Licht im Lockdown, Leaving London – und Leyens neue Leiden

Die Watchlist EUropa vom 12. Februar 2021

Deutschland verlängert den Lockdown, und die EU sieht „Licht am Ende des Tunnels“. Das klingt nicht nur widersprüchlich, es ist es auch.

Denn je länger die Geschäfte geschlossen bleiben und die Wirtschaft heruntergefahren wird, desto später wird die erhoffte Erholung einsetzen.

Die neue Konjunkturprognose der EU-Kommission klingt denn auch sehr nach Pfeifen im dunklen Wald. Für 2021 rechnet die Kommission mit einem Wirtschaftswachstum von 3,7 Prozent.

Damit korrigierte sie ihre Erwartungen vom Herbst von 4,1 Prozent nach unten.

Gleichzeitig hellte sich aber der Ausblick auf. So soll die Wirtschaftsleistung der 27 EU-Länder anders als erwartet bereits in einem Jahr wieder das Niveau von vor der Pandemie erreichen.

Für 2022 hob die Kommission ihre Wachstumserwartungen von 3,0 auf 3,9 Prozent an.

Zweite Rezession droht

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Die EU-Kommission betont die Hoffnungswerte – etwa eine Beschleunigung der Corona-Impfkampagne – und malt Risiken schön. Dabei befinden sich einige EU-Länder mitten in der zweiten Rezession. Und schnelle Hilfe ist nicht in Sicht.

Der Aufbaufonds, der einspringen sollte, ist noch nicht einsatzbereit. Erst im Sommer dürften die ersten Hilfsgelder aus dem 672,5 Milliarden Euro schweren Topf fließen. Das ist zu spät, um aus dem tiefen Tal der Tränen zu kommen, in dem vor allem Südeuropa steckt.

Nur wenn sie da schnell wieder herauskommen und es im Herbst keine neue Corona-Welle gibt, können sich die optimistischen Erwartungen erfüllen. Mehr Tempo ist gefragt – bei den Impfungen, aber auch bei den Konjunkturspritzen.

“Ein bißchen langsam”

Dies sieht auch Christine Lagarde so. Die Chefin der Europäischen Zentralbank fordert, den neuen Corona-Aufbaufonds schneller als geplant einzusetzen. Dass die neuen EU-Hilfen erst im Sommer ausgezahlt werden sollen, findet sie „ein bißchen langsam“.

Leider sieht es nicht danach aus, dass sich das ändert. In Brüssel ist man nicht bereit, die Hilfen aus dem Aufbaufonds vorzuziehen. Und in Berlin zieht sich der Lockdown hin – was die Hoffnung auf einen Aufschwung weiter dämpft.

Erst im März könnte sich – vielleicht – etwas ändern. Genau das hatten wir übrigens schon im Januar vorhergesagt…

Siehe auch “Lockdown dauert mindestens bis März”

Hinweis: Wegen der Karnevalsferien in Belgien erscheint in der kommenden Woche keine Watchlist. Weiter geht’s am 22. Februar!

Watchlist

Macht Deutschland die Grenzen zu Tschechien und Tirol dicht? Nach Angaben des Bundesinnenministeriums wurden beide Länder am Donnerstag als sogenannte Virusmutationsgebiete eingestuft. Bundesinnenminister Seehofer (CSU) habe entschieden, ab Sonntag neben den seit der Flüchtlingskrise bestehenden Binnengrenzkontrollen zu Österreich auch an den Grenzen zu Tschechien vorübergehende Grenzkontrollen einzuführen. Von einer Notifizierung in Brüssel war keine Rede…- Mehr hier

Hotlist

  • Mit dem vollständig vollzogenen Brexit hat London seine Stellung als größter Aktienmarkt Europas verloren und ist von Amsterdam verdrängt worden, berichtet RTL. Im Januar wurden in der niederländischen Hauptstadt täglich im Durchschnitt Aktien im Wert von 9,2 Milliarden Euro gehandelt. In London lag das Handelsvolumen im gleichen Zeitraum bei umgerechnet rund 8,6 Milliarden Euro täglich. – Das ist wirlich eine Überraschung – auch für Frankfurt, das sich schon als Gewinner sah!
  • Zu langsam, zu wenig, zu ineffizient: Bei der Bestellung von Impfstoffen in der Europäischen Union gibt es große Probleme. Eine Umfrage des SPIEGEL zeigt, welche dramatischen Folgen dies für das Ansehen der EU hat. – Für 66 Prozent der Befragten hat sich das Ansehen verschlechtert. Besonders hart trifft es Kommissionschefin von der Leyen: 68 Prozent haben nun keine so hohe Meinung mehr von ihr. Besonders beliebt war sie in Deutschland aber eh nicht…
  • Was macht die EU in Myanmar? Der Guardian kommt mit einer schockierenden Story: The EU provided crowd control training to specialist Myanmar police units alleged to have been involved in a violent crackdown on pro-democracy protesters, but claims it shared defensive techniques only due to concerns about possible human rights abuses. – Ganz ähnlich war es übrigens auch in Belarus. Dort war sogar die deutsche Polizei an der Ausbildung von Sicherheitskräften beteiligt – vor dem Volksaufstand…