Von der Leyen sucht den Super-Plan

Der Streit um den Wiederaufbau spitzt sich zu, Europa hält einen neuen traurigen Corona-Rekord – und das „Open Skies“-Abkommen wackelt: Die Watchlist EUropa vom 25. Mai 2020.

Es hat lange gedauert, doch nun ist es endlich so weit: Am Mittwoch will die EU-Kommission ihren Vorschlag für ein „Recovery Instrument“ und ein neues EU-Budget vorlegen – zehn Tage nach dem Plan von Merkel und Macron. Behördenchefin von der Leyen hat die deutsch-französischen Vorlage als „Schritt in die richtige Richtung“ begrüßt.

Allerdings will sie auch die Wünsche anderer EU-Länder berücksichtigen und daraus eine Art „Super“-Plan erarbeiten – das „Mothership of Recovery“. Das dürfte schwierig werden.

Denn was Österreichs Kanzler Kurz im Namen der „Frugal Four“ – der „sparsamen“ Länder Österreich, Niederlande, Dänemark und Schweden – fordert, steht in Widerspruch zu den Ideen, die aus Berlin und Paris kommen.

Merkel und Macron wollen den Wiederaufbau nach Corona mit Schulden finanzieren, die die EUKommission im Namen der 27 Mitgliedsstaaten aufnehmen soll.

Doch das lehnen Kurz & Co. ebenso ab wie die Vergabe von Zuschüssen an Krisenländer wie Italien. Sie sind gegen Finanztransfers – und fordern stattdessen, rückzahlbare Kredite zu vergeben.

Damit zeichnet sich ein harter Richtungskampf ab. Es geht um Schulden und Kredite, aber auch um ideologisch aufgeladene Kampfbegriffe.

Er sei gegen eine „Schuldenunion durch die Hintertür“, sagt Kurz.

„Der deutsch-französische Vorschlag wäre ein großer Schritt hin zu einer Fiskalunion“, hält Eurogruppenchef Mario Centeno dagegen.

Wie ein Kompromiss aussehen könnte, ist unklar. Von der Leyen könnte den Wiederaufbau mit Schulden finanzieren, heißt es in Brüssel, mit Rücksicht auf Kurz & Co. aber nur einen Teil der EU-Hilfen als Zuschüsse vergeben.

Zudem könnten Transfers an Reformauflagen gebunden werden, was auch Merkel und Macron gefordert hatten.

Doch selbst mit einem solchen Kompromiss könnte Brüssel nicht alle zufrieden stellen. Denn da sind auch noch die Osteuropäer, die sich lautstark gegen Kürzungen zugunsten von Italien oder Spanien stemmen.

Außerdem muß das Europaparlament berücksichtigt werden. Die Abgeordneten wollen noch weiter gehen als Merkel und Macron – sie fordern mehr Geld.

Von der Leyen steht vor einem schier unlösbaren Dilemma. Wenn sie auf Kurz zugeht, wird der Merkel-Macron-Plan verwässert. Wenn sie dagegen auf das Parlament hört, könnten die EU-Staaten am Ende Nein sagen.

Dicke Luft in der EU-Kommission

Die Entscheidung fällt der CDU-Politikerin so schwer, dass sie sie zur Chefsache erklärt hat. In der EU-Kommission herrscht dicke Luft, nicht einmal Wirtschaftskommissar Gentiloni darf mitreden.

Dabei soll es doch um den Wiederaufbau der Wirtschaft nach Corona gehen…

Siehe auch „Kurz & Co. reden wie Merkel – vor Corona“

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Watchlist

Ziehen CDU und CSU beim Merkels europapolitischer Wende mit? Dies dürfte sich am Montag bei den Fraktionssitzungen in Berlin zeigen. Noch-CDU-Chefin AKK und andere Spitzenpolitiker hatten am Wochenende für Merkels neuen Kurs geworben. Demgegenüber hat der CDU-Wirtschaftsrat den Gegenvorschlag der „Frugal Four“ begrüßt, der EU-Schulden zurückweist. Was gilt denn nun?

Was fehlt

Die Krise um das Open-Skies-Abkommen. Die US-Regierung will sich aus dem Vertrag zwischen Nato-Staaten und früheren Mitgliedern des Warschauer Pakts zurückziehen, der als zentraler Baustein der Sicherheit in Europa gilt. Die EU-Staaten mißbilligen den Schritt der USA, können ihn aber offenbar nicht verhindern. Außenminister Maas äußerte sein „Bedauern“ – mehr hier

Das Letzte

Europa hält einen neuen Rekord bei den Corona-Infektionen. Die Zahl ist mittlerweile auf mehr als zwei Millionen gestiegen. Mehr als 173.000 Infizierte starben an den Folgen der Infektion, wie eine Zählung der Nachrichtenagentur AFP ergab. Europa ist damit weiter der am stärksten von der Pandemie betroffene Kontinent. Siehe auch „Europa ist nicht mehr das (einzige) Epizentrum“


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