Israel plant Vertreibung – und die EU soll dabei helfen!
Wie erwartet, lehnt Israel eine humanitäre Waffenpause in Gaza ab. Wie befürchtet, plant die rechtsradikale Regierung Netanjahu die Vertreibung der Palästinenser. Neu ist, dass die EU in die Pläne eingeweiht wurde – und sogar helfen soll.
Dies geht aus mehreren Medien-Berichten aus Israel und Europa hervor. So berichtet die “Financial Times”, dass Netanjahu die EU bedrängt habe, damit diese Druck auf Ägypten ausübe. Sein Ziel: die Palästinenser aus dem Gazastreifen zu vertreiben (ähnlich France24 hier).
Tel Aviv habe sich rund um den EU-Gipfel letzte Woche vor allem an Länder wie Österreich und Tschechien gewandt, die in der Nahostpolitik als Hardliner gelten, so die “FT”. Frankreich, Deutschland und sogar das UK hätten den Vorstoß jedoch als unrealistisch zurückgewiesen.
Der israelische Geheimdienst scheint die umstrittenen Pläne jedoch weiter zu verfolgen. Nach Dokumenten, die auf Twitter / X kursieren, ist sogar geplant, dass Griechenland, Spanien und andere Mittelmeerländer Flüchtlinge aus Gaza aufnehmen sollen.
Neben Druck setzt die Regierung Netanjaha offenbar auch auf finanzielle Anreize. So soll Ägypten dafür finanziell “entschädigt” werden, dass es den Grenzübergang Rafah öffnet und die Gaza-Flüchtlinge auf der Sinai-Halbinsel aufnimmt.
Ethnische Säuberung?
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Der Plan würde auf eine “ethnische Säuberung” und eine Rekolonisierung von Gaza hinauslaufen, sagen Kritiker. Dass es sich nicht um Hirngespinste handelt, zeigt eine Pressemitteilung von US-Präsident Biden. Darin spricht er sich gegen eine Umsiedlung nach Ägypten aus.
Auffällig ist, dass die EU zu dem gesamten, ungeheuren Vorgang schweigt. Wieso kann Biden sich öffentlich gegen die Deportation von hunderttausenden Palästinensern aussprechen, aber weder EU-Chefin von der Leyen noch Kanzler Scholz sagen laut vernehmlich Nein?
Und was ist eigentlich mit den Kriegs-Flüchtlingen aus dem Nahen Osten, die so oder so nach EUropa kommen werden? Brüssel schweigt, Berlin auch. Scholz reist lieber mal schnell nach Afrika, um dort schön Wetter zu machen…
P. S. Netanjahus Vorgehen könnte man übrigens als Versuch bezeichnen, die EU zu spalten. Teilweise ist dies auch gelungen – man denke nur an das deutsche Herumgeeier...
Helmut Höft
1. November 2023 @ 10:28
Wie erwartet, lehnt Israel eine humanitäre Waffenpause in Gaza ab. Naja, das ist ja leider irgendwie ein “dual use-Problem”: Nahrungsmittelhilfen werden nicht nur von hungernden Zivilisten verzehrt …
Das ganze Dilemma auf einem Höhepunkt: Löst man die Problem nicht 1948 (erst einmal hinsetzen und ernsthaft reden und ernsthaft zuhören) muss man sie heute lösen. Es wird immer schwieriger, immer teurer … und dann das Völkerrecht, die UN, die Interessen der Mächte usw.
Thomas Damrau
1. November 2023 @ 08:28
Es stand schon immer zu befürchten, dass Netanjahu die Gelegenheit nutzen möchte, um das Palästinenser-Problem auf seine Weise zu lösen. (Der nächste logische Schritt wäre es dann, die Bewohner des West-Jordan-Lands nach Jordanien zu schicken.)
Dass Ägypten sich darauf nicht einlassen möchte, ist nachvollziehbar. Durch einen solchen Schritt würden sämtliche mit dem Gaza-Streifen verbundenen Probleme (einschließlich der Hamas) zu ägyptischen Problemen. Eine vom Sinai aus operierende Hamas würde im Extremfall Ägypten zum Ziel israelischer Gegenschläge machen.
KK
1. November 2023 @ 03:36
Auch auf die Gefahr hin, als Antisemit zu gelten, aber die Shoa ist kein Freibrief, sich dafür an einem anderen Volk, das zufälligerweise seit jahrhunderten dort lebte, wo es die Zionisten hingezogen hatte, in zumindest auch völkerrechtswidriger Weise und hart am Rande eines Genozids schadlos zu halten.
Nicht alle Israelis und schon gar nicht alle Juden auf dieser Welt ticken so wie die derzeitige israelische Regierung und die israelischen Hardliner, letztere seit Jahrzehnten.
Den friedliebenden in der Region sollte EUropa und all seine Politiker den Rücken stärken, den Staatsterroristen in der Knesse und der israelischen Armee aber ebenso selbstverständlich wie der Hamas zeigen, wo der Völkerrechtshammer hängt.
Helmut Höft
1. November 2023 @ 10:39
@KK
FACK Herr Kollege. Gegen die Politik der israelischen Politniki – speziell die Siedlungspolitik und generell dem “Pälestinenserproblem” (Hilfe! Was für ein Wortungetüm!) – zu argumentieren(!!) halte ich für eine Pflicht. “Die Shoa ist kein Freibrief” und das Völkerrecht auch nicht, wenigstens nicht in der reinen Sicht aus der westlichen Brille. Wenn dann ganz (für Alle) oder garnicht (für Niemand).
Monika
1. November 2023 @ 11:13
Wieso “hart am Rande des Genozids”? Wie muss denn ein “echter” Genozid aussehen? Es ist ein Genozid. Punkt.
Nochmal an dieser Stelle: Obwohl es in den vergangenen Monaten oppositionelle Demonstrationen ungeheuren Ausmaßes gegeben hat (rechnet man nur mal die Teilnehmenden auf die Gesamtbevölkerung hoch, und erahnt dann welche Dimension eine derartige Demonstration in Deutschland annehmen müsste….) gegen diese “durchregierende” ultranationale und ultrareligiöse Exekutive, fallen wir Deutsche diesen vielfältigen oppositionellen Gruppen israelischer Bürger mit unserer falsch verstandenen “Staatsräson” einer Regierung Nethanjahu gegenüber quasi mit dem Messer in den Rücken.
Und versuchen diese Sicht auch anderen europäischen Ländern via EU aufzuzwingen, die sich noch Ethische Grundsätze bewahrt haben und nicht, wie wir, in moralischer Selbstgefälligkeit zerfließen.
KK
1. November 2023 @ 14:25
“Hart am Rande des Genozids” habe ich gewählt, weil sie sich bislang mit ihren Bombardements “nur” den Gazastreifen vornehmen – wir brauchen noch Luft nach oben für den Moment, wo sie das dann auch so in der Westbank praktizieren werden! Dann ist es definitiv und unzweifelhaft ein Genozid!
Michael Finn
31. Oktober 2023 @ 17:57
Die Regierung Israels besteht u.a. aus Unterstützern terroristischer Vereinigungen, verurteilten Straftätern, Rassisten, korrupten und rechtsradikalen Politikern.
Und diese Regierung führt einen Krieg gegen die Palästinenser.
Das sie nicht (nur) die Hamas bekämpfen, sondern alle Palästinenser vertreiben wollen, sollte jetzt langsam jedem klar werden.
Aber anstatt den betroffenen Menschen zu helfen und die Gewalt zu beenden, diskutiert man in Deutschland lieber über Antisemitismus.
Karl
1. November 2023 @ 17:24
Gruppenbezogene Verfolgung mit dem Ziel der Auslöschung der Gruppe = Genozid
Judith Butler hat bei Democracy Now genau begründet, warum es sich um ein Genozid handelt. Auf deutsch übersetzt -> https://www.telepolis.de/features/Juedische-Wissenschaftlerin-Judith-Butler-verurteilt-Israels-Voelkermord-in-Gaza-9348476.html?seite=all
MarMo
31. Oktober 2023 @ 17:51
Es sagt alles über die EU, dass sie zu den Deportationsplänen der Israelis schweigt!
Cornelia Henke
31. Oktober 2023 @ 17:20
In meiner Familie wurde über den 2. Weltkrieg gesprochen. Die Schuld Deutschlands und die unaussprechlichen Massaker des 2. Weltkriegs waren Thema. Trotzdem hatte ich mit meinen Eltern und Verwandten Mitgefühl, die mir schilderten, wie sie als Kinder und Jugendliche das Flächen Bombardement in Dresden und Magdeburg mit erleben mussten, ebenfalls für meinen Vater der seine Jugend (ab 17 Jahre) in Sibirien verleben musste und für sein Leben gezeichnet und krank nach Hause kam. (Welche Wahl hatte er) Wir Deutsche stehen heute als Moralapostel in den Startlöchern und wollen der Welt erklären wie sie zu leben hat – andererseits zieren wir uns, den Genozid in Gaza zu benennen. Mord und Folter ist kein Privileg von einzelnen Völkern oder Gruppen. Schauen Sie in die Liste der Massaker dieses Planeten, da finden sie alle Moralisten versammelt: Oradour, My Lai, Sabra und Schatila, auch der Folter Skandal von Abu Ghuraib war keine „vertrauensbildende Maßnahme“. (denke ich).
Wenn wir weiter Krieg als Geschäftsmodel betrachten, werden wir die Quittung bekommen und zwar „Nachhaltig“, so wie auch die Rüstungsindustrie jetzt um das Prädikat Nachhaltig bemüht ist. Kann man Atombomben recyceln?
„Der Krieg bekommt mir wie eine Badekur.“ ―Paul von Hindenburg – und lenkt ab von extremen Problemen im eigenen Land …