Fatale Strategien um den IWF
Der Streit der Gläubiger um den IWF nimmt absurde Formen an. Nun schließt Eurogruppen-Chef Dijsselbloem neue Griechenland-Hilfen ohne IWF aus. Will er den Grexit erzwingen – oder Berlin umstimmen?
Bisher verfolgte vor allem Finanzminister Schäuble eine fatale Strategie: Er wollte den IWF im Euro-Rettungsboot halten, lehnte dessen Hauptforderung – einen Schuldenschnitt für Athen – aber ab.
Nun macht auch Dijsselbloem diese Milchrechnung auf. Sie kann nur auf zwei Dinge hinauslaufen: Entweder scheidet der IWF aus, dann ist auch das Griechenland-Programm beendet: Grexit!
Oder der IWF bleibt an Bord, dann muss Schäuble wohl oder übel Schuldenerleichterungen zustimmen. Diese sollen sehr weit gehen und keine Konditionen haben, heißt es in Washington.
Will Dijsselbloem das? Dann droht ein Aufstand in Berlin, bei CDU/CSU. Genau den soll Schäuble aber vermeiden, soll Kanzlerin Merkel ihrem Minister gesagt haben. Alles solle geräuschlos gehen.
So treiben sie alle ihr Spielchen mit dem IWF und Griechenland. Der Fonds wird dabei zum nützlichen Idioten degradiert. Und Griechenland muss die fatalen Strategien ausbaden, wie immer…
Peter Nemschak
25. Mai 2016 @ 08:08
Wieder einmal scheinen sich die Gläubiger, der IWF und Griechenland geeinigt zu haben. Ein substantieller Schuldennachlass ist offenbar erst nach den nächsten deutschen Wahlen zu erwarten. Er wird eine notwendige aber nicht hinreichende Bedingung für die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung Griechenlands sein. Sach- und Finanzmittelförderung werden auf Jahre selbst dann notwendig bleiben, wenn Griechenland die notwendigen Reformen durchzieht. Die wirtschaftliche Entwicklung eines Entwicklungslandes ist maßgeblich von der Entwicklung seiner Institutionen abhängig, die wiederum auf gesellschaftliches Verhalten wirken. Ob das bei Griechenland innerhalb des EURO möglich ist, muss skeptisch beurteilt werden, so ferne die Union nicht das Tor zur Transferunion (institutionalisierte Dauersubvention zu Lasten wirtschaftlich starker Länder) öffnet – ein Wunschtraum vor allem Frankreichs und des europäischen Südens. Warum sollte sie das tun, solange die Union ein Staatenbund souveräner Staaten ist? Immerhin ist der deutsche Finanzminister in erster Linie den deutschen Steuerzahlern verantwortlich und möchte, solange die hohen Forderungen Deutschlands gegenüber Griechenland bestehen, verständlicherweise Kontrolle über den griechischen Haushalt behalten. Bei der jetzigen Finanztranche wäre es interessant zu erfahren, wie viel davon Umschuldung und wie viel neues Geld ist, das die Forderungen der Gläubiger erhöht, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass die Forderungen des IWF prioritär gegenüber den EU-Gläubigern sind.
Peter Nemschak
24. Mai 2016 @ 15:55
Ein Grexit wäre das Beste. Alle haben sich zu lange in den Sack gelogen.
Claus
25. Mai 2016 @ 08:42
Der Grexit wäre in der Tat das Beste. Allerdings möchten das weder die USA, die sich kein Theater an der Südostflanke der NATO wünschen und zudem Wert darauf legen, die transeuropäischen Erdgas-Ströme nach ihren Vorstellungen per TAP abzuwickeln, noch die Finanzindustrie, solange der Steuerzahler für ihre uneinbringlichen Forderungen einsteht. Und nur das zählt, und dementprechend agiert auch der IWF. Und Frau Merkel und Herr Schäuble möchten auch nicht, dass das Wort „Schuldenschnitt“ aus der medialen Versenkung wieder auftaucht und Bürgschaften fällig gestellt werden.
Und wenn, dann frühestens im 2018, also nach der Bundestagswahl.