Meloni räumt Scheitern bei Migration ein – Kritik an Deutschland
Ein Jahr nach ihrem Amtsantritt hat die rechtsradikale italienische Regierungschefin Meloni eingeräumt, dass sie ihre Ziele in der Migrationspolitik verfehlt hat. Schuld daran soll auch Deutschland sein.
“Wir hatten uns in der Einwanderungspolitik mehr erhofft”, sagte Meloni im Fernsehsender Rai 1. “Wir haben hart gearbeitet, aber die Ergebnisse sind nicht das, was wir uns erhofft hatten.”
Melonis post-faschistische Partei Fratelli d’Italia (FDI) hatte die Parlamentswahl am 25. September 2022 vor allem mit dem Versprechen gewonnen, der irregulären Zuwanderung ein Ende zu setzen.
Seit Jahresbeginn sind nach Zahlen des italienischen Innenministeriums aber mehr als 130.000 Migranten in Italien angekommen – das sind schon jetzt fast doppelt so viele wie im gesamten Jahr 2022.
Auch ein zusammen mit EU-Chefin von der Leyen eingefädeltes Tunesien-Abkommen hat die Lage nicht stabilisiert. Im Gegenteil: aus Angst vor Abschottung kommen nun noch mehr Boat People nach Lampedusa.
Frankreich hat deshalb seine Grenze zu Italien abgeriegelt, es will keine Migranten aufnaehmen. Die meisten dürften nun nach Deutschland kommen, wie in der Vergangenheit auch.
Dies hat im größten EU-Land zu einer neuen, hitzigen Flüchtlingsdebatte geführt. Aber auch in Italien heizt sich die Stimmung auf – vor allem gegen Deutschland.
Verteidigungsminister Crosetto sprach von einem “sehr schwerwiegenden” Verhalten. Es sei nicht hinnehmbar, dass Berlin zivile Seenotretter finanziert, berichtet der “Spiegel”.
Rom betrachtet es als eine Einmischung in inneritalienische Angelegenheiten, dass die Bundesregierung Hilfsorganisationen fördern will, die sich auf italienischem Boden um Migranten kümmern.
Das Auswärtige Amt hatte darauf verwiesen, dass damit ein Beschluss des Bundestags umgesetzt werde. Das erste Geld – jeweils zwischen 400.000 und 800.000 Euro – soll in Kürze ausgezahlt werden…
Mehr zur Flüchtlingskrise hier
Arthur Dent
25. September 2023 @ 22:52
Ich wage mal die Prognose, dass es keine gemeinsame EU-Migrationspolitik geben wird – die EU ist dafür zu groß (und will noch weiter wachsen) und zu heterogen. Es ist auch zu offensichtlich, dass europäische Länder wie Dänemark, Österreich, Ungarn oder die Schweiz besser regiert werden als Deutschland, Frankreich oder Großbritannien. (Auch große Länder wie Australien können ihre Grenzen schützen, eine Frage des politischen Willens). In Zeiten der Völkerwanderung gehen allerdings die kulturelle Identität und damit der Zusammenhalt in atemberaubender Schnelligkeit verloren. Die EU wird daher nur als ein Europa der Nationen eine Zukunft haben.
Arthur Dent
25. September 2023 @ 10:59
Die Menschen, die in Scharen nach Europa strömen, sind faktisch „entgrenzt und entstaatlicht“ worden. Es ist der Territorialstaat in seinen Grenzen, der ein sicheres und geordnetes Leben erst möglich macht, auch wenn man uns weismachen will, der Nationalstaat sei ein verstaubtes Relikt längst vergangener Zeiten. Und falls unser Grundgesetz noch gilt, einfach mal Artikel 16a lesen – da ist festgelegt, wer einen Rechtsanspruch auf Asyl hat und wer nicht.
european
25. September 2023 @ 16:19
@Artur Dent
Die Italiener haben bestimmt auch etwas von territorialer Integritaet in ihren Gesetzen stehen. Es nuetzt ihnen nur nichts. Die Leute kommen trotzdem. Wir sind an einem Punkt angekommen, wo das nichts mehr hilft.
Wie gesagt, jede wirksame Idee ist sicher willkommen.
ebo
25. September 2023 @ 16:30
Hilfreich wäre es zunächst mal, sich den Realitäten zu stellen. Die Boat People, die in Lampedusa ankommen, sind in der Regel keine “Flüchtende” oder Asylbewerber, sondern Migranten – genauer: Wirtschafts- oder auch Klimamigranten. Das sagt sogar der Migrationsforscher Koopmans. Sie wollen auch nicht nach Italien, sondern nach Deutschland oder ins UK. Gäbe es bereits den geplanten EU-Asylpakt, würden sie sofort in ein Auffanglager geführt und von dort schnell wieder abgeschoben – weil es eben nicht um aussichtsreiche Asylbewerber geht. Allerdings liegen sowohl der Asylpakt als auch die Auffanglager und die Abschiebe-Prozeduren in weiter Ferne. Von Brüssel ist daher keine schnelle “europäische Lösung” zu erwarten. Es läuft auf eine Krise in Deutschland oder auf einen Konflikt zwischen Berlin und Rom zu.
KK
24. September 2023 @ 18:32
Das einzige Versprechen, dass ein ultrarechter Politiker mW je gehalten hat, war dasjenige Hitlers der weitgehenden Vernichtung der Juden in Europa.
Will Meloni jetzt, wo es mit ihrem Versprechen der Reduktion der Flüchtlingszahlen nicht geklappt hatte, daran anknüpfen, wenn sie die Seenotrettung auf dem Mittelmeer offenbar abschaffen will (und, wie ich an anderer Stelle hörte, die italienische Marine sogar gegen Flüchtlingsboote einsetzen möchte)?
european
24. September 2023 @ 19:14
@KK
Es steht zu befürchten, dass es so kommen wird. Ebenso wie neue Belehrungen von nördlich der Alpen.
Ich hab keine Lösung. So, wie es aktuell ist, kann es aber nicht weitergehen. Die EU löst das Problem auch nicht, sondern fällt zurück in alte Strukturen. Es ist offensichtlich nur eine Frage der Zeit, bis wir wieder Schlagbäume in Europa haben und die Grenzen hochgezogen sind.
Gesucht wird eine menschenwürdige Lösung, die allen Seiten gerecht wird. Jede Idee ist willkommen. Vor allen Dingen sollten wir diejenigen stoppen – oder aufhören denjenigen zu folgen, die rund um Europa illegale Kriege führen und die Menschen aus ihren Heimatländern damit vertreiben. Damit ist durchaus auch Russland gemeint. Mir fiele da aber jemand ein, der für viel mehr Flucht und Vertreibung verantwortlich ist. Seit Jahrzehnten.
Ich hoffe ein bisschen auf Afrika, wenn ich ehrlich bin. Der Schulterschluss gegen die Kolonialherren wird getrieben vom Drang nach Autonomie und Souveränität. Schluss mit der Ausbeutung des reichsten Kontinents der Erde. Vielleicht schaffen die Länder Afrikas, das auszugleichen, was auch unsere Wirtschaftspolitik mit verursacht hat. Wenn die Menschen zu Hause eine Perspektive haben, begeben sie sich vielleicht doch nicht mehr auf diese lebensgefährliche Reise ohne Perspektive.
Helmut Höft
25. September 2023 @ 12:57
@european
Ich hab keine Lösung. So, wie es aktuell ist, kann es aber nicht weitergehen. Die EU löst das Problem auch nicht, sondern fällt zurück in alte Strukturen. Es ist offensichtlich nur eine Frage der Zeit, bis wir wieder Schlagbäume in Europa haben und die Grenzen hochgezogen sind.
Ja, so wird es wahrscheinlich kommen. Die Lösung? Willkommen im matereiellen Diesseits, willkommen in der Demokratie, im Markt, im Wettbewerb … also? Ursachen beseitigen: Kapitalismus, „Markt“, „Wettbewerb“ usw. Es muss das Gemeinwohl vor dem Individualwohl gelten – eigene Interessen wahrt man am Besten in dem man die Interessen Dritter wahrt. (persönliche Meinung)