Hollandes Seitenhieb
Der EU-Gipfel ist zu Ende, man hätte ihn sich auch sparen können. Der Austeritätskurs wurde rhetorisch zu einer “differenzierten wachstumsfreundlichen Konsolidierungspolitik” verbrämt, das war’s.
Kanzlerin Merkel ist stolz, dass sich nun endlich die “deutschen” Indikatoren zur Bewertung der Wirtschafts- und Finanzlage durchgesetzt haben. Lohnstückkosten, Produktivität, Wettbewerbsfähigkeit, die ganze Leier aus der Agenda 2010.
Frankreichs Hollande und Italiens Monti haben verloren – jedenfalls scheinbar. Monti lancierte zwar noch einen letzten verzweifelten Appell, den Sparkurs zu lockern, wie EUBusiness berichtet. Doch Merkel ließ sich nicht beirren.
Aber es gab auch eine andere Debatte, über die die deutsche Seite schweigt. Wie Hollande berichtete, wurde am Donnerstag Abend auch über Leistungsbilanzdefizite und -überschüsse gesprochen.
Defizitländer wie Frankreich müssten natürlich für eine Korrektur sorgen, so Hollande. Aber auch die Überschussländer seien gefordert – sie müssten die Binnennachfrage ankurbeln, um den Überschuss abzubauen.
Deutschland erwähnte Hollande nicht. Doch seine Zuhörer haben den Seitenhieb verstanden. – Mehr zum Thema hier
thewisemansfear
15. März 2013 @ 21:57
@Karsten: Das ifo Institut zaubert also nun eine Studie hervor, die die Ungleichgewichte im Außenhandel relativiert – und das soll einem nicht komisch vorkommen? Jetzt wo sich die ach so problematischen Target2 Salden in Wohlgefallen auflösen, zünden wir die nächste Nebelkerze?
Oh, der deutsche Überschuss fällt angeblich um 20% geringer aus, damit werden aus 6% dann knapp 5. Wow, das ändert alles……
Karsten Lucke
15. März 2013 @ 16:45
Dieses Argument von den Überschüssen und Defiziten im bilateralen Handel wird seit einger Zeit immer in der Debatte um die “Eurokrise” bemüht und das auch sicherlich zu Recht. Dennoch solten wir bei allen Debatten immer etwas genauer hinsehen, so wie das ifo Institut, das genau zu dieser Kritik Holandes etwas spannendes publiziert hat.
http://www.cesifo-group.de/ifoHome/presse/Pressemitteilungen/Pressemitteilungen-Archiv/2013/Q1/press_201303014-aussenhandel.html
ebo
15. März 2013 @ 16:52
@Karten Es geht einfach darum, die Ungleichgewichte im Auge zu behalten. Und dabei sind Überschüsse genauso ein Problem wie Defizite, denn das eine kann es ohne das andere nicht geben. Laut Grundgesetz sollte Deutschland ein volkswirtschaftliches Gleichgewicht anstreben, doch das verfehlt es mittlerweile schon systematisch. Die EU-Kommission hat ein Limit von drei Prozent für Defizite und – auf deutschen Druck – von sechs Prozent für Überschüsse gesetzt. Doch auch das wird von Deutschland noch verletzt. Wichtigster Handelspartner ist übrigens Frankreich…