Asselborn provoziert mit Krim-Vergleich
Wie soll die EU auf die drohende Annexion der Westbank durch Israel reagieren? Luxemburgs Außenminister J. Asselborn fordert Sanktionen – und provoziert Deutschland mit einem Krim-Vergleich.
Er ist der dienstälteste Außenminister der EU – und hat sich schon mit vielen angelegt. Legendär sind seine Attacken auf den ungarischen Illiberalen Orban und den italienischen Nationalisten Salvini.
Doch nun geht Jean Asselborn noch eine Stufe weiter – und provoziert auch Deutschland und seinen Parteifreund Heiko Maas. Der SPD-Politiker hat bisher alles unternommen, um Sanktionen gegen Israel zu vermeiden.
Asselborn hingegen hat schon seit Wochen gefordert, die EU müsse sich auf die drohende Annexion der Westbank vorbereiten, die bekanntlich von den USA unterstützt wird. Nun naht der Moment der Wahrheit – und Asselborn teilt aus.
“Wenn man ein Territorium annektiert, das einem nicht gehört, dann ist das ein schwerwiegender Verstoß, eine Verletzung des internationalen Rechts”, sagte er. Das habe man in der EU auch so gesehen, als Russland 2014 die ukrainische Halbinsel Krim annektierte.
Er ziehe bewusst diesen Vergleich, betonte Asselborn im Gespräch mit dpa. “Wir müssen jetzt präventiv Stellung beziehen und Druck machen”, erklärte er. Es gehe darum, sich auf alle Fälle vorzubereiten.
Demgegenüber setzt Maas auf Geheim-Diplomatie und Beschwichtigung. Allenfalls in privaten Gesprächen mit der israelischen Regierung möchte der deutsche Außenminister das “Problem” ansprechen.
Sanktionen gegen Israel lehnt Deutschland strikt ab, das ist Staatsdoktrin. Allerdings war es auch Deutschland, das wegen der Krim harte Sanktionen gegen Russland durchsetzte – auch gegen Widerstände in der EU.
Asselborn hat deshalb Recht, wenn er auf den Präzedenzfall in der Krim hinweist. Die EU macht sich unglaubwürdig, wenn sie gegen Russland vorgeht, Israel hingegen verschont. Oder ist das die neue (alte) Politik des Westens, Arm in Arm mit US-Präsident Trump?
Siehe auch “Nahost-Politik: Hat die EU einen Plan (gegen Trump)?”
Peter Nemschak
15. Mai 2020 @ 13:20
Welches Interesse hat die EU an der Westbank im Vergleich zur Ukraine?
ebo
15. Mai 2020 @ 13:36
Interessante, offenbar geopolitisch motivierte Frage. Die EU hat jedenfalls schon sehr viel Geld in die Zwei-Staaten-Lösung in Nahost gesteckt, die nun per Annexion zerstört werden dürfte.
Peter Nemschak
15. Mai 2020 @ 17:37
…wobei niemand weiß, ob eine Zweistaatenlösung das Existenzrecht Israels auf Dauer garantiert hätte.
Holly01
15. Mai 2020 @ 16:38
@ Peter Nemschak:
Vielleicht ist das die Wahl zwischen zwischen “für Israel Krieg führen” und “Israel vor dem permanenten Angriffen der frustrierten Palästinenser schützen müssen”.
Ersteres wenn die USA noch weiter abbauen und jede Schutzfunktion verlieren (ist das schon so weit oder dauert das noch ein oder zwei Jahre?).
Zweiteres wenn Israel diesen genialen Kushner Plan umsetzt. Strategisch nachvollziehbar, aber inhaltlich eben ein Pyrrhussieg.
Merkel hat sich nur auf drei Inhalte festgelegt, wenn es um Außenpolitik geht.
1 – Die aktuelle Nachkriegsordnung in Europa ist heilig.
2 – Das Verhältnis zu den 200 Familien in den USA ist heilig.
3 – Der Bestand von Israel ist heilig.
Vermisst jemand die EU? Da gab es keine Garantie, nur “scheitert der Euro scheitert Europa”.
Also auf deutsch übersetzt: Ohne den Euro in der Funktion wie wir ihn wollen, machen wir auch bei Europa nicht mit.
Darum ist es vielleicht besser heute nach Israel zu schauen, weil sonst morgen deutsche Soldaten am Jordan Ufer Patrouille laufen ….
vlg
Peter Nemschak
15. Mai 2020 @ 17:34
Zahlreiche Mitgliedsstaaten machen derzeit auch ohne den EURO bei der EU mit. Man darf den EURO nicht mit der EU gleichsetzen. Die Hoffnung, dass Deutschland strukturelle Probleme im Süden Europas lösen will und kann, dürfte sich nicht erfüllen. Dieser Verantwortung müssen die betroffenen Länder selber gerecht werden.