Die Warnung der Bürgerbeauftragten an die “Pro-Europäer”
Die “Mitte hält” und die EU kann weitermachen wie bisher, heißt es im “pro-europäischen” Lager. Die Bürgerbeauftagte sieht das etwas anders. EUropa könne seine “Seele verlieren”, warnt sie.
In einer Rede in Maastricht beklagte die EU-Bürgerbeauftragte O’Reilly die Selbstzufriedenheit der EU-Eliten. Das “Narrativ”, dass “die Mitte hält” sei nach dieser Europawahl nicht mehr wirklich überzeugend.
Denn zum einen ist das “pro-europäische Zentrum” weiter geschrumpft:
If we take the centre to comprise the Social Democrats, the Christian Democrats/EPP and the Liberals, then the last 20 years has seen a drop in their combined percentage seat total of 20%. The two main groups alone received — roughly — 75% in 2004, the three combined 59 % in 2019, and in 2024, 56%.
O’Reilly auf Medium
Zum anderen hat die EU große Teile der Jugend verloren – und das, obwohl viele Jugendliche ab 16 Jahren zum ersten Mal wählen durften:
Another inconvenient truth of this election is that young people are no longer the mass bloc of liberal, progressive, climate crisis warriors of our sentimental imagination. Significant numbers abandoned the Greens, significant numbers supported far right candidates and notably in Germany and in France.
Last but not least laufen die “Pro-Europäer” nach Ansicht von O’Reilly Gefahr, ihre Seele zu verlieren. Denn je mehr sich die EU als geopolitische “Großmacht” versteht, desto rücksichtsloser agiert sie, vor allem an den Außengrenzen.
Doch die Warnung verhallt ungehört. Beim EU-Gipfel steht eine weitere Verschärfung der Migrationspolitik auf den Programm.
Und natürlich wollen die “Pro-Europäer” weitermachen wie bisher – schließlich haben sie ja (noch) eine knappe Mehrheit…
Siehe auch Willkommen im neuen, “pro-europäischen” Direktorium
P.S. Parlamentspräsidentin Metsola hat den Schuß offenbar auch nicht gehört. Bei der Europawahl hätten sich die Bürger für “Wettbewerbsfähigkeit, Sicherheit & Verteidigung und soziale Gerechtigkeit” entschieden, behauptet sie. Wo sie das wohl her hat? Vielleicht aus den Wahlprogrammen der drei “pro-europäischen” Parteien?
Helmut Höft
28. Juni 2024 @ 08:31
Mit den mahnenden Stimmen ist ein Kreuz: Sie singen die weniger klangvollen Lieder. Vergesst Assange, “bestes” warnendes Beispiel ist Jean Jaurès:
“Als einer der profiliertesten Verfechter des Reformsozialismus auf humanistisch-pazifistischer Grundlage setzte sich Jaurès am Vorabend des Ersten Weltkrieges leidenschaftlich für die Sache des Pazifismus und gegen den drohenden Krieg ein. Bei Friedensdemonstrationen und im Parlament trat er für eine politische Verständigung mit Deutschland ein.” https://de.wikipedia.org/wiki/Jean_Jaur%C3%A8s
Und wie ging’s weiter mit dem guten Jean? Peng!
Halt, es geht noch weiter: Sein Mörder wurde vom Krieg verschont – weil in U-Haft – und nach viereinhalb Jahren freigesprochen. Die Witwe Jaurès durfte dann doch noch für die Prozesskosten aufkommen …
Na, wenn das nicht ein eindrucksvolles Beispiel ist: Finger weg von Humanismus, Pazifismus, Solidarität, Sozialismus und all solchem widerlichen Zeugs!!
SCNR
Arthur Dent
27. Juni 2024 @ 23:22
…“eine beträchtliche Zahl hat rechtsextreme Kandidaten unterstützt, vor allem in Deutschland und Frankreich.“ – Dass ausgerechnet die Jugend nach einer „autoritären Erziehung“ (Politik) giert, scheint mir eine Fehlinterpretation der Statistik zu sein. Die Jugend mag zu einem Großteil „die Anderen“ gewählt haben.
„Parlamentspräsidentin Metsola hat den Schuß offenbar auch nicht gehört. Bei der Europawahl hätten sich die Bürger für “Wettbewerbsfähigkeit, Sicherheit & Verteidigung und soziale Gerechtigkeit” entschieden, behauptet sie.“ – die Quadratur des Kreises, eine in höchstem Grade populistische Äußerung. So etwa gleichzeitig wie Sparen, Investieren und Wachstum haben wollen.
Alles zusammen geht nicht. Und natürlich sind wir alle für den Weltfrieden. (wie Sandra Bullock in Miss Undercover)
exKK
27. Juni 2024 @ 23:25
„Parlamentspräsidentin Metsola hat den Schuß offenbar auch nicht gehört. Bei der Europawahl hätten sich die Bürger für “Wettbewerbsfähigkeit, Sicherheit & Verteidigung und soziale Gerechtigkeit” entschieden, behauptet sie.“
Und was werden sie bekommen?
Kaputtgesparte Infrastruktur in allen Bereichen, hohe Energiekosten, immer mehr Waffen bis zum Krieg, und natürlich immer noch mehr ungezügelten Neoliberalismus mit weiterer Umverteilung von unten nach oben!
Und last but not least: Machtgieriges und verantwortungsloses Spitzenpersonal!
Also alles wie gehabt!