Der Abstieg der EVP, Putins rote Linien – und harte Kante gegen China

Die Watchlist EUropa vom 07. Dezember 2021 –

Es ist still geworden um die Europäische Volkspartei. Früher galt sie als „die“ Europapartei, an der in Brüssel niemand vorbeikam. Nun muß sie schon zufrieden sein, wenn sie nicht in der Versenkung verschwindet. Denn mit dem Sturz von Österreichs Kanzler Kurz und dem Abschied von Bundeskanzlerin Merkel fällt die EVP in die zweite Liga zurück.

Der Mittwoch dürfte als Schwarzer Tag in die Parteigeschichte eingehen. Der Machtwechsel in Berlin markiert das Ende einer Ära.

Noch vor wenigen Jahren führten EVP-Politiker wie Merkel, Sarkozy oder Berlusconi die drei größten EU-Länder und die wichtigsten EU-Institutionen.

Nur noch kleine EU-Staaten

Nun bleiben nur noch Ursula von der Leyen in der EU-Kommission und Manfred Weber im Europaparlament. Im Rat, der Vertretung der Mitgliedsländer, führt die EVP nur noch kleine EU-Staaten.

Das größte Mitglied ist künftig Griechenland, wahrlich keine Großmacht in der EU. Insgesamt werden nur noch neun von 27 Mitgliedsstaaten von einem EVP-Politiker geführt.

Für Ratspräsident Charles Michel, der die EU-Gipfel leitet, dürfte dies kein Problem sein – er ist Liberaler. Doch um die CDU-Politikerin von der Leyen könnte es einsam werden.

Sozialdemokraten stellen sich quer

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Auch CSU-Mann Weber muß sich Sorgen machen. Der Abgang Merkels ändert zwar nichts an der Sitzverteilung im Europaparlament. Die EVP stellt mit 178 Parlamentariern weiter die meisten Abgeordneten.

Doch die Sozialdemokraten fühlen sich nicht mehr an die Absprache gebunden, wonach die EVP ab 2022 den Parlamentspräsidenten stellen soll.

In der S&D-Fraktion spielt man sogar mit dem Gedanken, den Amtsinhaber David Sassoli erneut aufzustellen. „Hier macht niemand niemandem ein Geschenk“, stellte die Fraktionsvorsitzende Iratxe García klar.

Die CDU hat die Hegemonie verloren

Hinter den Kulissen des EU-Parlaments tobt ein Machtkampf, bei dem es auch um die Verteilung der Vizepräsidenten und anderer Posten geht. Die EVP ist dabei nicht so gut aufgestellt wie gewohnt.

Doch das ist nicht die einzige Problem, mit dem die Konservativen kämpfen müssen. Sie wirken auch politisch orientierungslos. Jahrelang richtete sich die EVP nach den Wünschen Merkels und der deutschen Christdemokraten aus.

Doch schon im Streit um die ungarische Fidesz-Partei verloren Merkel und ihre Partei die Hegemonie. Nun kommt auch noch unerwünschte Konkurrenz von ganz rechts hinzu.

Konkurrenz von ganz rechts

Am Wochenende haben Rechtspopulisten und Nationalisten aus Ungarn, Polen, Frankreich und Ungarn den Schulterschluss geprobt. Beim „Warschauer Gipfel“ riefen sie zur Bildung eines gemeinsamen konservativen Blocks in der EU auf.

In der Vergangenheit sind ähnliche Appelle zwar ohne Folgen geblieben.Doch die EVP ist nicht mehr die einzige Parteienfamilie, die sich auf konservative Werte wie Heimat und Nation beruft.

Sie wird sich wohl neu aufstellen müssen…

Mehr zur Krise der EVP hier

Watchlist

Können US-Präsident Biden und Kremlchef Putin den Ukraine-Konflikt entschärfen? Am Dienstag ist ein Videogipfel geplant, die Initiative ging von Putin aus. Russlands Staatschef hat im Vorfeld „rote Linien“ gezogen, genau wie Biden vor dem letzten, „physischen“ Gipfel in Genf. So möchte er erreichen, dass die Ukraine nicht in die Nato aufgenommen wird – und dass die USA keine Waffen aufstellen, die die russische Verteidigung aushebeln würden. Ein legitimes Anliegen – wenn man den Weltfrieden sichern will. Wenn man sich dagegen auf die Ukraine kapriziert…

Was fehlt

Neue China-Sanktionen. Die EU hat ihre Sanktionen gegen China wegen der vermuteten Unterdrückung der muslimischen Minderheit der Uiguren in der Region Xinjiang um ein Jahr verlängert. Die EU bekenne sich dazu, „Menschenrechtsverletzungen überall dort anzuprangern, wo sie vorkommen“, erklärte der Rat, also die Vertretung der 27 Mitgliedsländer. Wenn nicht alles täuscht, dürften diese Sanktionen erst der Anfang sein. Auch die EU-Kommission steuert volle Kraft voraus gegen China, im Schulterschluss mit den USA. Mehr dazu hier