Endloses Brexit-Endspiel, hoffnungslose Asylreform – und neue Pleite beim Impfstoff

Die Watchlist EUropa vom 14. Dezember 2020 –

Am Sonntag sollte Schluss sein, beide Seiten schienen zum „harten Brexit“ bereit. Doch nun wollen die EU und Großbritannien ihre Last-Minute-Gespräche über ein Handelsabkommen doch noch fortsetzen – diesmal ohne Zeitdruck und neue Frist.

Eine Begründung für die überraschende Verlängerung nannte Kommissionspräsidentin von der Leyen nicht. Hat Verhandlungsführer Barnier doch noch Fortschritte erzielt? Werden die Gespräche auf Wunsch der deutschen Ratspräsidentschaft fortgesetzt?

Kurz vor der Wende in Brüssel hatte sich Kanzlerin Merkel in Berlin für eine Verlängerung der Gespräche ausgesprochen. Jede Möglichkeit, noch zu einem Ergebnis zu kommen, sei hoch willkommen, sagte Merkel. Es gehe um faire Wettbewerbsbedingungen.

Großbritannien scheidet am 31. Dezember aus dem europäischen Binnenmarkt aus. Wenn bis dahin keine Einigung gefunden wird und es zu einem „No Deal“ kommt, drohen schwere Behinderungen im Handel, aber auch beim Verkehr. Das wollen beide Seiten verhindern.

Hinter den Kulissen gab es zuletzt sogar etwas Bewegung auf EU-Seite. Dies gilt vor allem für die heikle Frage des „Level Playing Field“, also der von Merkel angesprochenen fairen Wettbewerbsbedingungen.

Von der Leyen deutete an, dass man den Briten entgegenkommen könne und die Souveränität Großbritanniens achten werde.

Gemeint ist offenbar, dass London nicht jede Änderung der Wirtschafts-, Umwelt- und Sozialgesetzgebung in der EU nachvollziehen muß.

Im Rahmen einer „managed divergence“ könnten die Europäer vielmehr von Fall zu Fall entscheiden, ob sie Zölle auf britische Waren erheben, die nicht zu denselben Wettbewerbsbedingungen produziert wurden.

Mit „ein wenig Kreativität“ könne man beim „Level Playing field“ eine Lösung finden, sagte der irische Premier Martin. Einen Durchbruch habe es aber noch nicht gegeben, hieß es am Sonntag in Brüssel.

Wieso der nun plötzlich am Montag oder Dienstag möglich sein, ist völlig unklar. Ohne eine Deadline könnte sich das Endspiel noch endlos hinziehen. Merkel scheint es nicht zu stören – sie würde UK am liebsten im Binnenmarkt halten, forever.

Derweil platzte dem Chef des Handelsausschusses im Europaparlament, dem deutschen SPD-Politiker B. Lange, der Kragen. Die Verlängerung sei “verantwortungslos und bitter”, schrieb er auf Twitter.

Lange kritisierte “Geheimverhandlungen fernab jeglicher demokratischer Kontrolle”. Eine seriöse Ratifizierung durch das EU-Parlament werde immer unmöglicher…

Siehe auch “Muss es immer Freihandel sein?”

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Watchlist

Gibt es noch Bewegung bei der Asylreform – oder wird sie endgültig zum hoffnunglosen Fall? Das wollen die Innenminister am Montag in einer Videokonferenz klären. Der deutsche Ressortchef Seehofer hatte eigentlich einen Durchbruch bis Dezember versprochen. Doch nun ist nicht einmal klar, ob er selbst teilnehmen kann – Seehofer ist in vorsorglicher Corona-Quarantäne. Derweil darben die Asylbewerber auf Lesbos unter unmenschlichen Bedingungen

Was fehlt

Die nächste Pleite mit dem Impfstoff von Pfizer und Biontech. Nachdem UK vorgeprescht war, wird das Präparat nun auch in den USA ausgeliefert. Die EU hingegen muß weiter warten – weil die Arzneibehörde EMA langsam arbeitet. Und in Deutschland könnte auch noch weniger Impfstoff ankommen als erwartet, meldet der “Spiegel” – es gibt Lieferschwierigkeiten. Ausgerechnet die Heimat von Biontech hat das Nachsehen… Siehe auch “Don’t believe the hype”

Das Letzte

Nach der Türkei demütigt nun auch Iran die EU. Das Mullah-Regime ließ den Journalisten und Blogger Ruhollah Zam hinrichten – obwohl der in Frankreich Flüchtlingsstatus genoß. Nach scharfen Protesten aus Paris und Berlin wurden am Sonntag der französische und der deutsche Missionschef in Teheran ins Außenministerium einbestellt. Doch die EU wagt keinen Bruch – sie will das Atomabkommen mit Iran retten, zusammen mit ihrem neuen Liebling Jo Biden