Merkels letzter Deal – ausgerechnet mit China


Die EU und China haben sich unter deutschem Vorsitz auf ein Investitionsabkommen geeinigt. Doch viele wichtige Details sind noch offen, Menschenrechte spielen nur eine Nebenrolle.

Deutschland und die EU wollen den lukrativen Markt in China weiter erschließen und Investitionen besser absichern. Zudem gehe es um faire Wettbewerbsbedingungen und Chancengleichheit für europäische Unternehmen, erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach einer Videokonferenz mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping.

Die Videoschalte war kurzfristig anberaumt worden, um die Einigung auf ein Investitionsabkommen zu besiegeln. Brüssel und Peking hatten sieben Jahre verhandelt. Allerdings handelt es sich nur um eine grundsätzliche Einigung; viele wichtige Details sind noch offen.

Bis zur Fertigstellung des Deals, der unter anderem den Zwang zu Joint Ventures in China beendet, würden noch mehrere Monate vergehen, sagte ein Insider. Ein Abschluss wird erst 2022 erwartet.

Bessere Handelsbeziehungen zu China waren ein Kernanliegen des deutschen EU-Vorsitzes, der am Donnerstag endet. Dass nun doch noch ein Investitionsabkommen zustande kommt, ist ein wirtschaftspolitischer Erfolg für Kanzlerin Angela Merkel.

Ursprünglich wollte sie China schon im September mit einem Sondergipfel in Leipzig umwerben; wegen Corona wurde das Treffen aber abgesagt.

Für Deutschland geht es vor allem darum, die Investitionen in China abzusichern und besseren Zugang zum größten Markt der Welt zu erhalten. 2019 wurden nach Angaben des Statistischen Bundesamts Waren im Wert von 206,0 Milliarden Euro zwischen Deutschland und China gehandelt.

Damit war die Volksrepublik China zum vierten Mal in Folge Deutschlands wichtigster Handelspartner.

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Tatkräftig unterstützt wurde Merkel von zwei deutschen Frauen in Brüssel: Kommissionschefin von der Leyen und Sabine Weyand, die die Generaldirektion für Handel leitet.

Für politische Rückendeckung sorgte der Chef der Konservativen im Europaparlament, Manfred Weber. “Derzeit droht, dass China der große Gewinner der Corona-Krise ist, und Europa darf nicht der große Verlierer werden“, sagte der CSU-Politiker.

Deshalb müsse man mit Peking ins Geschäft kommen.

“Lippenbekenntnis zur Zwangsarbeit”

Für Verärgerung sorgt der Last-Minute-Deal – er wurde nur einen Tag vor Ende des deutschen EU-Vorsitzes bekannt gegeben – dagegen bei den Grünen.

Die Kommission biete „keinerlei plausible Begründung dafür, dass dieses Abkommen jetzt mit maximaler Jahresendhektik durchgedrückt werden soll“, sagte der Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer.

Beim Thema Zwangsarbeit in China wolle sich Brüssel „mit einem oberflächlichen Lippenbekenntnis zufriedengeben“.

Die Führung in Peking bekennt sich im geplanten EU-Abkommen zwar zur Einhaltung von internationalen Arbeitsschutz-Standards. Einen verbindlichen Hebel zur Umsetzung gibt es jedoch bisher nicht.

Auch die Lage der Menschenrechte und die Repression in Hongkong sprechen nach Ansicht von Kritikern gegen einen schnellen Abschluss.

Doch Merkel hat, was sie will. Auch Frankreichs Macron scheint zufrieden. Immerhin durfte er gemeinsam mit Merkel an der Videoschalte mit Xi Jinping teilnehmen. Die anderen 25 EU-Staaten blieben außen vor…

Siehe auch “Das China der Eurozone”