Griechenland ist abgebrannt

So sieht also der europäische “Ground Zero” aus

Athen brennt, die Börse jubelt: Das griechische Parlament hat das Spardiktat der Troika abgenickt. Was eine gute Nachricht für Anleger zu sein scheint, ist in Wahrheit ein Alarmsignal. Denn Griechenland ist trotz des scheinbar positiven Ausgangs im Parlament verloren – jetzt geht es nur noch um die Frage, wer den Preis für die nahende Pleite bezahlen soll. Und da kann es noch viele böse Überraschungen geben.

„Wir sind einen Atemzug vor Ground Zero“: Mit dieser dramatischen Warnung begründete Premier Papademos, ein nicht gewählter Ex-EZB-Zentralbanker, seine Zustimmung zum Spardikat der Troika, die auch von niemandem gewählt wurde. Papademos setzte sich durch, das Athener Parlament gab grünes Licht. Sein „Ground Zero“ hat Griechenland trotzdem – und es könnte ganz Europa erschüttern. 

Denn die „Rettung“ ist gescheitert, die Pleite nur noch eine Frage der Zeit. Der Grund liegt dafür allerdings weniger am mangelnden Sparwillen der Griechen. Nicht Griechenland ist ein „Faß ohne Boden“, wie FDP-Fraktionschef Brüderle behauptet, sondern der horrende Schuldendienst ist es, der die Milliardenkredite aus Europa auffrisst. Die Griechen sehen davon fast nichts, deutsche Banken umso mehr.

Mein Pessimismus hat aber ganz andere Gründe. Damit Athen gerettet werden kann, müssen mindestens drei Bedingungen erfüllt sein: 1. Ein schlüssiger Rettungsplan 2. Aktive Unterstützung in Griechenland 3. Aktive Unterstützung der „Retter“. Alle drei Voraussetzungen sind nicht mehr gegeben (wenn sie es denn je waren):

  1. Der Troika-Plan ist ein unausgegorener Kompromiss aus Spardiktat und neoliberaler Radikalreform, an den die Retter selbst nicht mehr glauben (Le Monde hat dazu einige Experten befragt). Er etabliert eine “Diktatur der Zahlmeister”, die alles andere als tragfähig ist.
  2. Die Regierung in Athen vertritt nur noch sich selbst, bei der Wahl im April dürfte sie vom Volkszorn weggefegt werden. Die Mehrheit der Griechen lehnt den Austeritätsplan als “deutsches Diktat” ab und würde der Unterwerfung sogar einen Bankrott vorziehen. 
  3. Die „Retter“ wollen auch nicht mehr, wie das Ultimatum der Finanzminister vom Donnerstag und die geradezu feindliche Reaktion in Deutschland zeigt. Kanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble haben Griechenland offenbar längst abgeschrieben; ihnen geht es nur noch darum, nicht den Schwarzen Peter zugeschoben zu bekommen, wie selbst der „Spiegel“ schreibt.

Es geht also nicht mehr um die Frage, ob die Pleite kommt – sondern nur noch darum, wann und zu welchen Konditionen. Wird es eine ungeordnete Pleite, oder eine “geordnete” mit “freiwilliger” Umschuldung? Bleibt Griechenland Mitglied der Eurozone, oder führt es eine neue Drachme ein? Müssen die Gläubiger auf ihr Geld verzichten, oder verliert Griechenland jede Kontrolle über sein Budget?

An all diesen Fragen wird hinter den Kulissen in Brüssel und Berlin fieberhaft gearbeitet. Sie stehen im Mittelpunkt der als “top secret” behandelten Verhandlungen über die Umschuldung mit den privaten Gläubigern. Eine zentrale Rolle spielt dabei der deutsche “Vorschlag” für ein Sperrkonto – denn es könnte, wie das Peterson Institute in einem lesenwerten Papier argumentiert, die Regierung in Athen endgültig “entwaffnen”.

Wenn sich Berlin durchsetzt, würde den Griechen der letzte “Trumpf” aus der Hand gezogen, so die Washingtoner Experten: die Drohung mit einem Zahlungsausfall und einem “Meltdown” der Eurozone. Das dürften auch Papademos & Co. wissen. Es ist also nicht ausgeschlossen, dass sie ihre Karten doch noch ausspielen, schließlich haben sie nicht mehr viel zu verlieren…

 

 

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