Juncker schweigt zu Hofer & Folgen
Langsam wird die “politische EU-Kommission” zur Farce. Denn immer, wenn es politisch wird, duckt sie sich weg – wie jetzt nach der Zitterwahl in Österreich und dem Vormarsch der Rechten.
Kommissionschef Juncker hat zwar dem Wahlsieger Van der Bellen gratuliert, sogar als einer der ersten. Zum beängstigenden Erfolg von FPÖ-Mann Hofer will er sich am Tag danach aber nicht äußern.
Auch der Vormarsch der Rechten in Österreich und ganz EUropa ist Juncker keinen Kommentar wert. “Die Kommission ist bis 2019 gewählt, wir machen weiter”, so sein Sprecher.
Doch das ist nicht das Thema. Die Frage ist vielmehr, ob Juncker seinen Kurs ändern wird. Er könnte ja den Rechten den Kampf ansagen, zugleich aber stärker auf die Wünsche der Bürger eingehen.
Er könnte auch eingestehen, dass seine “europäische Lösung” in der Flüchtlingspolitik (mit Quoten und Hotspots) gescheitert ist oder sogar einen neuen, aufgeklärten Protektionismus ausrufen.
Stattdessen: Schweigen. Der Kommissionschef stellt sich nicht einmal mehr den Fragen der Journalisten. Politisch geht anders, transparent auch…
Hella-Maria Schier
25. Mai 2016 @ 04:32
Wenn man links vor allem als anti-nationalistisch versteht, ist die Entwicklung der Etablierten tatsächlich nach links gegangen. Schließlich hieß es mal “Europa der Vaterländer” – was heute nationalistisch klingt – und es wurde als positiv gesehen, dass man bei aller Kooperation die Charakteristika der einzelnen Mitgliedsländer bewahren wollte. Davon spricht heute niemand mehr, im Gegenteil scheint es nur noch politisch korrekt zu sein, alle Unterschiedlichkieten möglichst einzuebnen.
Und das eben entspricht – na sowas? – von wegen Ideale! – dem Bedürfnis der internationalen Finanzmärkte, der es vor allem um einheitliche Handelsräume geht. Für sie sind die verschiedenen Bedürfnisse, Gesetze und Gegebenheiten der Länder letztendlich Handelshindernisse.
Was vordergründig links aussieht ist also nicht unbedingt wirklich links, das gilt zur Zeit verstärkt, aber es wird nicht diskutiert. Es ist die ideologische Falle in die man läuft, wenn man links vorrangig als anti-nationalistisch definiert und immer weniger als anti-kapitalistisch.
Wem nützt das, ist die Frage, die man hier stellen muss. Na, wem wohl?
Wenn links vor allem anti-nationalistisch ist, trifft es sich mit den heutigen Bedürfnissen des globalisierten Marktes, der ebenfalls vom Nationalen weg will.
Da Nation noch lange nicht “nationalistisch” bedeutet, muss der Nationalstaat an sich als Bedrohung wahrgenommen werden, dabei helfen maßgeblich die Rechtspopulisten. .Und “international” ist dann gleich “gut”, das freut die internationalen Märkte..
Die Umgestaltung der Linken von seiner Bedrohung zu Gehilfen der Globalisierung scheint dem Machtapparat gut zu gelingen, jahrelanger CIA- und thinktank- Einsatz sei Dank. . Viele Linke durchschauen es nicht oder wurden gekauft, und die wenigen Argwöhnischen (wie Sahra Wagenknecht oder Lafontaine) werden als Gehilfen der AfD diffamiert. Gelingen kann das alles durch die Existenz der Rechtspopulisten, welche vermehrt Anlässe für die Angst vor rechts bieten werden, bis die Staaten der EU und den Finanzeliten in die offenen Arme flüchten. Um vor neuen Hitlern gerettet zu werden, die dann womöglich schlagartig verschwinden, sobald dies vollbracht ist….da sie ja nun ihre Funktion erfüllt haben. Zumindest die AfD scheint laut Programm zur gleichen Clique zu gehören.
Die neuen “starken Deutschen” in der Regierung erstreben als deutsches Machtgremium eher die EU als den Nationalstaat. Wen interessiert denn im Ernst so ein kleiner Nationalstaat….da kann man doch mächtigere Gefilde regieren und Kriege um Rohstoffe und Märkte führen mit “Deutschlands neuer Verantwortung”….
Skyjumper
24. Mai 2016 @ 15:18
” Auch der Vormarsch der RECHTEN in Österreich und ganz EUropa ist Juncker keinen Kommentar wert.” (Großschreibung von mir)
Unterstellen wir einfach mal dass die Begriffe “Links”, “Rechts”, “Mitte” hinsichtlich ihrer Positionierung verschiebbar sind. Was vor 60 Jahren noch radikal linkes Gedankengut war, teilweise durchaus strafbewehrt, war vor 10 Jahren “plötzlich” gängiges politisches Handeln im Bundestag. Getragen nicht etwa von den Linken oder den Grünen als Alleinstellungsmerkmal, sondern auch von CDU und CSU. Was vor 60 Jahren noch öde-langweiliges Gedankengut von Adenauer und Dehler war, ist heute radikal rechtes Gedankengut.
Gesellschaften wandeln sich erfreulicherweise. Sie entwickeln sich, mal in die eine, mal in die andere Richtung. Je nachdem wo sich der Konsens gerade befindet gibt es links und rechts davon vom Konsens abweichende Vorstellungen.
Setzt man dies als gegeben voraus, und betrachtet man sich die Entwicklung der letzten 4-5 Jahre in Europa, und fokussiert sich nun auf Österreich, dann sollte man vorsichtig damit sein wen man mit welchen Begriffen belegt. Eine Partei die im Alleingang 50 % der Bevölkerung auf ihren Repräsentanten vereinen kann, ist nicht mehr “rechts”. Sie ist schlicht Mitte.
Es wird sich vermutlich noch herausstellen dass der österreichische Bundespräsident es nicht leicht haben wird. Denn bisher sieht es so aus das Van der Bellen nicht gewählt wurde weil er Van der Bellen ist, sondern nur weil er nicht Hofer ist. Eine solche Basis wird sich als brüchig herausstellen. Nur gemeinsam “gegen etwas” zu sein ist eine Basis um gemeinsam für etwas zu sein. Übrigens ein Manko das auch viele populistische Parteien (und ihre Wähler) noch schmerzlich lernen werden.
ebo
24. Mai 2016 @ 15:29
In Österreich waren bis vor zwei Wochen SPÖ und ÖVP die Mitte, die FPÖ war rechts. Warum sollte sich das über Nacht ändern? Mir macht der Rechtsruck Sorgen – genau wie der Kurs der EU, die ihn provoziert
Skyjumper
24. Mai 2016 @ 15:52
@ ebo
Also bei allen Möglichkeiten des Auslegens; Die FPÖ treibt SPÖ und ÖVP doch nicht erst seit 2 Wochen vor sich her. Das begann bereits mit Haider, erfuhr eine Unterbrechung als dieser eine Splitterpartei abspaltete und verfestigt sich, seit Strache an der Spitze steht, wieder in einer stetigen Entwicklung.
Das jetzige Wahlergebnis bei der Präsidentenwahl ist doch nur die (vorläufige) Krönung dieser Entwicklung. Ähnliches können Sie beim FN in Frankreich sehen. Eine stetiges Entwicklung seit Marine le Pen den Vorsitz der FN übernommen hat. Die großen Wahlerfolge stehen noch aus, aber wenn es mal soweit ist, ist auch das keine Entwicklung von jetzt auf gleich gewesen.
Sorgen sollte einem der Rechtsruck allerdings trotzdem machen, da bin ich ganz bei Ihnen. Nicht weil mir die FPÖ (oder die deutsche AFD) Sorgen machen würde. Aber wenn die FPÖ (AFD) Mitte ist, wird sich rechts davon wieder etwas finden. Und da wird das Gedankengut dann schon sehr schnell braun und trübe.
kaush
24. Mai 2016 @ 14:03
Es ist doch gerade der Kampf der EUrokraten gegen die Bürger, der dafür sorgt, dass den ehemaligen Volksparteien die Wähler in Scharen davon laufen.
Und ausgerechnet Juncker (European Banker of the Year 2008), soll’s richten? Lux-Leaks Juncker?
Wer darauf hofft, der glaubt auch an den Weihnachtsmann.;)
Peter Nemschak
24. Mai 2016 @ 13:35
Es gibt keinen aufgeklärten Protektionismus. Die internationale Arbeitsteilung bringt Vorteile für alle beteiligten Länder. Warum soll Juncker plötzlich eine sozialistische Politik von vorgestern verfolgen? Der verwelkende Sozialismus, wie die NZZ unlängst schrieb, wird Europa nicht retten. Unzufriedene werden nur solange zum rechten Rand abwandern bis sich herausstellt, dass dieser außer Phrasen nichts anzubieten hat.
ebo
24. Mai 2016 @ 14:23
“Buy American”, kein Protektionismus? Darauf wollen die USA nicht verzichten, auch nicht mit TTIP.
Peter Nemschak
24. Mai 2016 @ 15:47
Buy European werden wir wohl auch aufkleben dürfen. Buy American hat in der Vergangenheit wenig Einfluss auf die Billigimporte aus Asien gehabt. Es zählt meistens der Preis oder man hat eine Marke (Lebensmittel aus heimischer=nationaler Produktion).
Skyjumper
24. Mai 2016 @ 14:55
Zugestanden: Vieles ist eine Frage der Begriffsdefinition. Aber wenn es heute überhaupt noch ein (angewandtes) sozialistisches Modell gibt, dann die EU. Und bisher stets stramm bemüht diesen weiter zu vertiefen.
Und dass die internationale Arbeitsteilung Vorteile für die beteiligten Länder bringen würde ist eine Behauptung die sich bestenfalls unter dem arg eingeschränkten Betrachtungswinkel der BIP-Entwicklung aufrecht erhalten lässt.
Grundsätzlich gesehen sehe ich es zwar auch so, dass erst die zunehmende Arbeitsteilung, im Sinne von Spezialisierung, unseren heutigen Wohlstand und unser Lebensniveau ermöglicht hat. Aber der Abbau des Protektionismus im multinationalen Miteinander schafft zwar gleichfalls Vorteile, aber diese Vorteile werden (verständlicher Weise) nur teilweise an die normale Bevölkerung weitergegeben. Ein Gutteil verbleibt legitimer Weise bei den multinationalen Konzernen und ihren Aktionären. Die genauso gegebenen Nachteile allerdings trägt die normale Bevölkerung zu 100 %.
ebo
24. Mai 2016 @ 15:27
Privatisierung, Liberalisierung, Flexibilisierung, Budgetkürzung, Entmachtung der Gewerkschaften: das ist die Politik dieser EU. Mit Sozialismus hat das nichts zu tun