“Flüchtlingskrise wird gelöst – nur in welchem Jahr?”
Die Flüchtlingspolitik droht (wieder einmal) die EU zerreißen. Bei einem Treffen in Luxemburg konnten sich die Innenminister nicht auf neue Regeln einigen. Derweil fordert Italiens neuer Premier Conte eine “verbindliche” Umverteilung von Asylbewerbern.
Seine Regierung werde eine Überarbeitung der Dublin-Regeln verlangen, um eine “faire Verteilung der Verantwortlichkeiten” zu erreichen, sagte Conte. Das Thema Einwanderung sei die erste Nagelprobe für “unsere neue Form des Dialogs mit der EU”.
Dieser “Dialog” könnte allerdings schnell zum Streitgespräch werden. Denn schon ohne Italien können sich die EU-Innenminister nicht auf eine Reform des in der Flüchtlingskrise 2015 gescheiterten Dublin-Systems einigen.
Ein Kompromissvorschlag der bulgarischen EU-Ratspräsidentschaft stieß auf massive Vorbehalte. Osteuropäische Staaten lehnten eine vorgesehene Umverteilung von Flüchtlingen trotz höherer Hürden weiter ab.
Eine Einigung sei bis Ostern möglich – “ich weiß nur nicht, in welchem Jahr”, scherzte der Luxemburger Asselborn. Der deutsche Innenminister Seehofer war für derlei Witze leider nicht zu haben – er war gar nicht erst angereist.
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Es gebe heute “ein härteres politisches Klima”, sagte die schwedische Migrationsministerin Fritzon. Sie verwies auf die neue Regierung in Italien aus der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung und der fremdenfeindlichen Lega.
Allerdings hat sich auch die schwedische Haltung spürbar verhärtet. Aus dem einstigen Muster-Einwanderungsland ist mittlerweile eine krisengeschüttelte Festung geworden. Dasselbe gilt für Dänemark.
Der Norden schottet sich immer mehr ab, der Süden fordert ultimativ Solidarität, der Osten verweigert jede Zusammenarbeit – drei Jahre nach der deutschen Grenzöffnung steht auch Kanzlerin Merkel vor einem Scherbenhaufen.
Eigentlich wollte sie eine Lösung bis zum EU-Gipfel Ende Juni erzwingen. Mittlerweile spielt die BAMF-gebeutelte Kanzlerin auf Zeit – nun dürfte Österreich, das am 1. Juli den EU-Vorsitz übernimmt, das Problem erben.
Ausgerechnet Österreich…
Siehe auch “Die Flüchtlingskrise geht doch weiter”
Solveig Weise
6. Juni 2018 @ 12:37
In der Tat steht Merkel vor einem Scherbenhaufen.
Ihre Migrationspolitik hat das Klima in der EU de facto nachhaltig vergiftet. Die entscheidenden Stimmen, die zum Brexit geführt haben düften der infantilen Hilflosigkeit dieser Dame zu verdanken gewesen sein, die sich weigerte die Grenzen des Landes zu schützen. Die Entwicklung seit dem “Sommermärchen 2015” ist bekannt. Brexit, Polen, Dänemark, Tschechien, Slowakei, Österreich, Italien und letztes Wochenende Slowenien.
Die EU-Gegner gewinnen mehr und mehr an Gewicht. Auch Salvinis Geschrei von der “Überforderung Italiens” glauben nur noch sehr schlichte Gemüter. Die Menschen (seit 2014 über 700.000) sind zwar in Italien angekommen aber eben nicht dort geblieben (aktuell betreut Italien nach eigenen Aussagen 180.000 Migranten). Alleine Bayern versorgt mit knapp 240.000 Personen ein Drittel mehr. Wenn Länder im Stich gelassen wurden, dann heißen diese Schweden, Österreich, Schweiz und Deutschland (in dieser Reihenfolge).
Eine Verteilung in Europa wird nie kommen. Zum einen werden dies die Osteuropäer nicht zulassen, zum anderen wollen die Migranten dort auch nicht hin.
Wenn Europa sich nicht auf eine konsequente Sicherung seiner Außengrenzen einigen kann und dies auch exekutiert wird diese Entwicklung mehr und mehr zum Sargnagel einer weiteren Einigung.
Peter Nemschak
5. Juni 2018 @ 17:29
Was heißt gelöst? Die Lösung der Verteilungsfrage würde das Grundproblem, dass Europa auf Grund seines materiellen Wohlstandes enorme Anziehungskraft auf Migranten ausübt, nicht lösen. Eine effektivere Entwicklungshilfe als bisher in Kombination mit einer quantitativ und qualitativ beschränkten und konsequent durchgesetzten Einwanderungspolitik ist unabdingbar, um unsere Sozialstandards zu bewahren. Die nach Ende des Zweiten Weltkriegs entstandene Flüchtlingskonvention gehört neu interpretiert oder novelliert. Sie passt nicht auf das Phänomen globaler Flüchtlingsströme. Migranten und Flüchtlinge (wovor? Vor Krieg, Elend, Perspektivenlosigkeit, Klimawandel, versagenden Staaten…) sind praktisch in unserer vernetzten Welt der Dauerkrisen nicht mehr zu unterscheiden. Allein der Konflikt in Syrien dauert schon länger als der letzte Weltkrieg. Nüchterne Staatspolitik zur Bewahrung des gesellschaftlichen Friedens, ein Akt der sozialen Selbstverteidigung, ist angesagt. Wir dürfen uns humanitär nicht in den eigenen Sack lügen, eine Erkenntnis die mittlerweile auch Politikern der Mitte, wenn auch langsam, zu dämmern beginnt.
Otto H
6. Juni 2018 @ 08:38
Diesmal kann ich Ihnen fast zustimmen, Herr Nemschak.
Aber wo liegt das Augenmerk auf den Ursachen der Migrationsbewegungen ?
Das muss politisch, gegen die imperialen Interessen der USA, angegangen werden. Faire Handelsbedingungen und wirkliche Wirtschafthilfe fuer Afrika, statt postkoloniale Ausbeutung durch EU, USA, China.