Ein großer Rückschlag, ein großes Versprechen

Was bleibt von der EU-Politik der vergangenen Woche? Natürlich vor allem der Paukenschlag aus Ungarn und Polen, die ein Veto gegen das wichtigste Projekt des deutschen EU-Vorsitzes eingelegt haben. Das war ein großer, womöglich fataler Rückschlag. Aber es gab auch ein großes Versprechen.

Über das polnisch-ungarische Veto haben wir viel berichtet, z.B. hier und hier. Bemerkenswert ist immer noch, dass es ein “Nein” mit Ansage war – vor allem der ungarische Premier Orban hat aus seinen Absichten kein Hehl gemacht.

Daher stellen viele in Brüssel die Frage, wieso Kanzlerin Merkel und der deutsche EU-Vorsitz das nicht kommen sahen. Andere fordern Vergeltung – etwa indem Polen und Ungarn vom neuen Corona-Aufbaufonds ausgeschlossen werden.

Mithilfe der “verstärkten Zusammenarbeit” von willigen EU-Staaten wäre das theoretisch möglich, praktisch aber kaum zu realisieren. Denn der Corona-Fonds hängt am EU-Budget, beide werden über den sog. Eigenmittelbeschluß finanziert.

Ob man die Eigenmittel einfach für 25 EU-Staaten abtrennen kann, ist unklar. Leichter wäre es wohl, den Corona-Fonds außerhalb des EU-Budgets zu organisieren, z.B. nur für die Eurozone. Dann wären wir wieder beim “beliebten” Thema Eurobonds.

Ich bin gespannt, wie Merkel nun reagiert. Beim EU-Videogipfel am Donnerstag hat sie das Thema unter den Teppich gekehrt. Eine Lösung hat sie nicht einmal angedeutet, ein Happy End zeichnet sich nicht ab. Vielmehr steht derzeit (fast) alles auf dem Spiel.

Das gilt im Grunde auch für die Coronakrise. Immerhin scheint nun der erste Impfstoff zu kommen. Merkel und Kommissionschefin von der Leyen haben angekündigt, dass das Präparat von Pfizer/Biontech womöglich noch im Dezember zugelassen werden könnte.

Bisher hatte es immer geheißen, es wäre erst 2021 so weit, vermutlich im Frühjahr. Woher die plötzliche Eile – und die große Zuversicht? Lässt sich die EU doch auf einen Wettlauf mit den USA ein, auch wenn dies sündhaft teuer werden dürfte?

Verlässliche Informationen gibt es nicht, die EU-Kommission verweigert immer noch jede Transparenz. Klar ist nur eins: Merkel und von der Leyen haben riesige Erwartungen geweckt, daran werden sie sich nun messen lassen müssen…

Siehe auch meinen Artikel im “Cicero”: “Kein Happy End in Sicht”