Macron und Merkel gehen auf Trump zu
Präsident Macron und Kanzlerin Merkel verkaufen den G7-Gipfel in Biarritz als europäischen Erfolg. Doch die Bewegung bei Iran und beim Handel ist teuer erkauft – und sehr einseitig.
So rückte Macron vom bestehenden Atomabkommen mit Iran ab – und brachte einen neuen Deal ins Gespräch. Damit geht er auf US-Präsident Trump zu, der das alte Abkommen aufgekündigt hat.
Im Gegenzug soll es einen “historischen” Gipfel mit Irans Präsident Ruhani geben. Doch das ist bisher nicht viel mehr als eine vage Hoffnung. Bewegt hat sich vor allem Macron, Trump ist im Vorteil.
Das gilt auch für die Manöver von Merkel in Biarritz. Sie bot Trump eine weitere Marktöffnung in Deutschland und der EU an. Das bisherige Verhandlungsmandat könne ausgeweitet werden.
Auch damit ging die Kanzlerin auf Trump zu. Dabei weigern sich die USA, ihre Strafzölle auf Stahl und Aluminium made in EU aufzuheben – und auch über die umstrittenen Autozölle zu sprechen.
Immerhin hat Trump seine Drohungen gegen Deutschland und Frankreich etwas gedämpft. Neue Strafsteuern auf französischen Wein oder deutsche Karossen soll es vorerst nicht geben.
Aber reicht das, damit Deutschland und Frankreich den USA noch weiter entgegenkommen? Die EU ist auf eine schiefe Ebene geraten; standhaft und souverän wirkt das alles nicht.
Aber darum scheint es auch nicht mehr zu gehen. In Biarritz stand im Vordergrund, Schlimmeres zu verhindern – und Trump einzuwickeln. Das immerhin ist Macron gelungen…
Siehe auch “Macron, der Zerstörer?”
Holly01
28. August 2019 @ 08:15
” Die EU wäre gut beraten, Trump nicht noch weiter entgegenzukommen. ”
Also wenn ich sehe, das 60% aller Geldmengen Dollar sind, das 66 Billionen (die mit 12 Nullen) in den USA als Kredite angelegt sind, das 80% aller Derivat in Dollar sind und dann bedenke, wie unzuverlässig die sind, dann sehe ich das etwas anders.
Wenn die (jetzigen) USA keinen Vorteil (im Sinne von America first) in diesem System der Weltfinanzen sehen, dann kappen die das und verweigern alle Zahlungen.
Bei BoJo sieht man das ja bereits ganz deutlich, wie das läuft.
Die halten ihre Verpflichtungen nur so lange ein, wie Verweigerung teurer wäre als Leistung.
Ich denke auch, man muss das Ausfallrisiko runter fahren. Aber den engen Zeitpunkt 31.10 sehe ich nicht. das dauert noch erheblich länger.
Die EU und Japan sitzen da übrigens in ziemlich ähnlichen Abhängigkeitslöchern.
Japan kauft auch (gegen besseres Wissen, die Amis haben die ja schon einmal um Mrd. geprellt) wieder Dollaranleihen.
Die rechnen wahrscheinlich auch zwischen Stabilisierung und Ausfallrisiko hin und her.
vlg
Peter Nemschak
27. August 2019 @ 13:51
Politik ist nicht nur strategisch sondern muss auch situationselastisch sein, insbesondere mit Trump, der kurzfristig orientiert ist, eine geringe Aufmerksamkeitsspanne besitzt und am Tag dreimal seine Richtung ändert. Schadensbegrenzung hat Vorrang vor Gestaltung.
ebo
27. August 2019 @ 16:31
Das wundert mich jetzt aber. Sie lassen sich von Macrons effekthaschender Symbolpolitik blenden und vergessen dabei die Strategie? Die EU wäre gut beraten, Trump nicht noch weiter entgegenzukommen. Bis zum Brexit mag es richtig sein, “situationselastisch” zu agieren, aber danach muss Schluß sein. Sonst werden Macron und Merkel am Ende noch zu unfreiwilligen Helfern bei Trumps Wiederwahl!?
Peter Nemschak
27. August 2019 @ 17:37
Trump braucht keine Helfer. Seine Wiederwahl ist wahrscheinlich, so ferne die US-Wirtschaft nicht total abstürzt. Täte sie dies, würde sie stark zur Reduktion des amerikanischen Handelsdefizit beitragen.
Peter Nemschak
27. August 2019 @ 08:07
Die Europäer haben Realitätssinn bewiesen. Was soll das bringen auf die Pauke zu hauen? Man muss den Handelskrieg von Trump wirken lassen. Er wird auch seine Wähler nicht verschonen. Außenpolitisch hat Trump bisher nichts erreicht, weder gegenüber Nordkorea, das mit seiner Raketenrüstung munter weitermacht noch gegenüber dem Iran. Trump wird in den nächsten Monaten versuchen alles zu vermeiden, was nach Niederlage für ihn aussieht, ob es nun eine ist oder nicht, wird dabei nicht so wichtig sein. Dass die Brandrodung in Brasilien (Brazil First) in erster Linie das Klima in Südamerika bedroht, sollte den dortigen Staaten zu denken und Grund zum Handeln geben.
ebo
27. August 2019 @ 12:29
Na ja. Vor einem Jahr hieß es noch in Brüssel, man werde nicht mit vorgehaltener Pistole verhandeln. Nun fleht Merkel geradezu um neue Verhandlungen mit Trump – zur Not auch über die Landwirtschaft, was Macron strikt ablehnt. Derweil rückt Macron vom Atomabkommen mit Iran ab., das bisher als Säule der europäischen Sicherheit verkauft wurde. Für meinen Geschmack war in Biarritz zu viel Show und zu wenig Substanz, wie auch die Reaktionen aus Brasilien und Iran zeigen.