Letzte Hoffnung Mercosur, Versagen in Gaza & wer stoppte die Google-Strafe?
Die Watchlist EUropa vom 04. September 2025 – Heute mit News und Updates zum Mercosur-Abkommen, dem Schmusekurs gegenüber Israel und Fragen rund um ein pikantes Wettbewerbsverfahren.
+++ Dieser Newsletter wird von seinen Lesern finanziert. Bitte helfen Sie uns – Mitglied bei STEADY werden und gleich hinter der Paywall weiterlesen +++
Erst hat sich die EU von US-Präsident Trump über den Tisch ziehen lassen. Die stolze Handelsmacht wurde gedemütigt. Dann kam auch noch der SCO-Gipfel. China und Russland haben eine neue Weltordnung ausgerufen – ohne EUropa.
Nun bleibt nur noch eine Hoffnung, um einigermaßen zu bestehen: Das seit 20 Jahren umstrittene Freihandels-Abkommen mit den Mercosur-Staaten, das EU-Chefin von der Leyen im Dezember ausgehandelt hatte.
Monatelang lag es auf Eis – mit Rücksicht auf Frankreich, Polen und Österreich, die massive Bedenken angemeldet haben. Doch nun ist Frankreich durch die Regierungskrise geschwächt.
Wie von Merz gewünscht
Von der Leyen zögerte deshalb nicht lange. Wie von Kanzler Merz gewünscht, hat sie beim französischen Präsidenten Macron Druck gemacht – und den Mercosur-Deal zur Abstimmung an die 27 EU-Staaten weitergeleitet.
Damit ist der Weg zur Ratifizierung frei – wenn nichts mehr schief geht. Für alle Fälle wurden noch ein Notfallmechanismus ausgearbeitet, der den Ländern im Falle einer Krise helfen soll.
Doch ganz sicher ist sich die EU-Kommission ihrer Sache offenbar immer noch nicht. Das Abkommen wurde in einen Handelsteil und eine politischen Teil aufgesplittet.
Strategie vs. Demokratie
So kann der Handelsdeal nicht durch regionale oder nationale Parlamente aufgehalten werden, wie dies beim CETA-Abkommen mit Kanada passiert ist.
„Hier geht es nicht nur um den Handel, sondern um um strategische Fragen“, mahnte EU-Handelskommissar Sefcovic. Die EU hatte in den letzten Jahren an Einfluß in Südamerika verloren.
Nun steht sie mit dem Rücken zur Wand – und sucht händeringend nach neuen Märkten und Handelspartnern. Mercosur kommt da gerade recht…auch wenn dafür die demokratischen Rechte der Mitgliedstaaten eingeschränkt werden müssen!
Aber was macht das schon? Für ihren verkorksten Deal mit Trump hatte von der Leyen schließlich auch kein Mandat…
Mehr zur Handelspolitik hier
News & Updates
- Gaza: Sanchez wirft der EU Versagen vor. Der spanische Regierungschef Sanchez rechnet mit der europäischen Außenpolitik ab. Sie habe in Gaza versagt und trage dazu bei, die internationale Glaubwürdigkeit der EU zu untergraben. Denn bei Israel und Russland lege man doppelte Standards an. – Vor allem ein deutscher Politiker dürfte sich angesprochen fühlen. – Mehr im Blog
- Aufrüstung: Kallas will noch mehr. Die Rüstungsausgaben der 27 EU-Länder sind 2024 mit 343 Mrd. Euro erneut auf einen Rekordwert gestiegen. Für 2025 sagte die Rüstungsagentur EDA einen weiteren Anstieg auf 381 Mrd. Euro voraus. “Europa gibt Rekordbeträge für Verteidigung aus, um unsere Bevölkerung zu schützen, und wir werden hier nicht aufhören”, erklärte die EU-Außenbeauftragte Kallas. – Rüstung ist allerdings Ländersache, Kallas hat da nichts zu melden.
- Sanktionen: Dogru blitzt beim Rat ab. Die EU sanktioniert neuerdings auch deutsche Journalisten wegen angeblich prorussischer bzw. anti-israelischer Desinformation. Einer von ihnen, der Gründer der Online-Seite RED, hat beim EU-Rat Beschwerde eingelegt – vergeblich. – Die haarsträubende Begründung der EU-Beamten findet sich hier (Link zu X)
Das Letzte
Wer hat die Google-Strafe gestoppt? Die EU-Kommission arbeitet seit Monaten an einer Strafe gegen Google wegen der offensichtlichen Monopolstellung des US-Konzerns im Online-Werbemarkt. Doch Wettbewerbskommissarin Ribera wurde in letzter Minute ausgebremst. Handelskommissar Sefcovic habe “auf den roten Knopf gedrückt” und verlangt, die Entscheidung zu vertagen, berichtet die Nachrichtenagentur AFP. Sefcovic hatte auch den Handelsdeal mit US-Präsident Trump ausgehandelt. Da liegt der Verdacht nahe, daß er sich unter Druck der USA in den Google-Fall eingeschaltet hat. Doch Sefcovic weist das zurück: “Ich möchte betonen, dass ich die Kartelluntersuchung gegen Google voll und ganz unterstütze”, erklärte er. Nun ja: Wenn er es nicht war, wer dann? Vielleicht seine allmächtige deutsche Chefin?
Mehr Newsletter hier. Abonnement hier – jetzt zum Vorzugspreis: Schnupperabo für nur 4 Euro im Monat – sieben Tage gratis testen!

european
5. September 2025 @ 12:06
Realitätscheck. So sieht es beim Verbraucher aus. Importware aus Ägypten und Israel im Supermarkt, heimisch produzierte Ware in die Biogasanlage. CO2-Abdruck spielt (surprise, surprise) wieder mal keine Rolle. Von wegen Klimapolitik und so.
https://youtube.com/shorts/h9Td2A0UQnQ?feature=shared
Karl
5. September 2025 @ 06:46
Der Deal lautet wie schon viel zu oft: Die Auto-Importländer müssen ihre Auto-Zölle senken und zur „Belohnung“ lässt die EU Mensch, Umwelt und mittelständische Bauern leiden. – Weil dieser Deal nur ganz wenigen nutzt, stockten die Mercosur-Verhandlungen schon seit 1995, galten seit der gescheiterten Doha-Runde 2017 als tot und wurden nur wieder möglich, weil die faktische Koalition von CDU und Rechtsradikalen die EU-Umweltstandards auflöst („Green Deal“ in der denglischen Babysprache).
Beim „kranken Mann“ Europas – das ist Deutschland – merken wir so gar nichts davon, dass er von seiner übersteigerten Exportorientierung runterkommt und dem Binnenmarkt in der Wirtschaftspolitik wieder Geltung verschafft. Stattdessen packt Deutschland in der EU erneut die Brechstange aus, um weitere Begünstigungen der Autoindustrie auch gegen die EU-Mitglieder durchzudrücken.
Das bedeutet: Sehenden Auges weiter in den Niedergang, aber die Aktionäre der Autokonzerne sollen noch eine kleine Gnadenfrist länger kassieren.
Monika
4. September 2025 @ 13:17
…Europa gibt Rekordbeträge für Verteidigung aus, um unsere Bevölkerung zu schützen…(Kallas)
Ja, liebe Frau Kallas das ist leider richtig, Die EU gibt für die Verteidigung IHRES Lands Rekordbeträge aus.
Damit SIE mit ihren durchgeknallten russophoben Phantastereien und Provokationen den pösen Russen lange Nasen drehen und die Zunge herausstrecken können. Rausgeworfenes Geld der EU.
Monika
4. September 2025 @ 13:10
…EU sucht händeringend nach “neuen Märkten” und “Handelspartnern”…
Neue Märkte würde ja bedeuten neue Käufer”schichten”. das wiederum würde bedeuten: liquide Käufer. Ob die in Südamerika, einem “liberal” schon völlig ausgesaugten Kontinent (jahrzehntelange US-“Handelspolitik” haben neben einer Handvoll Superreicher nur eine hauchdünne Humusschicht von allgemeiner Kaufkraft übriggelassen) zu finden sind? Die EU fegt da maximal die Brösel vom Tisch der US-Deals zusammen. Kreditfinanziert “kaufen” die armen Schweine europäische Waren, und Europas Politiker können sich bis zum Platzen der Kredite “irre guter” Geschäfte rühmen…WOW.
Thomas Damrau
4. September 2025 @ 10:22
Es ist immer fatal, wenn man Handelsfragen als Hebel für Geopolitik einsetzt und umgekehrt: Beide Bereiche sollten unabhängig voneinander sinnvoll sein. Im Falle Mercosur sind beide Bereiche isoliert betrachtet fragwürdig und in der Kombination umso fragwürdiger:
— Brasilien wird wegen Mercosur nicht aus BRICS austreten und Milei wird trotz Mercosur eher auf Trump als auf von den Laien hören.
— Mercosur ist eines dieser klassischen „Rohstoffe und Lebensmittel gegen Industrieprodukte“-Abkommen, die einfach nicht mehr zeitgemäß sind. In den Mercosur-Ländern werden sie den Raubbau an der Natur anheizen, und ob sich die Hoffnung erfüllen wird, dass die Mercosur-Staaten wie die Weltmeister europäische Autos und Maschinen kaufen, ist keineswegs sicher – schließlich können die Produkte meist günstiger aus China bezogen werden.
Wenn es dumm läuft, schießt sich die EU heftig ins Knie:
— Mercosur kann seine (oft gentechnisch erzeugten) Lebensmittel einfacher in die EU exportieren.
— Die europäische Landwirtschaft nimmt Schaden – zur Freude der Rechtspopulisten.
— Wenn der Warenfluss in die andere Richtung ausbleibt, wird es nichts mit dem erhofften Handelsbilanzüberschuss für die EU.
— Gerodete Urwälder konterkarieren die Bemühungen um Reduzierung des CO2-Gehalts der Atmosphäre. Naja, hat eh keine Priorität mehr …
— Geopolitisch ändert sich nix.
Helmut Höft
4. September 2025 @ 10:15
Letzte Hoffnung Mercosur “Hoffnung, Kutscher der Atmut” (Volksmund)
Ganz nebenbei 😉 : Ist das nicht wieder ein “Mehr von dem selben”? Mehr Handel, Global wie’s globaler nicht geht (der Mond ist ja leider verstockt, der nimmt nix ab).
Thomas Damrau hat das vortrefflich zusammengefasst: Der neoliberale Katechusmus! https://lostineu.eu/neues-vom-wirtschaftskrieg-277-trump-plant-energiedeal-mit-putin/ dort: 28. August 2025 @ 08:56
european
4. September 2025 @ 07:32
Die Bauernverbände schlagen Alarm und m.E. zu Recht. Das Mercosur-Abkommen verlangt von den südamerikanischen Staaten nicht die gleichen Umwelt- und Tierwohlstandards wie von den europäischen Bauern. Einen ähnlichen Effekt sah man bei ukrainischem Weizen, der mit Pflanzenschutzmitteln behandelt wird, die in der EU verboten sind. Und trotzdem wurde er zugelassen. Vor ein paar Tagen wurden in Frankreich nicht zugelassene Antibiotika in ukrainischen Eiern gefunden.
https://www.euractiv.de/section/agriculture-food/news/eu-mercosur-bauern-politiker-und-ngos-verschaerfen-widerstand/
https://www.euractiv.de/section/agriculture-food/news/paris-verlangt-eu-reaktion-auf-verbotene-antibiotika-in-eiern-aus-der-ukraine/
https://regionalupdate.de/2025/09/03/mercosur-abkommen-gefaehrdet-wettbewerbsfaehigkeit-der-europaeischen-landwirtschaft/
In der EU bekämpft man zu Recht Massentierhaltung um dann Fleischprodukte aus einer Massentierhaltung zu importieren, deren Größenordnung wir uns nicht einmal vorstellen können. Es soll „Schutzklauseln“ geben, von denen man aber wohl nicht weiß, wie diese aussehen sollen.
Kurzum, es klingt nach einer halbgaren Angelegenheit, die durch dieses Verfahrenssplitting durchgepeitscht werden soll. Durchgeführt von einer EUCO Präsidentin, deren Zweitname Intransparenz ist. Das stärkt nicht gerade das Vertrauen.