Ist Schengen nur noch ein Symbol?
Die Reisefreiheit im Schengenraum bleibt eingeschränkt, trotz der Grenzöffnung in Luxemburg. Auch die Lockerungen für den Sommerurlaub dürften daran nichts ändern. Schengen ist nur ein Schatten seiner selbst.
Es war ein symbolträchtiger Termin. Auf der Moselbrücke zwischen dem deutschen Perl und dem luxemburgischen Schengen traf der deutsche Außenminister Maas am Samstag seinen luxemburgischen Amtskollegen Asselborn, um die Wiederöffnung der Grenze zu feiern. „Wir zeigen heute, dass Schengen vom Virus nicht besiegt wurde, dass Schengen wieder zum Leben erwacht”, erklärte Asselborn nach dem Treffen, das zwei Monate voller Entbehrungen und Spannungen beenden sollte. Bald werde die Reisefreiheit überall wieder gelten.
Doch das ist eine Täuschung. Schengen – also das Abkommen – ist nur noch ein Symbol. Und das gleich aus mehreren Gründen. Zum einen hat die Coronakrise gezeigt, wie schnell die Reisefreiheit ausgesetzt werden kann, im Alleingang und quasi über Nacht.
Zum anderen hat sich erwiesen, wie wenig “Brüssel”, also die EU-Kommisson und das Europaparlament, dem eigenmächtigen Handeln der EU-Staaten entgegenzusetzen haben. Kommissionschefin von der Leyen wagte nicht einmal offene Kritik.
Zum dritten zeigt sich nun, dass sich Grenzen zwar schnell schließen, aber nicht so einfach wieder öffnen lassen. Die Übergänge zwischen Deutschland und Frankreich bleiben zum Beispiel noch bis zum 15. Juni dicht, wenn auch mit “Lockerungen”.
Doch selbst wenn die Grenze wieder offen ist, heißt das noch lange nicht, dass wieder die alte Freiheit herrscht. So sind “touristische” Reisen weiter verboten, genau wie Shopping-Touren. Mal schnell zum Tanken nach Luxemburg? Verboten!
Als weitere, unsichtbare Barrieren kommen Quarantänevorschriften und Reisewarnungen hinzu. Beispiel Belgien: Die Grenze ist offen, doch Belgien fordert immer noch eine 14-tägige Quarantäne. Ähnlich sieht es zwischen Frankreich und Spanien aus.
Und die Reisewarnungen treffen sogar Länder, die im Prinzip wieder offen sind, wie Slowenien und (ab Anfang Juni) auch Italien. Man könnte zwar dorthin reisen, doch die Warnungen des Auswärtigen Amts (Maas!) bremsen den Tourismus aus.
Deutscher Alleingang beim Urlaub
Auch das dürfte sich so schnell nicht ändern, schon gar nicht europaweit. Denn selbst beim Urlaub macht jedes Land, was es will. Auch da macht Deutschland keine Ausnahme – im Gegenteil: das größte EU-Land macht einen weiteren Alleingang.
So will Maas am Montag mit seinen Kollegen aus beliebten Urlaubsländern darüber beraten, wie die Reisebeschränkungen nach und nach gelockert werden können. Zu seinen “Partnern” gehören u.a. Spanien, Italien, Österreich und Griechenland.
Was soll, was kann dabei herauskommen? Im besten Fall ein Netz bilateraler Absprachen für den Sommerurlaub. Mit Schengen hat dies allerdings nichts zu tun – denn da war die Freiheit nicht von Berlin abhängig, und sie war zeitlich unbegrenzt…
Siehe auch “Schwach, schwächer, von der Leyen”
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Watchlist
Kommt es doch noch zu einem “harten” Brexit ohne Freihandelsabkommen? Diese Frage stellt sich nach der gescheiterten dritten Verhandlungs-Runde über ein Freihandelsabkommen am vergangenen Freitag. Seither machen sich Brüssel und London gegenseitig Vorwürfe. Nun bleibt nur noch ein Treffen im Juni, um die Blockade zu lösen… – Mehr zum Brexit hier
Was fehlt
Die Veto-Drohung des Europaparlaments. Mit einer riesigen Mehrheit haben sich die EU-Abgeordneten für ein Zwei-Billionen-Euro-Budget ausgesprochen, das den Wiederaufbau nach Corona finanzieren soll. Zugleich warnten die MEP vor Finanzhebeln und anderen Tricks – ansonsten würden sie das Budget ablehnen. – Mehr zu den Tricks hier
Das Letzte
Die EU hat Ärger mit dem Irak – wegen einer Regenbogenfahne bei der EU-Vertretung in Bagdad. Das schwul-lesbische Symbol verletze die religiösen Gefühle vieler Bürger und widerspreche den Werten des muslimischen Landes, erklärte das Außenministerium. Ich frage mich eher, warum die EU nicht in Warschau oder Rom Flagge zeigt, bei unseren Katholiken …
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Burkhart Braunbehrens
18. Mai 2020 @ 11:24
Corona bringt es an den Tag ! Panik schieben die europäischen Politiker und scheuen wie der Teufel das Weihwasser klares Profil. Nur nicht bewegen. “Mikado spielen” gutes Bild. Sie scheuen sich, Europa zu retten, das ihnen unter der Hand zerfließt. Und es gibt keine europäische Partei, die deutlich zeigt, wo es lang gehen könnte.
Lost in Europe. Europe lost !
Holly01
20. Mai 2020 @ 07:49
Die Frage lautet: Gibt es eine EU ohne USA und wie soll diese EU dann sein?
vlg
Holly01
18. Mai 2020 @ 08:06
Die EU ist im Wartezustand. Da kommt so lange keine Bewegung, bis klar ist, wo die Reise hin geht.
Döpfner hat es doch gesagt: „Wir müssen uns zwischen Amerika (USA) und China entscheiden.“
Dieser Typ vom Council hat es ebenfalls gesagt (sinngemäß): „Wir wissen nicht, wie sich Deutschland entscheiden wird.“
Das ist die Frage. Wird sich Deutschland auch diesen Sanktionen beugen?
Bisher war das teuer aber zu verkraften.
Nach Covid-19 ist es eine „Existenzfrage“.
MIT den USA GEGEN China bedeutet, wir werden weiter mit Zöllen erpresst und TTIP/TISA bedroht, also von den USA massiv verwertet und ausgeblutet.
Ohne die ausländischen Märkte wird es extrem schwierig einen Umbau der Binnenwirtschaft überhaupt zu moderieren. Das wird eher ein Wegbrechen mit schwerster Depression.
Dafür behalten wir die US geprägte aussenpolitische Stabilität (was immer das unter dem weizenblonden bedeutet).
MIT China GEGEN die USA? Kann ich nicht einmal abschätzen. Polen wird sich an die USA binden, damit stehen die intermare Staaten gegen Deutschland und als Riegel zur one belt one road.
Ob mit China auch bedeutet mit Russland ist zumindest unsicher.
Frankreich hat Bündnisse mit Deutschland, dem UK und Polen. Das UK ist US hörig, Polen wird den USA folgen, was macht Frankreich?
Die Österreicher träumen gerade von einem Bayern das zu ihnen kommt. Der Rest der EU wird auseinander fliegen wie eine Splitterhandgranate und alles würde in der Abwicklung der EU und riesen Streit münden. Es ist also vorhersehbar, das die USA die EU Abwicklung nur zu gerne „moderieren“ würden. Außerdem käme alles seit dem DoppelWK auf die Tische.
Ein europäisches Desaster, das das internationale Gewicht der Europäer für Jahrzehnte auf „Null“ bringen würde und sehr stark nach Krieg riecht.
Neinj. So lange nicht klar ist, wo die reise hin geht, halten alle ihr Pulver trocken und spielen Mikado „wer sich zuerst bewegt wird gefressen“.
Das kann auch nach Covid-19 noch Jahre dauern.
vlg