Europäische Geopolitik? Nein, deutsche Handelspolitik!

Eine “geopolitische EU-Kommission” hatte Frau von der Leyen versprochen. Doch nun verliert die EU außenpolitisch immer mehr Einfluß. Sie wird nicht einmal mehr ernst genommen, wie das jüngste Debakel von “Außenminister” Borrell in Moskau zeigt. Der Grund dafür liegt vor allem in Deutschland.

Das größte EU-Land müsse endlich sein Verhältnis zu Russland klären, sagten mehrere Europaabgeordnete bei der Aussprache mit Borrell nach dessen missglückten Moskau-Besuch.

Berlin müsse sich zwischen Handel – etwa über die Gaspipeline Nord Stream 2 – und Menschenrechten entscheiden. So kommentiert es auch die niederländische Zeitung “de Volkskrant”:

“Tadeln, aber zugleich im Gespräch bleiben, und – vor allem – weiter Handel treiben. Das ist eine alte Strategie, die tief verwurzelt ist in der SPD und der CDU, jenen zwei Parteien, die Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg abwechselnd oder gemeinsam regiert haben. Und das ist eine Haltung, die Wut und Frustration auslöst bei EU-Partnern, namentlich Polen und die baltischen Staaten, die sich direkt bedroht fühlen durch Putins aggressive Politik.

Doch es geht nicht nur um Russland. In China vertritt Deutschland denselben merkantilistischen Ansatz, wie die regelmäßigen Regierungskonsultationen und zuletzt das Investitionsabkommen mit der EU zeigen.

Diese Abkommen wurde von zwei deutschen Frauen in Brüssel ausgehandelt: Kommissionspräsidentin von der Leyen und die Chefin der Generaldirektion Handel, Weyand. Natürlich unter Leitung von Kanzlerin Merkel.

Die wirtschaftsorientierte deutsche Handschrift ist auch in der Türkei-Politik zu erkennen. Merkel hat mit Sultan Erdogan eine “positive Agenda” vereinbart, die nun von der EU-Kommission umgesetzt wird.

Letztlich dreht sich alles um den deutschen Außenhandel, der seine globalen Interessen vehement vertritt und dabei von der Politik gedeckt wird. In Fachkreisen spricht man auch von “Geoökonomie”.

Hier liegt wohl auch der tiefere Grund dafür, dass die europäische Geopolitik kaum vorankommt. Von der Leyen ist und bleibt deutschen ökonomischen Interessen verpflichtet, weshalb sie zu kontroversen Themen wie “Nord Stream 2” schweigt…

Siehe auch “Was wollte von der Leyen zu Nord Stream sagen?”

P.S. Ich bin übrigens nicht der Ansicht, dass man Nord Stream wegen Nawalny aufgeben sollte. Ich bin aber sehr wohl der Meinung, dass sich die europäische Außenpolitik von nationalen deutschen Interessen emanzipieren sollte! Es reicht, wenn die Deutschen die EU-Handelspolitik machen…