Maas beschwört den „europäischen Imperativ“

Die Coronakrise fordert die EU auch außenpolitisch heraus. Außenminister Maas versucht nun, die deutschen Botschafter auf einen „europäischen Imperativ“ einzuschwören. Doch wie glaubwürdig ist das? Zuletzt galt „Germany first“.

„Alles was wir in dieser ersten, wirklich weltumspannenden Krise unseres Jahrhunderts tun können, können wir nur europäisch leisten“, sagte Heiko Maas bei einer virtuellen Konferenz der deutschen Botschafter in Berlin.

Dieser „europäische Imperativ“ verlange von allen Mitgliedstaaten – also auch von Deutschland -, „europäische Interessen als nationale Interessen zu begreifen“ und umgekehrt, so der SPD-Politiker.

Das klingt gut, ist aber leider nicht sehr glaubwürdig. Denn Deutschland hat sich in der Coronakrise erst sehr spät auf „europäische Interessen“ besonnen – und zunächst sehr national und egoistisch gehandelt.

Das traf nicht nur Italien, sondern auch Frankreich, Luxemburg oder Österreich – über unilateral verhängte Grenzsperrungen. Auch die Reisewarnungen, die Maas herausgab und die immer noch gelten, waren ein deutscher Alleingang.

Deutschland ist auch in der „klassischen“ Außenpolitik vorgeprescht – wie die Libyen-Konferenz in Berlin gezeigt hat. Griechenland wurde übergangen, Italien und Malta wurden düpiert. Geholfen hat es nichts, der Krieg tobt mehr denn je.

Lackmustest China

In der China-Politik agiert Berlin ebenfalls nicht sehr europäisch. So rätselt man in Brüssel bis heute, ob es den groß angekündigten EU-China-Gipfel unter deutschem Ratsvorsitz geben wird – das letzte Wort haben Maas und Kanzlerin Merkel.

Vor diesem Hintergrund klingt es ein verwunderlich, wenn Maas nun erklärt, man müsse Abhängigkeiten in strategisch wichtigen Bereichen verringern: im Gesundheitssektor, bei Energie, Informationstechnik, Ernährung, Logistik und Rohstoffen.

„Wo es um die Sicherheit und Gesundheit unserer Bevölkerung geht, da muss die EU die sichere Versorgung garantieren können“, erklärt der Außenminister. Doch in fast allen diesen Bereich ist Europa von China abhängig.

Und der wichtigste Handelspartner Chinas in der EU ist – Deutschland

Siehe auch „Der perfekte Sturm tobt an drei Fronten“ und Ist Schengen nur noch ein Symbol?