Eine Hintertür für Apple (und Irland)
Beginnt nun der Steuerkrieg zwischen der EU und den USA? Die Entscheidung der EU-Kommission, von Apple bis zu 13. Mrd. Euro an nicht gezahlten Steuern nachzufordern, könnte ihn auslösen. Aber es gibt eine Hintertür.
Denn zum einen darf Irland selbst bestimmen, wie hoch die Nachforderung an Apple ausfällt. Die irische Regierung könnte die Rechnung also durchaus noch absenken, um den Konzern zu halten.
Zum anderen können laut EU-Kommission auch andere Staaten Steuern nachfordern – sogar die USA. Diese Forderungen würden dann von den 13 Mrd. abgezogen. Und der US-Fiskus käme zum Zuge.
Noch ist unklar, ob Dublin und Washington diese Hintertür nutzen. Es zeigt aber, dass eine Steuerprüfung à la Brüssel merkwürdige Konsequenzen haben kann.
Denn hier geht es um Staatsbeihilfen, nicht um Steuerrecht. Die EU nutzt das Wettbewerbsrecht, um den Steuerwettbewerb zu regulieren – ein merkwürdiger Ansatz, den übrigens auch die Amerikaner bemängeln…
Ein Europäer
1. September 2016 @ 14:59
Guten Tag Herr Nemsshak,m weil mit TTIP werden einheitliche Regeln für alle Teilnehmer geschaffen.
Skyjumper
1. September 2016 @ 16:30
Ich gebe ja zu die TTIP-Protokolle (soweit überhaupt einsehbar) nicht bis ins Kleingedruckte gelesen zu haben. Aber das was ich gelesen habe, und das was man in Nachrichten, Foren, Blogs etc. so mitbekommt lässt NICHT darauf schließen dass es mit TTIP zu einer Steuerharmonisierung kommen würde. Ich wäre auch, gelinde ausgedrückt, sehr überrascht wenn ausgerechnet das eines der Ziele wäre.
Also woher Sie Ihre diesbezüglichen Vermutungen nehmen würde mich interessieren.
Peter Nemschak
1. September 2016 @ 17:51
Steuerpolitik bleibt nach wie vor Sache der Nationalstaaten. Bei TTIP geht es um Interessen der USA und jener der EU. Da muss man sich die Vorschläge zur Vereinheitlichung genau ansehen, um als Europäer nicht übervorteilt zu werden.
Ein Europäer
1. September 2016 @ 01:10
Was hier die Frau Verstager und die EU-Kommission veranstalten ist ein Hexenjagd auf US-Konzerne. Wettbewerbsrecht und Steuerrecht sind zwei unterschiedliche Sachen die die Frau Verstager entweder nicht versteht, was ich nicht glaube, oder gezielt ignoriert, was ich glaube, um US-Firmen und einzelnen EU-Mitgliedstaaten eine Lektion zu erteilen.
Aus meiner Sicht die Fr. Verstager und die EU-Kommission überschreiten eigene Kompetenzen, verschieben die Pfosten hin und her im eigene Sinn und aberkennen die Entscheidung einer Souveräner Sttat wie hoch die Steuerbelastung für Firmen sein soll und ob es Steuervergünstigen geben soll.
Dies ist einer der Gründe, weshalb ich für TTIP bin.
Peter Nemschak
1. September 2016 @ 08:12
Warum sollte TTIP einen fairen Steuerwettbewerb (=ausschließlich über die Höhe der Steuersätze, die für alle Unternehmen gelten) innerhalb der EU garantieren? TTIP hat zweifellos andere Vor- und Nachteile.
Claus
31. August 2016 @ 09:52
Warum denn alles so kompliziert? Jahrelang einige Hundert Millionen im Land umgesetzt, nie etwas verdient oder permanent Verluste gemacht? Exorbitante Schein-Lizenzgebühren an irgendwelche dubiosen Off-Shore-Klitschen verschoben? Na, da hätten wir etwas: Feststellung der nationalen Finanzbehörden eines missbräuchlich gestalteten Geschäftsmodells, Steuerbescheid mit Ertragsschätzung nach Umsatz. So würde das jedem Unternehmer in D als Liebesbrief vom Finanzamt auf den Schreibtisch flattern, verhielte er sich wie IKEA, Apple, Starbucks oder Co. Dafür kann das Finanzamt auch gern 300 neue in der Unternehmensbewertung versierte Leute einstellen, deren „Rendite“ wäre sehr beeindruckend.
Dafür bräuchte man kein Brüssel, keine Wettbewerbskommissarin und erst recht kein Irland. Ist aber wohl zu einfach.
Peter Nemschak
31. August 2016 @ 14:08
Brüssel müsste dafür Sorge tragen, dass die Steuerberechnungsgrundlagen harmonisiert werden und nicht durch die Hintertür unfairer Steuerwettbewerb betrieben wird. Gewinne sollten dort besteuert werden, wo sie anfallen. Gegen transparenten Steuerwettbewerb über unterschiedliche Steuersätze ist nichts einzuwenden. Er ist ein wirksames Mittel, um Staaten zu einer effizienten Haushaltsführung anzuleiten und nicht ständig ihre Bürger zu schröpfen.
Skyjumper
30. August 2016 @ 17:34
Und wieder einmal eine massive Zweckentfremdung vorhandener Mittel (Wettbewerbsrecht) durch die EU-Kommission um die Mitgliedsstaaten im eigenen Sinne gefügig zu machen. Beliebt macht man sich damit nicht.
Schwerer noch wiegt der Verlust der Rechtssicherheit der durch diesen Entscheid billigend in Kauf genommen wird. Das Signal das man hier den europäischen, wie den ausländischen, Firmen sendet ist eindeutig. “Du kannst nie sicher sein ob das was du auf höchster Ebene vereinbart hast nicht doch noch RÜCKWIRKEND wieder einkassiert wird”. Rechtsstaatlichkeit sollte anders aussehen.
Ich begrüsse es durchaus sehr, wenn Firmen wie Apple & Co. die Steuerschlupflöcher geschlossen werden und auch diese Big Player steuerlich wie Hinz und Kunz behandelt werden. Die aktuelle Praxis ist eine Verhöhnung derjenigen Steuerzahler (Privatpersonen und Firmen) denen diese Vergünstigungen mangels Einfluß niemals zu gute kommen werden. Aber (sofern nicht gegen jeweils geltendes örtliches Steuerrecht verstossen wurde) darf sowas niemals rückwirkend geschehen wenn man nicht jegliches Vertrauen verspielen will.
Wer oder was schützt uns alle davor, dass sich irgendeine Kommission morgen hinstellt und mal eben beschließt dass wir alle für die Jahre x, y, und z 10 % Mehrwertsteuer nachzahlen müssen weil 19 % eigentlich viel zu wenig gewesen ist? Ein absurder Gedanke? Nichts anderes hat die Kommission da gemacht.
Peter Nemschak
30. August 2016 @ 16:00
Die EU versucht über den Umweg des Wettbewerbsrechts sich steuerrechtliche Kompetenzen anzueignen. Sie verletzt damit das Subsidiaritätsprinzip. Lesenswert die Reformideen des deutschen Sachverständigenrats zum Thema schleichende Kompetenzaneignung durch die EU. http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/reformideen-fuer-die-eu-nach-brexit-entscheidung-14405599.html
ebo
30. August 2016 @ 17:37
Dass die EU das Wettbewerbsrecht bemüht, ist in der Tat fragwürdig. Es führt dazu, dass die Staaten – und nicht die Unternehmen – für Steuerflucht und -betrug bestraft werden. Und die “Strafe” sieht so aus, dass sie die zu wenig gezahlten Steuern rückerstattet bekommen, wogegen sie sich dann auch noch sträuben! Irland könnte sich so reich rechnen, wird stattdessen aber wohl klagen. Am Ende könnte die Nachforderung in den USA landen – und in der EU gäbe es kein Stück mehr an Steuergerechtigkeit…
Peter Nemschak
30. August 2016 @ 17:52
Wenn Sie Steuergerechtigkeit wollen, müssen Sie die Nationalstaaten, nicht die EU mangels Kompetenz, davon überzeugen ihre Steuersysteme zu harmonisieren oder durch Vertragsänderung der EU diese Kompetenz übertragen.