Außenpolitik: “Trump stört, Orban blockiert”
Die Welt ist in Aufruhr. China bedrängt Hongkong, in den USA gibt es Massendemonstrationen und Unruhen, Israel will die Westbank annektieren. Doch von der EU hört man wenig. Woran liegt das?
Die EU sei nunmal kein Staat wie die USA oder Russland, alles muß durch die “europäischen Mühlen”, sagt Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn, den ich für die “taz” interviewt habe.
Doch in der Außenpolitik gilt das Prinzip der Einstimmigkeit. Ein einziger Staat kann alles blockieren – wie sich zuletzt in der Nahostpolitik gezeigt hat. Ungarn und Österreich wollten eine Stellungnahme zur Nahostpolitk nicht mittragen.
Es ging darum, Israel vor einer Annexion der Westbank zu warnen – und die Uno-Prinzipien für eine Friedenslösung zu bekräftigen: Eine Zweistaatenlösung in den Grenzen von 1967 mit Jerusalem als Hauptstadt der zwei Staaten Israel und Palästina.
“Die EU hat die Pflicht, das internationale Recht zu verteidigen”, sagt Asselborn, “das ist unser Kerngeschäft!” Doch mittlerweile sei sie selbst dazu nicht mehr in der Lage, wenn es um Israel geht.
Die Schuld daran gibt Asselborn vor allem Ungarns Regierungschefs Viktor Orban – und US-Präsident Donald Trump.
Orban habe den (jüdischen) US-Investor George Soros zu seinem Feind erklärt, verstehe sich jedoch bestens mit Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu – und blockiere EU-Statements zu Nahost. In der Tat eine sehr merkwürdige Politik.
Trump setze sich über das Völkerrecht hinweg und wirke störend auf die EU-Staaten ein, wenn es um den Nahen Osten gehe, kritisiert Asselborn. Deshalb komme die EU seit der Wahl Trumps 2016 nicht mehr auf einen gemeinsamen Nenner.
Und wie geht es nun weiter? Soll die EU Israel mit Sanktionen drohen, wenn es die Westbank annektiert? Nein, von Sanktionen möchte der Luxemburger nicht sprechen.
Stattdessen zieht er eine Parallele zu Russland und der Krim: “Eine Annexion ist ein Raub von Territorium, das einem anderen Land gehört. Ich sehe da im Prinzip überhaupt keinen Unterschied zwischen der Krim und dem Westjordanland.”
Gegen die Annexion der Krim hat die EU Sanktionen verhängt. Mehr wolle er dazu nicht sagen…
Das ganze Interview steht hier (taz) Siehe auch “Asselborn provoziert mit Krim-Vergleich”
Peter Nemschak
6. Juni 2020 @ 11:03
Mit oder ohne Trump würde auch eine EU, die in sich einig wäre, in Sachen Ukraine und Mittlerer Osten nicht an den Interessen der USA und Russlands vorbeikommen. Solange das Verhältnis der USA und Russlands von beiden Seiten als Null-Summenspiel, des einen Gewinn ist des anderen Verlust, verstanden wird, gibt es in beiden Konfliktzonen ein Patt. Die EU spielt dabei, wenn überhaupt, eine untergeordnete Rolle.
Alemannen
6. Juni 2020 @ 08:01
Die EU instrumentalisiert jetzt Flüchtlinge um Großbritannien zu erpressen:
https://sciencefiles.org/2020/06/05/menschenhandel-die-eu-kommission-verscherbelt-fluchtlinge/
Wieso Frankreich plötzlich nicht mehr in der Lage ist zu verhindern, dass Migranten von Frankreich aus in See stechen, das wird deutlich, wenn man das folgende Zitat, das aus dem Telegraph stammt, auf sich wirken lässt:
“European Union Governments will refuse to negotiate an agreement to take back illegal migrants crossing the Channel to Britain if the UK does not back down in the Brexit trade talks, diplomats in Brussels warned on Wednesday”.
Die EU droht damit, dass EU-Staaten ihrer Verpflichtung, illegale Migranten die von Frankreich oder Holland aus nach Großbritannien aufbrechen, zurückzunehmen, nicht mehr nachkommen, wenn das Vereinigte Königreich nicht das Verhandlungsangebot aus Brüssel, also zur Kolonie der EU ohne Stimmrecht zu werden, annimmt. Anders formuliert: Die EU setzt illegale Migranten als Instrument, als Erpressungsmittel ein, um die eigenen Ziele zu erreichen. Das kennt man auch von Terroristen, die Menschen als “human shield” einsetzen.
Peter Nemschak
6. Juni 2020 @ 19:16
Sie können der EU nicht vorwerfen ihre Interessen zu verfolgen. Das tut auch das UK bezüglich seiner Interessen. Die BREXIT-Verhandlungen sind für keinen der Beteiligten ein Vergnügen.
Peter Nemschak
5. Juni 2020 @ 17:27
Die EU ist sich über ihre gemeinsamen Machtinteressen nicht einig. In Libyen mangelt es ihr an militärischer Macht um die Versorgung der Kriegsparteien mit Waffen zu unterbinden. Das klingt nicht nach Weltmacht.