Hiobsbotschaft aus Brüssel

Prompte Reaktion an den Märkten – Quelle: FT-Alphaville

Nun ist es also so weit: Die Ratingagentur Standard & Poor’s will ihr lang angedrohtes Urteil zur Eurozone abgeben. Nach Agenturmeldungen werden nur Frankreich und Österreich herabgestuft, Deutschland bleibt ungeschoren. Merkwürdig ist, dass sich die Agenturen (insbesondere Reuters) auf Angaben aus EU-Kreisen berufen. Hat Brüssel etwa einen besonderen Draht zu S&P, und wieso jagt man die schlechte Nachricht so schnell raus?

Alle haben diese merkwürdige Meldung: SPON, Le Monde, Der Standard aus Österreich. Und alle berufen sie sich nicht etwa auf die angebliche Quelle, nämlich S&P, sondern auf EU-Kreise bzw. EU-“Regierungskreise” (obwohl es gar keine EU-Regierung gibt, nur den Ministerrat als Vertretung der Regierungen in den 27 EU-Staaten).

Das ist erstaunlich, denn offiziell steht Brüssel ja auf Kriegsfuß mit den Ratingagenturen. Binnenmarktkommissar Barnier wollte die “großen drei” (neben S&P auch Fitch und Moody’s) im Herbst noch an die Leine legen  – und nun soll sich die EU zum Handlanger und Überbringer der Hiobsbotschaft aus Amerika machen? Das kommt mir spanisch vor, zumal die Information anynom, ohne Namensnennung, daherkommt.

Sollte die undichte Stelle tatsächlich in Brüssel sitzen, so würde dies viele Fragen aufwerfen. Zunächst natürlich: wer war es? Währungskommissar Rehn? Ratspräsident Van Rompuy? Kommissionschef Barroso? Diplomaten aus einem EU-Land (wegen der “Regierungskreise”)? Und dann: Warum sticht man es durch? Noch dazu vor Börsenschluß (was nach offizieller EU-Lesart nicht zulässig ist)? Um Frankreich bzw. Präsident Sarkozy zu schaden? Um Brüssel aufzuwerten? Um die Spannung rauszunehmen?

Letzteres ist gewiß nicht gelungen, im Gegenteil. Der Euro gibt nach, die Börse geht runter, und alle Analysten interessiert nur noch eine Frage: Wird Frankreich um eine oder zwei Stufen abgewertet? Eine Stufe wäre wohl nicht so schlimm, schließlich war dies seit wochen erwartet und “eingepreist” worden. Zwei Daumen runter hingegen könnten die gesamte Euro-“Rettung” durchkreuzen. Schließlich hängt am französischen Rating auch die Bonität des Rettungsschirms EFSF (siehe dazu die gute Übersicht im Guardian) – und daran die Hilfe für Griechenland, Irland, Portugal…

Letztlich ist das Rating Frankreichs daher auch ein Problem für Deutschland, wie ich bereits im Oktober geschrieben habe. Wie gut, dass sich Merkel und Sarkozy nächste Woche wieder einmal treffen! Dann können sie gleich auch das Problem Griechenland ansprechen, wo offenbar die Gespräche über eine Umschuldung zusammengebrochen sind, wie die FT meldet.

Schade, nach drei erfolgreichen Anleiheverkäufen in Italien und Spanien sah es einen Moment lang ganz gut aus für die Eurozone. Nun ist die Krise wieder voll da…

P.S. Siehe dazu auch meinen Kommentar “Provokation aus New York”



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