Die nächsten Sanktionen, die nächsten Mitglieder – und Poker um Öl und Gas
Die Watchlist EUropa vom 08. März 2022 –
Die Ukraine und Russland reden wieder miteinander, am Donnerstag sollen sich sogar die Außenminister treffen – in der Türkei. Und was tut die EU für den Frieden? Erstmal nichts. Die Union, die einst auf Diplomatie setzte und ihre “soft power” rühmte, möchte nicht einmal einen Sonderbeauftragten benennen, um zwischen der Ukraine und Russland zu vermitteln.
Auf die Idee, ihren Wirtschaftskrieg zu stoppen und auf Deeskalation zu setzen, kommt sie auch nicht – im Gegenteil: Kommissionschefin von der Leyen hat schon die nächste Sanktionsrunde angekündigt.
“Der nächste Schritt ist, dass wir Schlupflöcher stopfen werden, um maximale Wirkung zu erzielen, Umgehungsmöglichkeiten zu beenden”, sagte sie im Deutschlandfunk.
Inzwischen hätten sich mehr als 40 Länder den Sanktionen gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin angeschlossen. “Er darf keinerlei Möglichkeit haben, den brutalen Krieg weiter zu finanzieren”, fügte von der Leyen hinzu.
Mit dem Friedensnobelpreisträger EU ist offenbar (so schnell) kein Frieden zu machen – denn er hält eisern zur Ukraine, und natürlich zu den USA. Sollen sich doch die andern die Zähne ausbeißen und mit Russland reden…
Putin bittet EU um Vermittlung – vergeblich
___STEADY_PAYWALL___
Wie hart die europäische Haltung ist, musste sogar Putin selbst erfahren. In einem Telefonat mit Ratspräsident Michel forderte der die EU auf, die Regierung in Kiew zur Einhaltung von Menschenrechten zu bewegen.
Die EU solle “einen echten Beitrag zur Rettung von Menschenleben leisten und (…) Kiew zur Einhaltung des humanitären Rechts bewegen”, forderte Putin. Die “ukrainischen Nationalisten” würden eine Waffenruhe durchkreuzen.
Doch Michel lehnte ab. Er habe Putin dazu aufgefordert, die Feindseligkeiten umgehend einzustellen und humanitäre Hilfe zu ermöglichen, hieß es. Zudem habe er betont, dass die Sicherheit von Atomanlagen gewährleistet werden müsse.
Michel macht der Ukraine neue Versprechen
Der Ukraine hingegen sicherte Michel weitere Unterstützung zu. “Die Solidarität, Freundschaft und beispiellose Hilfe der EU für die Ukraine sind ungebrochen”, schrieb er auf Twitter. Bald werde man auch über das Beitrittsgesuch reden.
Dabei pfeifen es die Spatzen von den Dächern in Brüssel, dass ein EU-Beitritt der Ukraine in weiter Ferne liegt. Michel und Borrell schüren Illusionen, statt sich endlich für eine Feuerpause und Frieden einzusetzen.
Dann dürfen sie sich allerdings auch nicht wundern, wenn sie hinterher, nach dem Krieg, nicht mehr ernst genommen werden. Die neue Friedensordnung für Europa werden andere besiegeln – vermutlich ohne die EU-Politiker…
Siehe auch “Wie die EU doch noch helfen könnte”
Watchlist
Wird nun auch noch die Öl- und Gasversorgung aus Russland gekappt? Diese Frage steht im Raum, wenn die EU-Kommission am Dienstag ein “Paket gegen Energieabhängigkeit” vorstellt. “Wir müssen uns aus der Abhängigkeit von Gas, Öl und Kohle aus Russland befreien”, sagte Kommissionschefin von der Leyen. Kurz danach widersprach ihr Kanzler Scholz – man werde noch lange auf Gas und Öl aus Russland angewiesen sein. Derweil droht Moskau mit einer Unterbrechung von Nord Stream 1, durch das Gas nach Deutschland strömt – als Vergeltung für die EU-Sanktionen… – Siehe auch “Wirtschaftskrieg: Jetzt kriegen es die Märkte mit der Angst zu tun“
Was fehlt
Die nächsten Beitrittsanträge. Die Ukraine, Moldau und Georgien hatten in der vergangenen Woche offizielle Anträge auf eine EU-Mitgliedschaft beim Rat eingereicht. Nun sollen sie an die EU-Kommission weitergeleitet werden – ein erster Schritt auf dem Weg zu offiziellen Beitrittsverhandlungen. Nach Angaben eines EU-Vertreters dauert eine solche Einschätzung in der Regel ein bis anderthalb Jahre. Das politische Signal wirkt aber schon jetzt: Die EU vergrößert ihre Einflusszone, und das mitten im Krieg…
Burkhart Braunbehrens
8. März 2022 @ 12:15
Ich halte die EU Politiker auch für unfähig, ein gutes europäisches Konzept für Europa zu entwickeln, und vor allem den alten Kolonialismus endlich abzulegen. Und sie sind auch Mitschuld an dem Desaster, dass wir so wehrlos dastehen gegen die Aktionen Putins zur Wiederherstellung des alten russischen Kolonialreiches. Aber weil sie so schwach sind, haben sie auch kein Potential für Friedenspolitik, die Putin seine Grenzen zeigt und das durchsetzt. Das haben sie schon früher versäumt.
european
8. März 2022 @ 09:20
Sowohl Michel als auch von der Leyen waren in ihren Heimatländern Belgien und Deutschland Politiker auf dem absteigenden Ast und gescheitert. Bei Oettinger war das auch schon so und ich bin sicher, dass es noch viele andere dieser Biografien unter den Brüsseler Politikern gibt.
Diesen Krieg werden wir nur durch ehrliche Aufarbeitung dahingehend bekommen, dass wir anerkennen, wie wir überhaupt dahin gekommen sind.
Dafür fehlt uns das qualifizierte Personal mit politischem Weitblick, Sachverstand und diplomatischem Geschick. Es rächt sich immer wieder, dass wir abgeschriebene Politiker nach Brüssel entsorgen, wo sie dann noch größeren Schaden anrichten können.