer Antwort. Ein neues “Narrativ” müsse her, doch niemand könne eines liefern, heißt es in Brüssel. Dabei liegt die Lösung so nahe – wenn man nur will.
Wer sich in diesen Tagen mit Mitarbeitern von Ratspräsident Van Rompuy unterhält, stößt auf viel Nachdenklichkeit. Die europäische Einigung sei heute keine Selbstverständlichkeit mehr, räumen sie ein.
Nach den Briten fordern nun auch die Niederländer, das im EU-Vertrag verankerte Ziel einer “immer engeren Union” aufzugeben und der EU Grenzen zu setzen. “Mehr Europa” ist out, “weniger Europa” heißt der neue Schlachtruf.
Um den Trend zu wenden, reiche es nicht mehr aus, die friedensstiftende Rolle der EU zu beschwören, geben sich Van Rompuys Leute selbstkritisch. Spätestens seit der Verleihung des Friedensnobelpreises an die EU sei es damit vorbei.
Stimmt – das war sogar in diesem Blog zu lesen (“Frieden war gestern”). Doch eine neue Daseinsbegründung, ein neues “Narrativ”, wie es im Brüsseler Jargon heißt, haben die EU-Granden noch nicht gefunden.
Man suche schon lange danach, habe aber leider keine zündende Idee, sagte ein Mitarbeiter Van Rompuys. Dabei müssten die EU-Vordenker gar nicht lange suchen – die neue Raison d’être liegt fertig vor der Tür.
Es ist der Ausgang aus der selbst gewollten Unmündigkeit gegenüber den USA, es ist die europäische Unabhängigkeitserklärung von CIA, NSA & Co., die sich die Bürger sehnlich wünschen.
Man müsste ja nicht gleich Big Brother bestrafen, wie ich in diesem Blog gefordert habe. Es würde schon genügen, sich von dem unheimlichen Freund zu distanzieren, um seine eigenen Wege zu gehen.
Gerade Van Rompuy wäre dazu berufen – schließlich wurde sein Amtssitz im Brüsseler Ratsgebäude gezielt ausspioniert. Der Belgier müsste nur laut “Schluss jetzt” rufen.
Stattdessen schweigt er beredt. Keine einzige Erklärung zum NSA-Skandal kam aus seinen Büros. Hat er etwa Angst vor der Unabhängigkeit, wie es S. L. Eichner in seinem Gastbeitrag formulierte?
Ich fürchte, es ist viel schlimmer. Die EU-Granden wollen überhaupt keine Selbstbestimmung, sie wollen keinen Ausgang aus der selbst verschuldeten Unmündigkeit.
Sie wollen das genaue Gegenteil: eine noch engere, allumfassende Bindung an den Big Brother USA. Denn nur die Amerikaner, so ihr Kalkül, könne ihnen Sicherheit gewähren.
Deshalb das hartnäckige Schweigen zum NSA-Skandal, deshalb die Eile beim geplanten Freihandelsabkommen, das als “Wirtschafts-Nato” Schutz vor imaginären Feinden bieten soll!
Deshalb auch der hartnäckige Widerstand gegen jede Aufklärung – und zwar im doppelten Sinne: gegen die simple Aufklärung des Prism-Skandals, und gegen eine philosophische Aufklärung über die Weltlage.
Dabei hätte Europa eine zweite Aufklärung nötiger denn je. Schließlich haben wir nicht nur ein Problem mit den USA, sondern auch mit unserer Abhängigkeit von Banken und Märkten – Finanz- und Eurokrise haben dies hinlänglich bewiesen.
Fehlen nur noch mutige Aufklärer, die uns eine andere, bessere Geschichte von Europa erzählen. Mit Van Rompuy & Co. wird dieses “Narrativ” allerdings nicht möglich sein…
Gast
31. Oktober 2013 @ 12:46
Auf deutsch heisst “Narrativ” nichts anderes als MÄRCHEN. Konkrete Verbesserungen aus der EU-Zentrale gibt es nämlich bei genauerem Hinsehen zeit ihres Bestehens nicht.
GS
28. Juli 2013 @ 16:06
Als wären “gerade die Deutschen” in einem “unabhängigen” Europa frei.
Andres Müller
26. Juli 2013 @ 20:31
Ein Europa das auf ständig neuen lobbyistischen Vereinbarungen der elitären Finanzaristokratie beruht, brauchen wir nicht.
Ein Europa das seine Bürger belügt und ausspionieren lässt brauchen wir auch nicht.
Wir benötigen ferner auch keine freundschaftliche Beziehung zu einem Land das notorisch gegen die Menschenrechte verstösst und in dem Aktien nur gerade durchschnittlich 20 Sekunden gehalten werden -somit der Sinn des Finanzsystemes vollkommen in eine Spielhölle verwandelt hat,
Weiter benötigen wir auch kein Europa in dem Banken auf betrügerische Weise subventioniert werden, indem die EZB diese Institute noch ungesunder mästet als diese Mafia sonst bereits in Vergünstigungen aller Art schwimmt. Unter einer solchen Prämisse benötigen wir auch keine Bankenunion. Würde diese jetzt umgesetzt, so würde man wie Nero den Brandschatzer zum Ritter schlagen.
ebo
26. Juli 2013 @ 21:59
Aber ein unabhängiges, aufgeklärtes Europa brauchen wir schon – und sei es nur, um uns in der globalisierten kapitalistischen Welt zu behaupten. Das Problem ist, dass die EU-Führer Angst vor der eigenen Courage haben. Statt den Stier bei den Hörnern zu packen, verstecken sie sich lieber hinter Big Brother America. Dabei werden sie von den Deutschen angefeuert, die ein abhängiges Europa als Mittel für ihre eigene Hegemonie begreifen. Nur die Franzosen, jedenfalls die Gaullisten, haben noch eine Idee von einem unabhängigen Europa…
Andres Müller
27. Juli 2013 @ 19:47
Gerade die Deutschen (in dem Land in dem alles Anders ist als es scheint), sollten sich um ein wirklich unabhängiges Europa bemühen. Ich befürchte jedoch, die Bürger sind trotz Abhör Affären, Bankenrettung, schleichender Enteignung der Mittelschicht usw. noch immer nicht bereit für unsere Freiheit zu kämpfen -möglicherweise hängt halt die Angst vor der jüngeren Geschichte noch immer höher oben als das Grundgesetz erlaubt.
Mit anderen Worten,die Angst vor sich selbst lässt offenbar noch immer zu dass sich die Deutschen gegen das Gesetz ferngesteuert aus dem Westen durchhören äh… “durchregieren” lassen -somit werden auch alle anderen beeinflusst und im Bann gehalten. Etwas mehr Französisch wäre sicher zu empfehlen, allerdings scheint mir dass auch dort vieles anders tickt als es öffentlich erscheint.
Vor Kurzem noch Verschwörungstheorien, hat sich derart Vieles als Wahrheit erwiesen dass mir inzwischen nichts mehr als Unmöglich erscheint, nicht einmal die These dass es sich bei der EU Regierung um eine Art ferngesteuerten Zombies -Verein handelt in welchem man nur aufgenommen wird wenn man geheime Verstösse gegen die Verfassungen durchwinkt -falls solche von Bilderberg und anderen Transatlantischen Clubs beschlossen wurden.
denkbonus
26. Juli 2013 @ 18:39
Die USA werden Europa niemals frei geben, wenn sie es irgendwie verhindern können. Eher geht auch bei uns mal ein AKW hoch oder wichtige Europolitiker begehen aus unerfindlichen Gründen Suizid. Wir haben es mit nicht mehr und nicht weniger zu tun, als mit einem Verbrechersyndikat. Das sind die, die andauernd Schutzgeld erpressen und einen umbringen, wenn man nicht zahlt.