Risiko Deutschland?

Was für eine Ironie: In dem Moment, da Griechenland die Krise hinter sich zu lassen scheint, verdichten sich die Anzeichen für eine Rezession in Deutschland. Wird das größte EU-Land zum Risiko für die Weltwirtschaft?

Am Montag wurde bekannt, dass Griechenland die Kapitalverkehrskontrollen aufheben darf. Damit verschwindet eins der letzten Symbole der Schuldenkrise, die nicht zuletzt durch die deutsche Politik verschleppt und verschärft worden war.

Gleichzeitig verdichten sich die Anzeichen für eine Rezession in Deutschland. So sank der Ifo-Geschäftsklima-Index auf den tiefsten Stand seit 2012. “Die Sorgenfalten der deutschen Wirtschaft werden immer tiefer”, sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest.

Das sorgt für Aufregung – weit über die Grenzen Deutschlands hinaus. Während deutsche Ökonomen das Übel bei US-Präsident Donald Trump und seinen Handelskriegen suchen, warnt US-Starökonom Paul Krugman: “The world has a Germany problem.”

Als Problem betrachtet Krugman genau das, was Finanzminister Olaf Scholz für seinen größten Trumpf hält: geringe Neuverschuldung und ein sinkender Schuldenstand. Die “schwarze Null” sei in Zeiten des Nullzinses und der Rezessionsgefahr widersinnig, so der Experte.

Früher galt Krugman als Außenseiter, heute wird seine Position fast überall geteilt – außer in Berlin und Brüssel. In der EU-Kommission hat man das deutsche Risiko immer noch nicht erkannt; schließlich folgen die Beamten in der Wirtschaftspolitik deutschen Regeln.

Von Maastricht bis Lissabon hat es das größte EU-Land geschafft, seine sonderbaren Vorstellungen im EU-Recht zu verankern. Im Zuge der Schuldenkrise um Griechenland wurden die Regeln auf deutschen Druck sogar weiter verschärft.

Brüssel ist blind für das deutsche Problem

Deshalb ist die EU nun weitgehend blind für das deutsche Risiko. Auch die G-7, die einst als Reaktion auf eine große Wirtschaftskrise gegründet wurden, haben das Problem bei ihrem Treffen in Biarritz ausgespart. Kanzlerin Merkel will nicht mehr investieren, sondern noch mehr exportieren.

Immerhin gibt es Hoffnung: In Brüssel setzt laut “FT” ein Umdenken ein. Die EU-Kommission denke über eine Vereinfachung der Schuldenregeln nach. Damit solle vermieden werden, dass Staaten zu hohe Risiken eingehen oder eine prozyklische Fiskalpolitik machen (müssen).

Allerdings zielt die Brüsseler Behörde dabei vor allem auf Krisenländer wie Griechenland oder Italien. Von Deutschland hingegen ist keine Rede…

Siehe auch “Rezession wird zum Risiko für von der Leyen” und “Die kommende Krise”