Kapitulation war erfolgreich (II)
Nach dem Referendum hat Griechenlands Premier Tsipras nun auch die Kapitulation erfolgreich eingefädelt. Aus dem Mann kann noch etwas werden, er hat das Zeug zum EU-Politiker!
Beim entscheidenden Votum gab es nur 32 Nein-Stimmen in seiner Syriza-Partei. Dabei so prominente Politiker wie Ex-Finanzinister Varoufakis und Parlamentspräsidentin Konstantopoulou.
Die Anhänger eines Regime Change hatten auf mehr als 40 Abweichler gehofft, um Tsipras stürzen zu können. Nun sitzt er fester im Sattel denn je und dürfte sein Kabinett umbilden.
Als schlechter Verlierer entpuppt sich unser geliebter Finanzminister Schäuble. Ihm geht die Kapitulation immer noch nicht weit genug, er fordert weiter den “befristeten” Grexit… – Mehr hier
Willi
16. Juli 2015 @ 19:32
Welche Vorschläge, die der drohenden Pleite Griechenlands angemessen sind, wären denn nach ebo die besseren gewesen? Klar, das nun Griechenland aufgedrückte Programm wird in GR keinen Aufschwung herbeiführen. Doch welche Vorschläge von Syriza und Varoufakis würden das bewirken? Wenn man Geld braucht, sollte man sich zunächst im Land nach Besteuerungsquellen umsehen: und dass auch Syriza eine gewaltige Kapitalflucht zugelassen hat, hat die griechische Situation verschärft: das Eigenkapital der Banken ist gefährlich knapp geworden. Steuerrückstände wurden auch nicht eingetrieben. Reeder bleiben unbesteuert. Freiberufler deklarieren nach wie vor Mini-Einkommen und wohnen in Villen. Man hätte, da in der Krise sich Yachten und BMW noch immer einigermaßen gut verkaufen, eine Luxussteuer einführen können. da braucht man nicht erst auf eine Aufforderung dazu aus Brüssel zu warten. Auch da wieder Fehlanzeige. Zweimal bekam GR Millionen aus EU-Kassen zur Erstellung eines Liegenschaftskatasters – versenkt im Faß ohne Boden. Finanzämter funktionieren nicht. in öffentlichen Verwaltungen und Krankenhäusern muss man weiterhin Schmiergeld zahlen um eine Behandlung zu bekommen die einem nach dem Gesetz zusteht. Zur Korruption gehören immer zwei.
Und würde man in allen EU-Ländern Volksabstimmungen durchführen, käme für GR sicherlich nicht noch mehr Geld zusammen. Gelder müssen aber in Investitionen fließen und nicht in Konsumausgaben. Sozialleistungen müssen erwirtschaftet werden, und zwar möglichst im Land.25% seines Lebensstandards hat GR aber von der EU in alle den Euro-Jahren finanziert bekommen. Was will ebo denn den Esten, Slowenen und Slowaken sagen? Auch auf die Kacke hauen? Auch eine Känguruh-Ökonomie: mit leerem Beutel große Sprünge machen?
Der Fehler ist und bleibt, dass GR im Euro blieben will und die EU-Kommission, allen voran die Süd-Schiene das auch noch unterstützt. Das geht dann aber nur mit einem Programm, das schon beim Untergang der DDR nicht funktionierte. die DDR-Leute wollte auch alle die D-Mark, die viel zu stark für ihre schwache Wirtschaft war. Lafontaine hatte das erkannt und plädierte für einen eigenen Währungsraum – damals gabs noch Linke mit wirtschaftlichem Sachverstand – aber er verlor die Wahl und die DDR verlor ihre Arbeitsplätze. Bei einer eigenen Währung wären etwa 40% der Industrie der DDR rettbar gewesen nach heutigen Studien. Allerdings wollte das DDR-Volk keine eigene Währung und bekam die D-Mark. “Ein Volk steht auf und geht zu Aldi”,. Heute steht GR auf um den Euro behalten zu dürfen, der sie doch erdrosselt und ihre Schulden nur immer weiter in die Höhe treibt. Den Euro gibt es aber nur zu Bedingungen , die GR schaden. Dazu fehlt GR aber die Einsicht: Dort ist man – wie auch viele auf diesen Seiten hier- der festen Meinung- nicht die Währungsunion hat GR geschadet , sondern Schäuble darf landauf landab als NAZI dargestellt werden denn er hat ja “5 Jahre Griechenland ausgesaugt” so schreit es von allen Plakaten in GR. Dass Ausländer (Versailles! Der Jude!) am eigenen Elend schuld sind, hat in D auch schon mal in den dreißiger Jahren einer erfolgreich den Leute eingehämmert- Ergebnis ist bekannt.
Es soll angeblich Schwarmintelligenz geben, es gibt aber offenbar auch Schwarm-Verblendung. Davon zeugt der nicht tot zu kriegende Wille, GR unbedingt den Euro aufzuzwingen.
ebo
17. Juli 2015 @ 08:41
@Willi Aufbau einer effizienten Steuerverwaltung, Schließung der Schlupflöcher, Kapitalkontrollen, Eintreibung der Steuern, Solidaritätszuschlag für Wohlhabende PLUS Schuldenschnitt und Umschuldung in der Form, dass in den nächsten Jahren keine Kreditraten mehr fällig wären – dabei Verzicht auf neues Austeritätsprogramm – also ungefähr das, was Varoufakis vorschwebte, leider hat er nicht mal das umgesetzt, was er selbst hätte machen können (Teil 1), was aber wohl am Dauerstress durch die Eurogruppe und am finanz. Waterboarding lag… diese Regierung hatte keinen Tag Ruhe, um sich zu finden und vernünftig arbeiten zu können, die Grexit-Drohung aus Berlin war ja schon im Januar unverhohlen ausgesprochen worden (und sieh geht auch jetzt weiter)
Alexander
17. Juli 2015 @ 09:09
Varoufakis hat ja in den vergangengen Tagen den Verlauf der Verhandlungen beschrieben, welche war wie folgt: Die Eurogruppe verlangte von Beginn an die Absegnung eines Gesamtpaketes, einzelne vorherige Maßnahmen der griechischen Regierung (Teil 1) wurden von der Eurogruppe als eklatanter Verstoss gegen das Memorandum erklärt. EIn Gesamtpaket kam erst letztes Wochenende zustande. Griechenland konnte und durfte unter der neuen Regierung nicht handeln – man liess sie sehenden Auges am ausgestrecktem Arm verhungern bzw. in die Falle laufen. Ausserdem ist es unmöglich eine effiziente Verwaltung aufzubauen, wenn man 1/3 der Staatsbediensteten entlassen musste und keine neuen Bamten mehr anstellen darf – die griechische Steuerbehörde hat laut Infos aus dem Netz nur 1000 Angestellte. Kafka pur.
Ute Plass
16. Juli 2015 @ 18:10
Pardon: nicht Andreas, sondern Andres Müller ist gemeint 🙂
Ute Plass
16. Juli 2015 @ 18:06
@Peter Nemschak – ” Macht wird stets allgegenwärtig sein.” Sie verwechseln etwas:
Macht und Politik sind eben nicht dasselbe. Politik, die wir (in einer echten Demokratie) alle zu gestalten haben, befindet auch über Machtverhältnisse, insbesondere über die Verteilung von ökonomischer Macht.
Und dass der Kapitalismus ‘zur Natur des Menschen’ passt ist ein Glaubenssatz von
Kapitalist_innen, die sich der ‘Natur des Menschen’ zwecks Ausbeutung bemächtigen.
Ergo: Der von Menschen konstruierte Kapitalismus kann auch wieder von Menschen dekonstruiert werden!
@Andreas Müller verweist sehr richtig auf soziale Dienstleistungen, auf die wir alle notwendig angewiesen sind, und die im kapitalistischen Wirtschaften keine Be-achtung finden, da sie sich ‘offiziell nicht rentieren’. Die unsichtbare, unbezahlte Sorgearbeit ist allerdings das Fundament jeglichen Wirtschaftens und was wir notwendig brauchen ist so etwas wie eine Care-Revolution, damit “nicht Profitmaximierung, sondern die Erfüllung menschlicher Lebensbedürfnisse wie Muße für sich und Zeit für Sorgearbeit, bei gleichzeitiger sozialer Absicherung, das Ziel gesellschaftlicher Transformationen ist.” http://www.feministisches-institut.de/carerevolution/
Andres Müller
16. Juli 2015 @ 14:42
Herr Nemschak, definitiv gibt es auf der Welt viele neue Dinge und Systeme, die sich noch nicht sehr lange bewähren konnten -obwohl bereits viele Menschen darauf setzen, zum Beispiel das Internet über dass ich Ihnen in diesem Blog aber antworten kann.
Was für Merkel oder Schäuble “Neuland” ist im Bereich der Ökonomie, muss auch nicht deshalb falsch sein.Automatisierung und Rationalisierung haben ein Niveau erreicht, in welchem sich die der Fortschritt der Technik auch als “Überbevölkerung” zeigt (wenn man auf klassischem Kapitalismus beharrt, denn bezahlte Arbeitsplätze werden dadurch Mangelware. Wenn man aber z.B. bestimmte soziale Dienstleistungen die bisher nicht im Kapitalismus rentierten staatlich unterstützt, können plötzlich wieder neue Arbeitsplätze entstehen. Plötzlich findet dann vielleicht eine Dame, die über 80 Jahre alt ist, eine Person die sich länger als 10 Minuten pro Tag um sie kümmern kann.
Andres Müller
16. Juli 2015 @ 11:47
@Nemschak “Varoufakis ist seinem Land und der EU ein glaubwürdiges Wirtschaftskonzept schuldig geblieben”
Gerade das stimmt überhaupt nicht, auf seinem Blog findet man viel Material über eine mögliche Zukunft gerechter verteilter Märkte. Zum Beispiel hier:
http://yanisvaroufakis.eu/2014/05/08/digital-economies-markets-money-and-democratic-politics-revisited/.
Peter Nemschak
16. Juli 2015 @ 12:00
Hat sich schon je in der Geschichte ein System, wie es Varoufakis vorschwebt, nachhaltig bewährt? Der Kapitalismus hat bisher alle Bedrohungen gestärkt überstanden. Offenbar passt er zur “Natur” des Menschen. Realistischerweise müssen wir die Menschen so nehmen wie sie sind. Macht wird stets allgegenwärtig sein.
Carlo
16. Juli 2015 @ 16:24
1. Weltkrieg, Weltwirtschaftskrise, 2. Weltkrieg, Vietnamkrieg…, Lehman-Pleite, Argentinienpleite, Griechenlandpleite, Hartz4 …, Umweltverschmutzung, Massentierhaltung … (bei Weitem nicht vollständig) passen also zur “Natur” des Menschen. Ich würde jedem, der so etwas behauptet, dringend empfehlen, die betroffenen Menschen zu befragen, wie sie darüber denken.
Von Nachhaltigkeit wird dabei wohl kaum die Rede sein. Ein System, welches ständig von Krise zu Krise schlittert und immer nur denen am meisten nützt, die in der Nähe des frischen Geldes sitzen.
Ute Plass
16. Juli 2015 @ 11:32
@Peter Nemschk: “Demokratischer Pragmatismus hat über gesellschaftspolitische Utopien einer lautstarken Minderheit gesiegt”.
“Demokratischer Pragmatismus” klingt nach Frau Merkels “marktkonformer Demokratie”
dem der Geruch des Untertanengeist anhaftet, der sich gerne von der vermeintlich
‘unsichtbaren Hand’ führen lässt.
Gesellschaftspolitische Utopien sind nötiger denn je und somit das Denken über bestehend schlechte Verhältnisse hinaus.
Z.B. wird in der u.a. Petition, die Schäubles Rücktritt fordert, von dem Unterzeichner Eric Manneschmidt ein Anliegen formuliert, welches für so einige Zeitgeister auch
utopisch klingen mag:
“Schäuble muss weg, aber abgesehen davon braucht es ein europäisches Bedingungsloses Grundeinkommen für alle EU-Einwohner – in Zentralbankgeld. Und das Recht auf ein (gebührenfreies) Zentralbankkonto oder ein treuhänderisch (von einer Geschäftsbank) geführtes Konto in einem gesetzlichen Zahlungsmittel (Vollgeld).”
https://www.change.org/p/wolfgang-schäuble-bundesregierung-treten-sie-zurück-sie-verspielen-die-zukunft-europas
André Tautenhahn
16. Juli 2015 @ 10:52
Interessant sind auch die Reaktionen in den deutschen Medien. Da wird der ehemalige Außenminister Griechenlands und MdEP Dimitris Droutsas (PASOK) befragt. Er behauptet dann auch, dass Tsipras nach der Abstimmung innenpolitisch schwer beschädigt sei und an Rückhalt in der Bevölkerung verlieren werde, wenn die harten Einschnitte spürbar würden.
Wieso hat die Pasok dann zugestimmt, könnte man fragen. Tut aber keiner.
Ein altes Problem der Sozialdemokraten. In Deutschland gab es das nämlich auch schon mal. Und zwar rettete die SPD bei der Abstimmung über das zweite Griechenland-Hilfs-Paket 2012 die Abstimmung für Merkel, die ihre schwarz-gelbe Kanzlermehrheit nicht zustande brachte. Hat sie innenpolitisch Schaden genommen?
http://www.ndr.de/info/sendungen/interviews/Interview,droutsas106.html
Peter Nemschak
16. Juli 2015 @ 10:07
Demokratischer Pragmatismus hat über gesellschaftspolitische Utopien einer lautstarken Minderheit gesiegt. Selbst wenn es früher oder später zu einer massiven Entschuldung Griechenlands kommt, etwas, das Varoufakis und Genossen zu recht gefordert haben, heißt das noch lange nicht, dass radikalsozialistische gesellschaftspolitische Vorstellungen dazu angetan sind, Investitionen im Privatsektor Griechenlands anzuregen. Wer kennt ein sozialistisch geprägtes Wirtschaftssystem auf der Welt, das allgemeinen Wohlstand hervorbringt? Venezuela ist ein abschreckendes Beispiel im 21.Jhdt.. Auf die realsozialistischen Erfahrungen des 20.Jhdts. braucht an dieser Stelle nicht eigens hingewiesen werden. Varoufakis ist seinem Land und der EU ein glaubwürdiges Wirtschaftskonzept schuldig geblieben. Durch seine spieltheoretischen Winkelzüge ist wertvolle Zeit vergeudet worden. Dass die ineffizienten griechischen öffentlichen Bediensteten und die Apotheker, welche ihre Privilegien in Gefahr sehen, gestern demonstriert haben, zeigt, dass die von der EU geforderten Reformen in die richtige Richtung weisen.
ebo
16. Juli 2015 @ 10:40
@Nemschak Sie sind wirklich witzig. An dem ganzen Verfahren ist nichts demokratisch, und pragmatisch ist es auch nicht. Aber gut, wir haben offenbar nicht dasselbe Demokratie-Verständnis…
Peter Nemschak
16. Juli 2015 @ 11:15
In Ihrem Demokratieverständnis hat das Phänomen Macht keinen Platz. Es ist aber unleugbare Realität in unserer Welt. Griechenland hatte die Wahl, den Forderungen seiner Gläubiger zu entsprechen oder die Insolvenz zu wählen. Hätte in Ihrem Demokratieverständnis die Sache zu einem anderen Ergebnis geführt?
Reinard
17. Juli 2015 @ 09:46
Das entscheidende Wort ist “Macht”. Moral fängt zwar auch mit M an, ist aber dagegen irrelevant. Insofern hat @Nemschak recht: gegen Macht anzutreten ist fast selbstmörderisch. Aber nötig schon…