Die Nato im “Nebel des Kriegs”
Die Nato rüstet die Ukraine weiter auf. Bei einem Treffen in Brüssel wurden neue Waffenlieferungen erwartet. Doch was wird damit bezweckt? Die Allianz bleibt Antworten schuldig – sie steckt im “Nebel des Krieges”.
Die Gegenoffensive der Ukraine hat begonnen – doch die EU weiß nicht, wohin sie führen wird. Sie hat nicht einmal klare Ziele oder Bedingungen formuliert, wie wir hier analysiert haben.
Und wie sieht es bei der Nato aus? Das ist immerhin das mächtigste Militärbündnis der Welt, dort sollte man es wissen – zumal viele ukrainische Bataillone von der Nato geschult und ausgerüstet wurden.
Doch beim Treffen der “Ukraine-Kontaktgruppe” in Brüssel bleibt Nato-Generalsekretär Stoltenberg Antworten schuldig.
“Was wir sehen, sind heftige Kämpfe”, so Stoltenberg. Es sei noch früh, aber man sehe, dass die Ukraine Gewinne mache und besetztes Land befreien könne. “Das liegt am Mut, an der Tapferkeit, an den Fähigkeiten der ukrainischen Soldaten”, sagte er.
Genauso gut hätte er nichts sagen können. Die Rolle der Nato bleibt ebenso im Vagen wie ihre Ziele. Stoltenberg schiebt alles auf die ukrainischen Soldaten – im Stellvertreterkrieg müssen sie den Kopf hinhalten.
Eine in Deutschland anerkannte Nato-Expertin, F. Gaub, weiß es sicher besser, oder? Bei “Maischberger” durfte sie sich verbal mit S. Wagenknecht duellieren. Doch auch von ihr kam nur heiße Luft.
Die Ukraine befinde sich im “Nebel des Krieges”, zitierte sie Clausewitz. Für einen Waffenstillstand oder gar Verhandlungen, wie sie Wagenknecht fordert, sei es noch viel zu früh.
Begründung: Es gebe eine innere “Konfliktuhr”, die darüber entscheide, wann beide Seiten “reif” für Verhandlungen sind. Doch noch sei die Zeit nicht gekommen.
Ist es fünf vor zwölf?
Leider konnte auch Gaub nicht sagen, ob diese “Uhr” auf fünf vor zwölf steht – oder ob es schon zu spät ist. Sicher war sie nur in einem Punkt: Die Nato muß weiter Waffen liefern, die Ukraine muß weiter kämpfen.
Wenn das der Beitrag der Nato-Kenner zum Krieg sein soll, dann gute Nacht. Zumindest sollte man doch erwarten, dass sie Kriegsziele und Szenarien für das Kriegsende entwickeln.
Doch davon ist nichts zu sehen – weder bei Gaub noch bei Stoltenberg. Wenn es sie geben sollte, müssen wir wohl in Washington nachfragen.
Dort weiß man immerhin noch, dass “Krieg die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln ist”. Das kommt übrigens auch von Clausewitz…
Mehr zum Krieg in der Ukraine hier
P.S. Es könnte natürlich auch sein, dass die Nato-Insider bewußt Nebelkerzen werfen. Aber darüber wollen wir lieber nicht nachdenken…
Arthur Dent
15. Juni 2023 @ 23:44
@KK
naja, meine Anmerkung war ein wenig ironisch gemeint – mir sagt Frau Gaub gar nichts, ich kenne von ihr kein einziges Statement. In Bezug auf die militärische Auseinandersetzung in der Ukraine stecken die ExpertInnen ebenso wie wir all im Nebel. Wir erhalten allenfalls die Informationen, die man uns geben will. Danach wird in Talk-Runden des ÖR fast im stile mittelalterlicher Scholastik diskutiert. Zu Beginn des Krieges hat Generalleutnant bereits gesagt, das Herr der BW stünde blank da – nun, heute ist sie noch blanker – Deutschland liefert zu Lasten der eigenen Verteidigungsfähigkeit militärisches Gerät – da werden alle Amtseide des Bundeskanzlers ebenso wie die seiner Minister gebrochen. Und irgendwann muss ja jemand die Bazookas, Doppelwummse, Zeitenwenden und Fördergelder bezahlen – da dürfen wir jetzt einmal raten, werden da wohl gemeint ist. Ich für mich persönlich kann da nicht erkennen, dass die Ausgaben (vor allem für die Rüstungsindustrie) in meinem Interesse liegt. Wen interessiert es, ob Deutschland unbedingt eine militärische Führungsrolle in Europa oder in der Welt bekleiden will? Mich jedenfalls nicht. Die paar Taler, die man sich im Laufe seines Arbeitslebens auf die hohe Kante gelegt hat, die sollen nun für nutzlose Wärmepumpen und Waffen ausgegeben werden, damit hirnrissige Politiker mit unseren Steuergeldern um sich werfen können, als gäbe es kein morgen – die haben wohl “einen Schaden in der Oberleitung”.
KK
15. Juni 2023 @ 16:43
@ Arthur Dent:
“Experten zeichnen sich durch umfangreiches Wissen in ihrem Fachgebiet aus….”
Im Falle Gaub dürfen wir nicht vergessen, dass ihre vermeintliche Expertise durch eine offenbar rassistische Grundhaltung gegenüber Russen beeinträchtigt ist, die sie ja vergangenes Jahr bei Lanz ziemlich unverblümt offenbart hatte.
Dass so eine “Expertin” überhaupt noch vom ÖRR eingeladen wird ist mE schon Skandal genug.
Arthur Dent
15. Juni 2023 @ 15:22
Experten zeichnen sich durch umfangreiches Wissen in ihrem Fachgebiet aus. Sie lösen Aufgaben und Herausforderungen zielorientiert, sachgerecht, methodengeleitet und selbstständig. Soweit jedenfalls die Theorie…
KK
15. Juni 2023 @ 14:52
@ ebo:
“Naja, viel gesagt hat die Expertin ja nicht.”
Für das Wenige ist sie Frau W. recht oft ins Wort gefallen; und gerade deshalb tats gleich doppelt weh: die hat für ihren Auftritt dort ganz sicher wieder eine vierstellige Summe Gebührengeld abgegriffen.
Ich würde mal Leute, die wirklich was von Krieg und Frieden verstehen und wissen, wovon sie reden, ohne dabei auf die eigenen Eheerfahrungen zurückgreifen zu müssen, in so einer Runde sehen wollen (wie zB Kujat, Vad oder am liebsten den auch OSZE-erfahrenen Eidgenossen Baud).
KK
15. Juni 2023 @ 13:49
Frau Gaub bei Maischberger zuzuhören hat mir tatsächlich körperliche Schmerzen bereitet… meine Bewunderung gilt Frau Wagenknecht, dass sie bei der nichtssagenden Phrasendrescherei so ruhig bleiben konnte.
ebo
15. Juni 2023 @ 14:12
Naja, viel gesagt hat die Expertin ja nicht. Aber ihr Vergleich des Krieges mit einem streitenden Ehepaar zeigte, wie weit es mit der Nato-Forschung her ist…
Hekla
15. Juni 2023 @ 13:39
Wenn schon im Friedensgutachten 2023 für die Fortsetzung der Waffenlieferungen plädiert wird – ein historisch wohl beispielloser Vorgang – wundert mich es nicht, dass die hauptamtlichen Militaristen lieber im Ungefähren bleiben, damit die Menschen bloss nicht wirklich anfangen, über Sinn, Unsinn oder auch Verantwortungslosigkeit der NATO-“Strategie” nachzudenken.
Beim Nebel, besonders beim Kriegsnebel sehe ich das Problem, dass der vor einem liegende Weg nicht so gut sichtbar ist. Ein solcher Weg könnte direkt in den Abgrund führen – zumal wenn jeglicher Rückweg ebenfalls in den Nebelschwaden verschwunden ist.
Ich bin seit Monaten jeden Tag aufs Neue erstaunt, wie mühelos, leichthändig und bereitwillig unsere Sicherheit – damit meine ich Deutschland und EU-Europa – in kleinen Portionen, aber jeden Tag ein Stück mehr hergeschenkt wird. Aus den Taten kann ich nur folgende Aussage ableiten: Unser bisher friedliches Europa, unser aller Leben ist keinen Pfifferling wert, bis die USA ihre strategischen Ziele in der Ukraine, auf Kosten der Ukraine erreicht haben. Und wir europäischen Bürger schweigen immer noch dazu und unterstützen mit unserem Schweigen weiter diesen sinnlosen Krieg und ermöglichen jede vorhersehbare und unvorhersehbare Eskalation.